Da man mit einem gehörlosen Hund nicht über Stimme kommunizieren kann, muss man sich ihm anderweitig mitteilen. Dies geschieht am besten mittels Handzeichen, Körperhaltung und Gestik, sowie Mimik. Handzeichen sind besonders wichtig, wenn es für den Hund darum geht, bestimmte Kommandos zu befolgen. Innerhalb einer Familie sollte man sich unbedingt auf dieselben Signale einigen, damit der Vierbeiner nicht verwirrt wird. Ausserdem empfiehlt es sich, einfache Zeichen zu wählen. Diese müssen eindeutig und anfangs ruhig übertrieben ausgeführt werden. Gerade für einen Rückruf ist ein ganz deutliches, markantes Zeichen wichtig. 

Zunächst sollte man die Signale so aufbauen, dass man diese durchaus noch verstärken kann. Aber es gibt auch noch andere Möglichkeiten: «Bei meinem Beagle-Rüden Benni hat mir ein Vibrationshalsband gute Dienste geleistet», erzählt Desiree Schwers aus Kastl (D). Seit er begriffen habe, dass er zu ihr kommen soll, wenn das Halsband vibriert – «was ich ausschliesslich positiv bestärkt habe» – seien Spaziergänge ohne Leine kein Problem mehr. 

«Die Taubheit scheint meinen Hund wesentlich weniger zu stören als mich», sagt Schwers. Denn die Kommunikation unter Hunden stütze sich nur minimal auf Lautäus­serungen; hauptsächlich spielt sie sich mittels Körpersprache ab. Weder die Lebensfreude, noch die angeborenen Instinkte wie Jagd- und Schutzverhalten würden darunter leiden. «Letzteres muss ich immer wieder mal leidvoll erfahren», so Schwers weiter.

Blickkontakt ist enorm wichtig
Hunde beobachten generell ganz genau, sie erkennen Körperhaltung, Gestik und Mimik. Man sollte auch unbedingt mit dem Vierbeiner reden, selbst wenn er einen nicht hört, denn die eigenen Worte werden zwangsläufig von einer bestimmten Körperhaltung und einem für den Hund wichtigen Gesichtsausdruck unterstrichen. So lernt der Vierbeiner beispielsweise schnell, dass ein Lächeln Ausdruck von Zufriedenheit ist und Lob bedeutet.

Diagnose und schulung

Eine Gehörlosigkeit lässt sich zweifelsfrei mittels eines Audiogramms (Hörtest) feststellen. Dies ist an vielen Tierkliniken und auch in einigen Tierarztpraxen möglich.

Bei der Erziehung eines tauben Hundes ist viel Geduld, Ausdauer und Kreativität gefragt. In der Regel entwickelt sich daraus eine besonders enge Bindung zwischen Zwei- und Vierbeiner.

Es gibt auch Hundeschulen, die bereits auf gehandicapte Tiere
spezialisiert sind.

Zeigt der Vierbeiner ein unerwünschtes Verhalten, wird er ebenfalls mit einem speziellen Handzeichen, einer entsprechenden Körperhaltung und Mimik ermahnt. Handlungen, die für den Hund gefährlich werden können, müssen sofort gestoppt werden, beispielsweise durch eine sanfte Berührung mit der Hand. Besser ist es, wenn der Hund den Menschen vor der Berührung sieht, damit er nicht erschrickt und sich aus Reflex wehrt.  Daher sollte immer zuerst die Aufmerksamkeit des Hundes auf den Halter gelenkt werden. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten wie beispielsweise eine Vibration in Form eines leichten Auf-den-Boden-Stampfens oder ein Wackeln an der Leine. 

Grosse Gefahr im Strassenverkehr
Desiree Schwers kennt zwei Situationen, bei denen sie des Öfteren eingreifen muss. Zum einen, wenn ein anderer Hund ihn anknurrt und Benni die Augen mal wieder woanders hat. «Da er die Warnung des anderen Hundes dann nicht mitbekommt, ich aber eine Eskalation vermeiden möchte, sorge ich lieber selber für Sicherheitsabstand.» Zum anderen passt Schwers auf der Strasse, im Verkehr gut auf ihren Hund auf – «denn hier ist mir das Risiko zu gross, dass er sich und andere in Gefahr bringt».

Schwers hält auch eine optimale Bindung für essenziell, damit der Hund gut auf einen achtet. «Wenn dies gegeben ist, gibt es eigentlich nichts, was man mit einem tauben Hund nicht machen kann.» Dem kann sich Liane Rauch, Inhaberin der Hundeschule Naseweis, die sich auf gehandicapte Hunde spezialisiert hat, nur anschliessen: «Die beste Basis für einen harmonischen Alltag mit einem Handicap-Hund ist eine vertrauensvolle Beziehung und enge Bindung.» 

Ihr fast 14-jähriger Sheltie-Rüde ist inzwischen fast taub. Bei ihm sehe sie den Lohn konsequenter Bindungsarbeit. «Durch Handtouch-Training und zielorientiertes Blickkontakt-Training, können wir trotz Taubheit unseren Alltag genauso weiterleben, wie wir es gewohnt sind», sagt Rauch. Sie erklärt die schrittweise Einführung in das Touch- und Blickkontakt-Training im Buch «Hundetraining ohne Worte». Selbst über kurzweilige Spielchen kann man sich auf Spaziergängen interessant machen, sodass der Vierbeiner gerne in der Nähe bleibt und folglich auch Freilauf kein Problem ist. 

Literaturtipps:
Liane Rauch, «Hundetraining ohne Worte», 96 Seiten, Ulmer Verlag, 2014, ISBN: 978-3-8001-8200-8, ca. Fr. 23.–. 

Michaela Göbel, «Taube Hunde», 87 Seiten, Verlag: Oertel & Spörer, ISBN: 978-3-88627-848-0, ca. Fr. 19.–.