Wenn Hundehalter eines nicht haben, dann sind es leere Jacken- oder Bauchtaschen. Meist sind sie prall gefüllt mit allerlei Leckerlis, Clickern, Spielzeugen oder anderen Hilfsmitteln, um den Vierbeiner bei Laune zu halten. Mit dem Leckerli vor der Nase wird der Hund «bei Fuss» gelotst, der Clicker bestätigt die Übung und der Dummy belohnt mit Spiel und Futter. 

Das Handling all dieser Hilfsmittel zur richtigen Zeit ist oft eine organisatorische und motorische Höchstleistung, bei der dann gerne mal das Richtige ausgerechnet dann, wenn man es bräuchte, in den Untiefen einer Tasche verschwunden ist. Ausserdem lernen gewiefte Hunde allzu schnell, die Bestechung durch Leckerchen oder ein Spielzeug zu ihren Gunsten zu nutzen, indem sie die Hilfsmittel richtiggehend einfordern. So gibt es so manchen Hund, der seinem Halter nur dann folgt, wenn der das richtige Leckerli dafür zückt. Statt gehorsam wird der Hund zum Erpresser. 

Hundetrainerin Liane Rauch geht hier andere Wege. Statt auf die üblichen Hilfsmittel zu setzen, liess sie sich von einem Kommunikationsverhalten inspirieren, das bei Hunden oft zu sehen ist: das Anstupsen mit der Nase. Ähnlich, wie dies auch beim Hundesport geschieht, überträgt sie dieses Wissen auf die Erziehungsarbeit – durch das sogenannte Handtouch-Training. Wie das funktioniert, schildert die 56-jährige Deutsche in ihrem Buch «Hundetraining ohne Worte. Führen mit der leeren Hand.»

Der erste Teil des Buchtitels ist jedoch nicht so absolut zu verstehen. So sollen die Hunde durch das Handtouch-Training zwar stets wortlos darauf achten, wo Herrchen oder Frauchen hingehen. Doch auch die Autorin gibt zu, ihre Hunde manchmal akustisch zurückrufen zu müssen; dann etwa, wenn sie sie schnell bei sich brauche, wenn unverhofft Jogger, Radfahrer oder fremde Hunde auf sie zukommen. Liane Rauch rät ausserdem dazu, ein Verbotswort zu etablieren, und zeigt auf, wie dies positiv belegt werden kann.

Auch für ältere Hunde geeignet
Herzstück ihrer Trainingsphilosophie liegt jedoch beim wortlosen Handtouch-Training. Dabei wird der Hund auf die leere Hand des Halters konditioniert. Zunächst zeigt Rauch in ihrem Buch auf, wie das sowohl beim Welpen als auch beim Hundesenior funktioniert. Die Konditionierung läuft zwar auch klassischerweise mit Leckerli oder anderen Belohnungen ab, was jedoch nach und nach abgebaut wird. Bis schliesslich nur die leere Hand übrig bleibt. Mit verschiedenen Übungen, die Rauch Schritt für Schritt erklärt, kommt man dem Ziel nach und nach näher: Dass der Hund der leeren Hand wie einem Magneten folgt, sich jederzeit an ihr orientiert und sie vor jeder Aktion anstupst. 

«Ein so trainierter Hund wird Kontakt zu seinen Menschen halten», ist die Autorin überzeugt. Dies erleichtert zum einen die Erziehung des Hundes, wie die Trainerin anhand verschiedener Übungen des Leinen- und Bei-Fuss-Laufens ausführt. Davon können auch ältere Hunde und solche, die bereits auffälliges Verhalten zeigen, profitieren. «Handtouch-Training, sauber aufgebaut, kann Hunde von unerwünschtem Verhalten positiv ablenken und so eine schnelle Verbesserung des Benehmens fördern», schreibt Rauch dazu. Zum anderen wird dadurch, dass der Hund regelmässig die Hand seines Herrchens oder Frauchens mit der Nase anstupst, auch die Beziehung zwischen Zwei- und Vierbeiner gestärkt.

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Liane Rauch: «Hundetraining ohne Worte. Führen mit der leeren Hand»
Taschenbuch, 96 Seiten 
Verlag: Ulmer 
ISBN: 978-3-8186-0516-2 
ca. Fr. 20.–