Priska Küng erhielt ihr erstes Meerschweinchen, als sie zwei Jahre alt war. Seither hält und züchtet sie diese Kleinnager fast kontinuierlich und beschäftigt sich eingehend mit allen Fragen rund um diese Kleinnager. 2005 gründete die 48 Jahre alte Primarlehrerin die Interessengemeinschaft Meerschweinchen, die zu Kleintiere Schweiz gehört. Sie ist Anlaufstelle für alle Fragen rund um Meerschweinchen. 

Frau Küng, was fasziniert Sie an Meerschweinchen?
Insbesondere die Gruppendynamik und das Sozialverhalten. Es gibt nur wenige Tiere, bei denen man Freude an einer ganzen Gruppe haben kann. Sie kommunizieren miteinander. Die Fellfarben und -frisuren begeistern mich. 

Welche Voraussetzungen muss jemand erfüllen, der Meerschweinchen halten will?
Man darf vor allem nicht pingelig sein wegen dem Dreck. Meerschweinchen brauchen jeden Tag des Jahres Pflege. Man sollte zudem keine Allergie gegen Tierhaare und gute Augen haben. 

Gute Augen?
Um das Geschlecht der Meerschweinchen zu bestimmen. Man muss genau hinschauen, um das zu erkennen – und es ist besonders für alle wichtig, die züchten, damit es keine ungewollten Nachzuchten gibt. 

Welche Unterschiede gibt es zwischen dem Wildmeerschweinchen und dem Hausmeerschweinchen?
Das Wildmeerschweinchen ist schlanker, langbeiniger und braun. Wildmeerschweinchen unterscheiden sich auch im Verhalten vom domestizierten Meerschweinchen. Die Kleinnager werden seit etwa 2000 Jahren vom Menschen gehalten und gezüchtet, zuerst von den Ureinwohnern Südamerikas und nach der Entdeckung Amerikas auch von Europäern. 

Sie züchten auch Rassemeerschweinchen. Was ist der Unterschied?
Die Rassemeerschweinchen haben einen gedrungeneren Körperbau, einen runderen Kopf und Hängeohren. Die sogenannten Feld-, Wald- und Wiesen-Meerschweinchen dagegen haben einen mäuseartigen Kopf mit spitzen Ohren. Natürlich sind bei den Rassen Fellfarbe und -struktur in einem Standard festgehalten. 

Warum sollte jemand Rassemeerschweinchen züchten?
Für einen Liebhaber spielt es keine Rolle, ob er ein Rassetier oder einen Mischling hat. Wenn man aber Freude an Ausstellungen hat, einen Anreiz in der Farbzucht sieht oder vom Ästhetischen geleitet ist, dann ist man bei der Rassenzucht richtig. 

Mit welcher Rasse steigt man am besten in die systematische Meerschweinchen-Zucht ein? 
Mit Glatthaarmeerschweinchen hat man weniger Schwierigkeiten. Typ und Bau stehen im Vordergrund, nebst der Farbgebung. Bei den Rosettenmeerschweinchen kommt zusätzlich die Haarstruktur zum Tragen.

Was ist wichtig bei der Aussenhaltung von Meerschweinchen? 
Kalte und trockene Bedingungen sind für die Meerschweinchen kein Problem. Ganz schlecht ist Feuchtigkeit. Ein Stall sollte darum nicht komplett abgeschlossen werden. Ich hänge Tücher vor die Ställe, sodass ein Luftaustausch stattfindet. Wichtig ist auch ein kleineres Häuschen im Stall. Der Trupp kann sich dort hinein zurückziehen und sich gegenseitig wärmen. Darum ist es auch ideal, wenn man drei bis fünf Tiere zusammen hält.

Was muss man erfüllen, um Meerschweinchen zu halten, wenn man keinen Garten zur Verfügung hat?
Ideal für drei Tiere ist ein Gehege von 1,5 × 0,80 Meter. Sieben bis acht Tiere sollten 2 × 2 Meter zur Verfügung haben. Heute halten immer mehr Liebhaber ihre Meerschweinchen auf Tischgehegen. Man kann die Tiere so gut beobachten, sie sind weniger schreckhaft und unten hat man Stauraum.

