Eine verdächtige Wurst in Silenen UR, ein toter Hund im Schützenmattpark in Basel: Alle Jahre wieder sorgen Meldungen über Hunde-Vergiftungen für Aufruhr. Und auch wenn der Verdacht nur selten bewiesen werden kann, so sind viele Halter fest überzeugt: Da draussen gibt es Hundehasser, die unseren geliebten Vierbeinern schaden möchten. Dabei müssen Vergiftungssymptome beim Hund nicht zwingend auf Giftköder zurückzuführen sein. Das zeigt
 eine neue Studie im Schweizer Archiv für Tierheilkunde. Wissenschaftler haben jene Tiervergiftungsfälle von 2003 bis 2012 analysiert, die beim Tox Info Suisse gemeldet wurden, 1434 an der Zahl. Hunde sind mit 60 Prozent aller Fälle am häufigsten von Vergiftungsfällen betroffen – die Ursachen dafür sind vielfältig.

Die grösste Gefahr für den Hund lauert nicht draussen beim Spaziergang, sondern daheim in den eigenen vier Wänden. Die häufigste Vergiftungsursache lag bei humanmedizinischen Medikamenten. Insgesamt 247 Hunde – und  damit jeder dritte Vergiftungsfall – waren im Haushalt mit Arzneimittel in Kontakt gekommen. «Diese wurden entweder vom Besitzer in guter Absicht verabreicht, oder sie lagen ungeschützt auf Nachttischen oder offenen Schrankablagen herum», heisst es in der Studie.

Bouillon kann tödlich sein
Ein Hund hatte sich beispielsweise an einer Salbe gegen Schuppenflechte zu schaffen gemacht und ist daraufhin gestorben. Weitere schwerwiegende Vergiftungsfälle ereigneten sich durch unsachgemässe Behandlung mit veterinärmedizinischen Medikamenten. So reagierte ein Hund mit lebensgefährlichen Krämpfen, nachdem der Tierarzt ihm das falsche Medikament intravenös gespritzt hatte. Bei zwei Hunden kam es zu Kreislaufversagen, weil der Halter ihm ein Medikament mit der Nahrung verabreicht hatte, das übers Fell hätte aufgenommen werden müssen.

Ebenfalls häufig waren Vergiftungen durch Nahrungsmittel. So sind Hunde schwer vergiftet worden, weil sie Schokolade, Kakao oder Xylitol, ein Zuckeraustauschstoff, der in Lebensmitteln und Zahnpflegeprodukten vorkommt, gegessen hatten. Ebenfalls giftig für den Hund sind Weintrauben, Rosinen und Traubenabfälle. Ein Hund starb, nachdem er 500 Gramm getrocknete Rinderbouillon gefressen hatte.

Die Liste der weiteren Stoffe, die – einmal kurz nicht aufgepasst – im Hundemagen landeten und dort zu Vergiftungen führten, ist lang: von Knopfbatterien, Desinfektionsreiniger über Natronlauge bis hin zu Tabak – sie alle führten in den untersuchten Jahren schon zu Vergiftungen beim Hund. Ein Papillon starb gemäss der Studie, nachdem er von einem Reinigungsmittel getrunken hatte. Ein Chihuahua hatte gar Teile eines Feuerwerkskörpers verschluckt.

Mit 232 Fällen die zweithäufigste Ursache für Vergiftungen beim Hund stellen jene Stoffe dar, die oft bei mutwillig ausgelegten Giftködern verwendet werden: Schädlingsbekämpfungsmittel wie Rattengift oder Schneckenkörner. Auch dahinter muss nicht zwingend eine böse Absicht stecken. Oftmals fängt sich der Hund beim Spaziergang ungewollt Stoffe ein, die seiner Gesundheit schaden. So zum Beispiel Düngemittel, welche die Landwirte im Frühling und Sommer vermehrt auf die Felder bringen.

Blaukorn verursacht Magenprobleme
So ist es im untersuchten Zeitraum zu insgesamt acht Todesfällen bei Hunden gekommen, weil diese mit Rizinusschrot in Düngern in Kontakt gekommen waren. Sieben weitere Hunde wurden durch Traubentrester vergiftet, der als biologischer Dünger verwendet wird und beim Hund innert ein bis drei Tagen zu einem akuten Nierenversagen führen kann. Aufgrund der Vergiftungsfälle hat das Bundesamt für Landwirtschaft in der Zwischenzeit die Verwendung von Rizinusschrot als Biodünger in der Schweiz verboten. Ausserdem wird neuerdings der Traubentrester in Biogasanlagen vergärt oder kompostiert und erst nach starker Verdünnung auf die Felder gebracht.

In sozialen Medien wird häufig auf die Gefahr von Mehrstoffdünger aufmerksam gemacht, der in Form von Blaukorn in Feldern eingesetzt wird. Jacqueline Kupper vom Institut für Veterinärpharmakologie und -toxikologie der Universität Zürich und Mitautorin der Studie klärt auf: Zwar könnten die Düngerkörner bei einem Hund Magendarmprobleme verursachen. «Für eine gefährliche Vergiftung müsste der Hund jedoch eine grosse Menge  der Körner direkt aus dem Sack fressen, in dem das Granulat aufbewahrt wird.» In den vergangenen 17 Jahren sind beim Tox Info Suisse denn auch lediglich ein leichter und ein mittelschwerer Fall von Vergiftungen durch Blaukorn gemeldet worden.

Leidet der Hund nach dem Spaziergang an Magendarmproblemen, hat er Durchfall oder erbricht er sich, müssen Hundehalter also nicht immer gleich den bösen Hundehasser verdächtigen. Oftmals liegt der Übeltäter ohne böse Absicht im Haushalt oder auf dem Spazierweg. Unabhängig von der Ursache aber gilt: Bei Verdacht auf eine Vergiftung muss man schnellstmöglich den Tierarzt konsultieren. Erst recht, wenn der Hund von Krämpfen geplagt wird, Fieber hat oder gar Blut im Erbrochenen oder im Stuhl.