Wer erst einmal auf den Hund gekommen ist, für den ist der Reiz gross, sich einen weiteren ins Haus zu holen. Viele Hundehalter gehen jedoch ziemlich blauäugig an das «Abenteuer Zweithund». Diese Erfahrung macht Holger Schüler. Er ist selber Halter von zwei Hunden, seit über 20 Jahren als mobiler Hundeerziehungsberater unterwegs und weiss: Die Anschaffung eines Zweithundes muss man sich mindestens so sorgfältig überlegen wie jene des ersten Hundes. Als Hilfestellung dafür hat Schüler ein Buch geschrieben. In «Hund plus Hund, 6 Bausteine der Mehrhundehalter» zeigt er auf, was es zu beachten gilt, bevor man sich einen zweiten Hund ins Haus holt.

Der erste Hund wird langsam älter und ein Nachfolger muss her, die Partnerin oder der Sohn wünscht sich auch einen, oder man will einen Spielkameraden für seinen Ersthund. «Gründe für einen Zweithund gibt es viele», schreibt Schüler. «Doch nicht alle davon sind gute Gründe.» Der für den Hundeexperten einzige richtige Grund für einen Zweithund lautet: «Weil ich einen möchte. Für mich. Und nicht für meinen Ersthund.» Von einem Zweithund als Gesellschafter für den ersten Hund rät Schüler nämlich ab. Nicht nur weil der Zweithund dann quasi nur Mittel zum Zweck ist – indem er «für» den Ersthund angeschafft wurde – sondern auch, weil die Bindung zwischen Mensch und Zweithund nur dann entstehen kann, wenn man für sich ganz bewusst «Ja» zum Zweithund sagt.

Ist dies der Fall, sollten sich Hundehalter fragen, ob sie überhaupt bereit sind für einen zweiten Hund. Dafür hat Schüler eine Checkliste an Überlegungen zusammengestellt, die man im Vorfeld anstellen sollte. So kann beispielsweise das Alter des ersten Hundes ausschlaggebend sein. Im Idealfall, so Schüler, ist der Ersthund erwachsen, also circa drei bis vier Jahre alt. «Was aus dem kreuzbraven, schüchternen acht Monate alten Hund mal wird, kann man nie wissen.» Erst wenn der Ersthund seine Persönlichkeit entwickeln konnte, könne man wissen, welcher Zweithund zu ihm passt.

Der Zeitaufwand wird oft unterschätzt
Entscheidend ist ebenfalls das Sozialverhalten des ersten Hundes gegenüber fremden Artgenossen. Pöbelt der Ersthund beispielsweise andere Hunde an der Leine an, überträgt sich das nur allzu leicht auf einen Zweithund. Die Wunschvorstellung, der erste Hund würde durch einen Artgenossen an seiner Seite sicherer oder ruhiger, erfülle sich nur selten, schreibt Schüler. Viel wahrscheinlicher sei es, dass der neue Hund das gleiche Verhalten zeigen wird, an dem man sich beim ersten stört. «Was man dann bekommt, sind einfach zwei leinenpöbelnde Hunde statt einem – und das ist nicht nur für den Halter Stress, sondern auch für die Hunde.»

Ganz wichtig sei auch die Frage, ob man überhaupt genug Geld, Platz und Zeit für einen Zweithund hat. Der Platz sei dabei das geringste Problem, im Gegensatz zum Geld. Das Sprichwort «Wo einer satt wird, wird auch ein zweiter satt» geht hier fehl, wie Schüler schreibt. Zwei Hunde kosten erheblich mehr als einer. «Und nur, weil der erste Hund nie krank war und billiges Futter fressen kann, bedeutet das noch lange nicht, dass der zweite nicht eine Arthrose-OP und Allergikerfutter braucht.»

Noch entscheidender ist jedoch der Faktor Zeit. Die meisten Menschen würden den Aufwand für den zweiten Hund völlig unterschätzen. In der Anfangsphase muss der zweite Hund eingewöhnt und erzogen werden, während man auch den Ersthund nicht vernachlässigen darf, der ebenfalls weiterhin Training braucht, um seinen Ausbildungsstand zu behalten. Und nicht zuletzt müssen beide Hunde auch zusammen trainiert werden, um auch als Team zu funktionieren. «Mit zwei Hunden muss man die Trainingszeit nicht verdoppeln, sondern verdreifachen», so Schülers Faustregel.

«Ein zweiter Hund verändert alles»
Dasselbe gilt beim täglichen Spaziergang. Viele Mehrhundehalter gehen oft nur mit beiden Hunden spazieren. Schüler hat zwar Verständnis dafür. «Ich bin auch gerne mit mehreren Hunden unterwegs. Das ist ja das Schöne an der Mehrhundehaltung: Die Hunde zu beobachten, wie sie interagieren, spielen, rennen und toben.» Doch das sei nicht alles. Selbst der faulste Hundehalter möchte, dass sein Hund nicht nur Spass hat, sondern auch auf ihn hört. «Und das bekommt man nicht geschenkt.» Dafür müsse man etwas tun, und zwar auch auf den Spaziergängen. Ein Zwei-Hunde-Haushalt bringt also einen dreifachen Spazieraufwand mit sich, indem man zuerst mit dem einen, dann mit dem anderen und am Schluss noch mit beiden zusammen spazieren gehen muss.

«Ein zweiter Hund», folgert Schüler, «verändert alles.» Ist man sich dessen bewusst und bereit für einen Zweithund, kann man die Pläne weiterverfolgen. Auch hier hält Schülers Buch wertvolle Tipps bereit. Er zeigt auf, worauf man bei der Wahl des zweiten Hundes achten sollte und welche Vor- und Nachteile ein oder mehrere Bezugspersonen für die Hunde haben. Ist der Zweithund dann im Haus, stellt Schüler im letzten Teil seines Buches Übungen vor, wie der Gehorsam und die Bindung mit zwei Hunden gefestigt werden kann. Damit dem «Abenteuer Zweithund» dann auch wirklich nichts mehr im Wege steht.

Holger Schüler: «Hund plus Hund. 6 Bausteine der Mehrhundehaltung», gebunden, ?175 Seiten, Verlag: Müller Rüschlikon, ISBN: 978-3-275-02013-3, ca. Fr. 32.–