Es gibt mehrstöckige Meerschweinchen-Gehege. Sind diese empfehlenswert?
Das Meerschweinchen ist grundsätzlich ein Flächentier. Es bevorzugt Fläche am Stück, doch es nutzt auch Etagen. Eine Rampe bedeutet aber immer einen Engpass. Ranghöhere Tiere können so einen Durchgang blockieren. 

Sind Einrichtungen ähnlich einem Terrarium mit Sand- und Kiesboden, Steinen und Wurzeln geeignet? 
Aus Hygienegründen sind solche Einrichtungen schlecht. Hobelspäne oder Stroh können regelmässig ausgewechselt werden, da Meerschweinchen überall urinieren. Ein Kompromiss wäre eine Ecke mit Sand. Wurzeln sind ausgezeichnete Beigaben, ebenso Steine. Die Meerschweinchen besteigen sie und wetzen gleichzeitig ihre Krallen ab. 

Wie müssen Meerschweinchen ernährt werden?
Sie benötigen Heu und Wasser, denn Meerschweinchen können Zellulose im Blinddarm aufspalten. Schlecht ist Körnerfutter. Beim Fressen ergibt sich ein steter Druck auf die Zähne, sodass sich Zahnwurzelabszesse ergeben können. Frische Äste werden gerne benagt und sind wichtig, damit die Tiere ihre Nagezähne kurz halten. 

Darf man Gras oder Salat füttern?
Ja, aber man muss die Tiere behutsam an Grünfutter gewöhnen. Plötzlich viel Löwenzahn oder Salat wäre schlimm, denn das erzeugt Blähungen und Durchfall. 

Wie funktioniert die Verdauung des Meerschweinchens? 
Es hat einen sehr langen Blinddarm und einen Stopfmagen. Darum frisst es stetig während des Tages, damit die Nahrung weitertransportiert wird. Es braucht sozusagen 80 kleine Mahlzeiten täglich. Wenn ein Meerschweinchen während einigen Stunden nichts fressen kann, stirbt es. 

Wo sollte man das Futter kaufen?
Das Heu in der Landi hat generell gute Qualität. Trockenfutter sollte man in einer Futtermühle kaufen. Meerschweinchenpellets sollten Vitamin C enthalten, denn die Tiere können es in ihrem Körper nicht selber herstellen. Mischungen, die für Meerschweinchen und andere Nager wie Hamster empfohlen werden, sind abzulehnen. Hamster ernähren sich granivor, also von Getreide, Meerschweinchen herbivor, das heisst von Kräutern. 

Wo sollte man Meerschweinchen kaufen?
Beim Züchter, über die Interessengemeinschaft oder bei einer Notfallstation.

Sind Zoohandlungen keine Option?
Doch, durchaus. Ein Züchter kann aber in der Regel mehr Wissen über Meerschweinchen weitergeben.

Wo kauft man Meerschweinchen-Gehege?
Man sollte sich vom Züchter beraten lassen. Es lohnt sich, Gehege nach Mass anfertigen zu lassen. Das Internet hält heute viele Ideen bereit. 

Welches Holz verwendet man, um Häuschen zu bauen?
Massives Holz, wegen des starken Nagetriebs. Ein Häuschen sollte keine runden Löcher haben, damit das Meerschweinchen nicht stecken bleibt. Zudem sollte es wegen der Rangordnung immer mehrere Eingänge haben. Auch Dreieckdächer, Weidenbrückchen, Tonröhren und Kunststeiniglus eignen sich als Unterschlupfmöglichkeiten. 

Sollte man als Meerschweinchen-Halter Mitglied eines Vereins sein?
Grundsätzlich ja, denn der Austausch untereinander ist immer sinnvoll. Beide Schweizer Vereine produzieren auch ein Büchlein und einen Newsletter. 

Website der IG Meerschweinchen