Viele Leute sind nicht bereit, für ein Meerschweinchen aus artgerechter Zucht 50 bis 70 Franken zu bezahlen – in diesem Preis inbegriffen ist üblicherweise bereits die Kastration des Männchens. Viel lieber schaffen sich die künftigen Meerschweinchenhalter unkastrierte Böcke an – die kosten nämlich wenig oder nichts. Die Inserateseiten im Internet sind voll von solchen unseriösen Angeboten.

Doch oft kommen die Probleme und vor allem die Kosten erst später. Unkastrierte Meerschweinchenböcke lassen sich meist nicht problemlos in Gruppen halten, wie das oft behauptet wird. Immer wieder gibt es kleinere oder grössere Streitereien. Sehr oft verkrachen sich die Tiere derart, dass es blutige Wunden gibt, die tierärztlich versorgt werden müssen, oder gar Abszesse, die langwierige Behandlungen zur Folge haben. Meistens muss man die Böcke irgendwann trennen.

Einzeln setzen darf man die Streithähne nicht – Einzelhaltung ist nicht nur nicht artgerecht, sie ist nach gültigem Tierschutzgesetz auch verboten. Also muss man die Böcke dann doch kastrieren lassen. Bei ausgewachsenen Tieren ist die Operation aufwendiger (es braucht grössere Schnitte, weil die Hoden schon gross sind und auch viel Fettgewebe enthalten), die Narkose ist ebenfalls heikler und die Gefahr von Eiterbildung grösser. Einen alten Bock kastrieren zu lassen ist zudem risikant – die Narkose wird nicht mehr so gut vertragen. Viel einfacher wäre doch, der Bock wäre schon als Jungtier kastriert worden, dann könnte man ihn mit einem etwa gleichaltrigen Weibchen vergesellschaften, mit einem anderen Kastraten, oder für ihn ein Zuhause in einer bestehenden Gruppe suchen.

Der seriöse Züchter berät nicht nur beim Kauf, sondern auch bei späteren Fragen
Und erst die Kosten: Während man einen Jungkastraten beim Züchter für 50 bis 70 Franken hätte kaufen können, kostet nun die Operation von einem einzelnen oder allenfalls zwei Böcken je zwischen 80 und 120 Franken.

Natürlich kommt es tatsächlich ab und zu vor, dass sich unkastrierte Männchen ein Leben lang ohne grössere Probleme vertragen. Was passiert dann aber, wenn die Gruppe nach und nach wegstirbt, und am Schluss nur noch einer übrig bleibt? Einen unkastrierten Bock kann man nicht mit anderen vergesellschaften, und auch mit Weibchen wäre das keine gute Idee, da es dann alle zehn Wochen Junge gäbe. Als einzige funktionierende Gesellschaft kommt ein Baby-Kastrat in Frage. Ob es der aber lustig findet, mit einem alten Opa zu leben? Und ob die Halter auch wirklich bereit sind, nochmals sechs bis acht Jahre zu den Meerschweinchen zu schauen?

Hinzu kommt, dass man beim Kauf von Meerschweinchen beim Züchter meist ausführlich beraten wird, während dies bei Meerschweinchen aus einer Kinderzimmer- oder Hinterhofvermehrung nicht der Fall ist. Beim Züchter erhält man kompetente Auskunft nicht nur zur Gruppenzusammensetzung, zur Unterbringung oder zur Ernährung der Meerschweinchen, dort kann man auch später nachfragen, wenn es ein Problem gibt.

Wer eine soziale Ader hat und gern einem  vernachlässigten Meerschweinchen ein Zuhause bieten möchte, wendet sich am besten an eine der Meerschweinchenstationen. Diese nehmen überzählige oder nicht mehr gewollte Tiere auf, lassen die Männchen kastrieren, pflegen kranke Tiere gesund und suchen für sie artgerechte Plätze bei Tierfreunden. Auch bei ihnen erhält man ausführliche Beratung auch nach der Übernahme.

Merkmale der seriösen Zucht
Folgende Punkte geben einen Hinweis auf die Seriosität der Zucht oder Auffangstation:
• Böcke werden nur kastriert abgegeben
• Name und Wohnort sind vermerkt
• Es gibt eine Homepage mit Informationen und Bildern, die zeigen, wie die Tiere dort gehalten werden