Das muss man den Hunden lassen: Sie denken und handeln klar, konsequent und erst noch logisch, obschon sich der Mensch oft unbeholfen anstellt und Fehler macht. Erst lässt der Halter sich an der viel zu kurzen Leine hinterherziehen, dann beginnt er plötzlich an dieser zu rucken. Er bringt die Vierbeiner mit ungebetenen Artgenossen in Kontakt und ist erbost, wenn diese angebellt werden. Und da sind noch die Stöckli und Bälle, denen die Hunde hinterherrennen müssen – zum Vergnügen des Menschen, dem die Freude allerdings vergeht, wenn das Jagdtraining in der Praxis angewandt wird, sobald der Vierbeiner Wild gesichtet hat.

Der Mensch weiss und nutzt es gnadenlos aus: Hunde sind einmalig, sie lassen vieles mit sich machen. Sie fressen, was ihnen lieblos im Napf hingestellt wird, absolvieren Spaziergänge im Eiltempo, wo es doch so viel zu schnüffeln gäbe, dürfen nicht weitergehen, wenn der Mensch unterwegs langweilige Gespräche führt, sie bewachen das Haus, werden aber zurechtgewiesen, wenn sie bellen, weil jemand an der Haustüre ist. 

Wer all das mit sich machen lässt, muss ja sozial eingestellt sein. Oder anders betrachtet: Wären Hunde so sozial wie die Menschen, so wären Beissvorfälle an der Tagesordnung. Nicht zuletzt darum, weil Hunde oft mit Gewalt bestraft werden, ohne selbst den Grund zu wissen.

Strafmassnahmen ihrer Halter sind nämlich für Hunde schwer zu verstehen, weil es sich beim abgestraften, vom Menschen als «unerwünscht» definierten Verhalten vielfach um ein simples, hündisches Bedürfnis handelt, eine natürliche Handlung oder Reaktion. Wenn Hunde nach Mäusen buddeln, der Katze hinterher jagen, sich im frisch ausgetragenen Kuhmist wallen, eine herumliegende Socke packen und irgendwo verstecken, sich ein Kuchenstück vom Tischrand schnappen, ungefragt auf das Bett des Menschen springen, so hat das einen äusseren oder inneren Auslöser. Es gäbe Unzähliges mehr aufzuzählen, über das sich der Mensch unbändig ärgern kann, statt dass er erst mal durchatmet, damit er dann darüber und über seinen einmaligen Hund schmunzeln kann.

Das Mehrstufenprogramm «Abstellen»
Manchmal werden aus solchen hündischen Streichen Gewohnheiten. Und so taucht die Frage auf, welche die Hundetrainer oft zu hören bekommen: «Wie und wo stelle ich dieses Verhalten wieder ab?» Die (ironische) Antwort: «Am besten dort, wo Sie es angestellt haben.» Es gibt jedoch durchaus einen Weg, wie der Mensch solche «unerwünschte» Verhaltensweisen «abstellen» kann. Dabei handelt es sich um ein Mehrstufenprogramm: 

> Als Sofortmassnahme vermeidet man möglichst, dass der Hund das Verhalten in dieser Form weiter einüben kann. Beispiele: Vorausschauen, ausweichen, Situation verändern. 

> Der Mensch lernt, damit umzugehen, wenn der Hund das Verhalten dennoch wieder zeigt. Beispiel: Wenn der Hund während eines 45-minütigen Spaziergangs bei einer Begegnung fünf Sekunden bellt, soll sich der Mensch an den andern 44 Minuten und 55 Sekunden freuen. 

> Man sucht nach der Ursache beziehungsweise dem Auslöser des Verhaltens. Gleichzeitig zieht man eine Verhaltensfachperson bei. Zusammen klärt man wichtige Dinge ab und macht erste Veränderungen: Gesundheit (eventuell Abklärung beim Tierarzt), Tagesablauf (Stresspegel, genügend Ruhezeiten), körperliche und geistige Auslastung (zu viel, zu wenig?), Ernährung.

> Sofern das Verhalten nicht durch die getroffenen Massnahmen verschwunden ist, kann mit allen Informationen ein geplantes Training beziehungsweise Lernen für Mensch und Hund beginnen. Grundsätzlich gilt für den Hund wie für den Menschen: Wer ein Problem hat, dem hilft man – und fällt ihm nicht mit Strafmassnahmen in den Rücken.