In den Monaten Juli und August schwelgen der kräuterliebende Kaninchenzüchter und seine Schützlinge im Überfluss der Natur. Zur Unterstützung des Wohlbefindens und bei Unpässlichkeiten kann in Wald oder Wiese gleich das passende Kraut geholt werden. Um auch im Winter davon profitieren zu können, müssen jetzt Kräuter gesammelt und haltbar gemacht werden. Neben dem Trocknen sind auch Tinkturen, Öle und Salben gut haltbare Kräuterzubereitungen. 

Für eine optimale Qualität müssen einige Regeln eingehalten werden: Gesammelt wird nur bei trockener Witterung, denn nach längerer Schlechtwetterperiode ist der Wirkstoffgehalt niedriger als bei sonnigem Wetter. Es empfiehlt sich, bereits beim Sammeln darauf zu achten, dass das Erntegut sauber ist, denn die Kräuter sollten ohne Waschen weiterverarbeitet werden können. 

Mittagssonne verhilft Kräuterpflanzen zu mehr Gehalt an ätherischen Ölen
Gesammelt wird nur, was man sicher kennt. Ein respektvoller Umgang mit den Heilpflanzen ist wichtig. Das heisst, man reisst sie nicht einfach aus, sondern pflückt die Kräuter so sorgfältig, dass sie erneut austreiben können. Plündern ist ebenfalls tabu; man sammelt nur an Orten, wo die betreffende Pflanze häufig ist und nur so viel, dass man dem Standort nichts ansieht. An problematischen Standorten wie Industriegelände, Strassenrändern und Hundekotplätzen sollte man die Pflanzen besser stehen lassen, da sie mit Schadstoffen oder Parasiten behaftet sein können.

Der Wirkstoffgehalt in den Pflanzen verändert sich je nach Vegetationszyklus und schwankt auch im Tagesverlauf. Oberirdische Pflanzenteile sollten am Vormittag geerntet werden, Wurzeln vor Sonnenaufgang oder spät am Abend. Der Gehalt an ätherischen Ölen ist um die Mittagszeit am höchsten. Aromatische Pflanzen wie Thymian, Rosmarin, Bohnenkraut, Minze oder Salbei werden zu Beginn der Blüte geerntet. Basilikum und Dost haben den höchsten Gehalt zur Vollblüte. Eine Ausnahme bildet Melisse, deren Blätter vor der Blüte am meisten ätherische Öle enthalten.

Getrocknet wird die Ernte zügig, doch möglichst schonend. Am einfachsten werden die Pflanzen sortenweise zu kleinen Sträussen zusammengebunden und an einem schattigen und wettergeschützten, aber luftigen Ort aufgehängt. Trocknen auf dem Dörrex bei maximal 40 °C ist ebenfalls möglich. Heisser darf das Gerät nicht eingestellt werden, damit die flüchtigen Wirkstoffe (ätherische Öle) erhalten bleiben.

Erst wenn die Kräuter gut trocken (knisterdürr) sind, dürfen sie in Schraubgläser abgefüllt werden. Papiersäcke sind ebenfalls eine Möglichkeit, bieten allerdings weniger Schutz vor Lebensmittelmotten. Sofortiges Etikettieren ist wichtig: Neben der Pflanzenart sollte auch das Jahr notiert werden. Um gezielt unpässliche Tiere zu behandeln, sind Einzelkräuter oder nach Anwendungsbereich zusammengestellte Mischungen ideal. Als Zusatzfutter im Winter sind auch bunt gemischte Kräuter eine gute Sache.

Im Gegensatz zu Hunden und Katzen mögen Kaninchen Kräuterschnaps
Tinkturen sind alkoholische Pflanzenauszüge. Sie werden von Pflanzenfressern gut akzeptiert, im Gegensatz zu Hunden und Katzen, die Geruch und Geschmack von Tinkturen abstossend finden. Tinkturen gibt man mit etwas Wasser verdünnt direkt ein oder fügt sie dem Trinkwasser zu. Eine Tinktur herzustellen ist nicht besonders schwierig: Die Pflanzen werden klein geschnitten, in ein Schraubglas gefüllt und mit Alkohol übergossen. Man nimmt einen Gewichtsteil vierzigprozentigen Alkohol (geschmacksneutral ist Wodka) auf einen Gewichtsteil Pflanzen. Da die Pflanzen zu einem grossen Teil aus Wasser bestehen, erhält man dadurch einen ungefähren Endalkoholgehalt von zwanzig Prozent; so viel ist nötig, um die Tinktur haltbar zu machen. Das Glas wird verschlossen und drei bis vier Wochen lang an einem schattigen Ort gelagert. Danach werden die Pflanzenteile abgeseiht und die fertige Tinktur in eine Flasche gefüllt. Tinkturen macht man sortenrein, das heisst man stellt aus jeder Heilpflanzenart eine eigene Tinktur her. Hier ist sofortiges Etikettieren besonders wichtig, da man ja keine Pflanzenteile mehr hat, die Aufschluss über die Identität geben können.

Kräuteröle werden vorwiegend äusserlich angewendet, können aber bei Bedarf auch eingegeben oder übers Futter geträufelt werden. Die Herstellung ist ähnlich der Tinktur, nur wird statt Alkohol Öl über die Pflanzen gegeben. Wiederum das Glas verschliessen und einige Wochen stehen lassen. In dieser Zeit treten fettlösliche Wirkstoffe ins Trägeröl über, wasserlösliche Wirkstoffe bleiben hingegen in den Pflanzen zurück, beziehungsweise sammeln sich im wässrigen Bodensatz.

Beim Abseihen der Pflanzen muss darauf geachtet werden, dass dieser Bodensatz im Glas zurückbleibt und weggeworfen wird, da er recht schnell verschimmelt. Als Trägeröl wird üblicherweise Olivenöl verwendet, doch kann auch ein anderes Öl in Lebensmittelqualität verwendet werden. Kräuteröle können auf einfache Weise zu Salben weiterverarbeitet werden (siehe Kasten). Klassiker für Öle und Salben sind Johanniskraut und Ringelblume.

Kräutermischungen für alle Fälle

Neben bunten Kräutermischungen als winterliches Beifutter können Kräuter auch nach Anwendung gemischt werden. Die folgenden Mischungen sind Vorschläge; es müssen nicht alle Pflanzen darin enthalten sein.

  • Kreislaufstützende Mischung: Weissdorn, Rosmarin, Nelkenwurz, Melisse, Rose
  • Immunstärkende Mischung: Sonnenhut, Thymian, Spitzwegerich, Brennnessel, Wasserdost, Birke, Mädesüss
  • Mischung für eine gute Verdauung: Beifuss, Nelkenwurz, Dost, Schafgarbe, Stinkender Storchenschnabel, Melisse, Echter Eibisch, Bohnenkraut, Gänsefingerkraut, Giersch, Petersilie, Breitwegerich
  • Beruhigende Mischung: Melisse, Breitwegerich, Johanniskraut, Hopfenblätter, Lavendel
  • Mischung für gesunde Haut / schönes Fell: Klettenlabkraut, Birke, Esche, Nachtkerze, Bambus.