Sag mir, was du isst, und ich sag dir, wer du bist. Die Weisheit, die der französische Schriftsteller Jean Anthelme Brillat-Savarin (1755 – 1826) einst im «Lehrbuch der Gastronomie und Tafelfreuden» festhielt, trifft auch auf Hunde zu. Dabei soll sich das Futter nicht nur auf die Gesundheit der Vierbeiner auswirken, sondern auch deren Verhaltensweisen beeinflussen. 

Das hat längst auch der Markt erkannt. So gibt es bereits ein grosses Sortiment an Ergänzungsfuttermitteln, die versprechen, den Hund ruhiger oder entspannter werden zu lassen, ihm Ängste oder Aggressionen zu nehmen. Doch was ist dran an solchen Mitteln? Wurde ihre Wirkung wissenschaftlich untersucht? Und falls sie wirken, wie tun sie es? Mit diesen Fragen haben sich Verhaltenstierärztin Sophie Strodtbeck und Tierphysiologe Bernd Schröder beschäftigt. Die Ergebnisse haben sie kürzlich im Buch «Ernährung & Verhalten beim Hund. Verhalten beeinflussen durch typgerechte Fütterung» festgehalten. 

Die Autoren kommen zum Schluss, dass das Futter durchaus Einfluss auf das Verhalten des Hundes hat. Denn es liefert dem Vierbeiner die Grundbausteine für Botenstoffe und Hormone, die – genau wie beim Menschen – wesentlich darüber entscheiden, wie der Hund sich fühlt und verhält. Die Rede ist von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol sowie von ihren Gegenspielern, den Glückshormonen Dopamin, Serotonin und Oxytocin, und den Endorphinen. Enthalten sind die Baustoffe dieser «Stimmungsmacher» sowohl in den Proteinen als auch in den Fetten und den Kohlenhydraten. 

Wenn man weiss, welcher dieser Baustoffe in der Nahrung beispielsweise das Glückshormon Serotonin bildet: Kann man ihn dann einfach ins Futter aufnehmen und hat einen glücklichen Hund? Diesem Irrglauben setzen Strodtbeck und Schröder ein Ende. Unter Beizug zahlreicher Studien zeigen die Autoren auf, ob und wie sich eine gezielte Fütterung von bestimmten Inhaltsstoffen über Nahrungsergänzungsmittel tatsächlich auf das Verhalten des Hundes auswirkt.

Ein Mosaikstein unter vielen
Dabei zeigt sich, dass ein Stoff alleine in den meisten Fällen nicht viel ausrichten kann, sondern es ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren braucht, damit sich die erhoffte Wirkung auf das Verhalten des Hundes entfalten kann. So könne zwar beispielsweise bei hyperaktiven Hunden durch die Gabe von Präparaten mit der Aminosäure Tryptophan der Serotoninspiegel erhöht und daher die Impulskontrolle gesteigert werden, was allerdings Studien zufolge bei einem zu niedrigen Zink- oder Magnesiumhaushalt ins Leere führt, ebenso bei einem Mangel an Omega-3-Fettsäuren. 

«Leider lassen sich Verhaltensprobleme nicht einfach ‹wegfüttern›», halten die Experten im Buch fest. Die Umstellung der Ernährung auf die individuellen Bedürfnisse des Hundes und der gezielte Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln stelle aber oft ein Mosaiksteinchen im Umgang mit Verhaltens-problemen dar. Dies wird am Beispiel von aggressivem Verhalten dargestellt: Dieses wird gemäss den Autoren durch sieben verschiedene Eingangssignale beeinflusst, wovon neben der Genetik und den Erfahrungen fünf ihre verhaltensprägenden Informationen über die Nahrung ans Hundegehirn senden. 

Obwohl die beiden Experten ein umfangreiches Werk zum Zusammenspiel von Ernährung und Verhalten beim Hund geschaffen haben, so gestehen sie am Ende ein, dass dies bloss den bisherigen Stand einer noch jungen Forschung darstelle. Und geben im Rahmen eines Ausblicks auf eine allfällige überarbeitete Neuauflage ihrer Hoffnung Ausdruck, «dass die Wissenschaft sich weiterhin diesem spannenden Thema widmet». 

Sophie Strodtbeck, Bernd Schröder: «Ernährung & Verhalten beim Hund. Verhalten beeinflussen durch eine typgerechte Ernährung», Gebunden, 192 Seiten,
Verlag: Müller Rüschlikon, ISBN: 978-3-275-02199-4, ca. Fr. 42.–