Kater sollen verschmuster und mitteilungsbedürftiger sein, Katzen fürsorglicher, aber auch zickiger. Doch was ist dran an solchen Klischees? «Der Charakter einer Katze ist sehr individuell und kommt zudem auch auf die Rasse an», sagt Veronique Hufschmid, Tierpsychologin aus Sisseln AG. Ausserdem seien die Lebensumstände sehr entscheidend und was die Katze von klein auf gelernt habe. Zum Problem im Umgang mit Artgenossen und dem Menschen würden aber eher die Kater, da sie es oft trotz Kastration nicht lassen könnten, die Wohnung zu markieren. Häufige Ursachen dafür seien unter anderem Rangordnungsstreitigkeiten und fehlende Aufmerksamkeit.

Kater müssen sich untereinander immer wieder beweisen, schliessen sich jedoch gerne einer sogenannten Katerbruderschaft an, innerhalb derer sie ihre Kräfte mehr oder weniger spielerisch messen. Das hängt aber in der Regel davon ab, ob sie kast­riert sind oder nicht. Unkastrierte Moudi gehen lieber alleine auf die Pirsch und legen mitunter weite Strecken zurück. Weibliche Hauskatzen sind meistens zurückhaltender im Umgang mit anderen Samtpfoten. Andererseits belegen Studien über unkastrierte Bauernhofkatzen, die wenig Bezug zu Menschen haben, dass insbesondere Kätzinnen enge Bindungen untereinander eingehen.

Grundsätzlich sind weibliche Katzen territorialer als die Männchen, bleiben also eher in der Nähe des Hauses, was schlichtweg aus der Jungenaufzucht resultiert. Die Natur hat es so eingerichtet, dass die Weibchen alleine für ihren Nachwuchs sorgen können, weshalb sie in der Regel mehr jagen und sich fürsorglicher und mitfühlender geben – auch im Umgang mit ihrem Zweibeiner. Das zeigt die Katzendame gerne in Form von mitgebrachten Mäusen oder anderen Geschenken und daran, dass sie oft nicht von Frauchens Seite weicht, wenn diese sich nicht wohlfühlt oder traurig ist. Was aber nicht heissen soll, dass Kater nicht ebenso gute Tröster sein können. Zumal sie meist etwas bequemer sind und infolgedessen öfter für eine ausgiebige Kuscheleinheit zur Verfügung stehen.

Männchen kämpfen ohne Ende
Etwas eindeutiger zeigen sich die Geschlechterunterschiede im Kampfverhalten. Während Kater – wie bereits erwähnt – gerne imponieren, ihre Kräfte messen und ihr Revier markieren, was dazu führt, dass sie ihren Gegner offensiv angreifen, halten sich Katzen eher zurück. Das Posen der Männchen liegt ihnen nicht und derben Streitigkeiten gehen sie nach Möglichkeit aus dem Weg. Es sei denn, sie oder ihre Jungen sind in Gefahr oder das Revier muss verteidigt werden. Dann weiss sich auch die Katze zu wehren. Diese Eigenschaft bekommen in der Menschenwelt vor allem die Tierärzte zu spüren, wenn das ansonsten scheue Büsi plötzlich seine Krallen ausfährt und zuschlägt. Weicht der Gegner zurück, hält dann allerdings auch die Katze inne.

Anders der Kater, besonders der unkastrierte. Er kämpft unermüdlich, kommt nicht selten mit Wunden und ausgefransten Ohren nach Hause und jagt den Artgenossen lange hinterher. Dieses Verhalten schlägt sich ebenso beim Spielen mit Artgenossen in der guten Stube nieder. Während Männchen mit Vorliebe wilde Raufspiele anzetteln, lieben Weibchen eher spassige Verfolgungsjagden ohne Körperkontakt. Akzeptiert das der ruppige Mitspieler nicht, sind Katzen schnell überfordert und entwickeln Ängste. Eine unschöne Situation für beide Seiten, denn der zurückgewiesene Kater bleibt frustriert mit seiner aufgestauten Energie zurück.

Doch wie immer in der Katzenwelt gilt auch hier: Ausnahmen sind fast so häufig wie die Regeln. Man findet durchaus auch weibliche Haudegen, die wenig Zuwendung geben und sensible Kater, die keiner Maus etwas zuleide tun. Die Tendenzen in der Menschenwelt sind dagegen laut Veronique Hufschmid eindeutiger. Ihrer Erfahrung nach fühlen sich Frauen eher zu Katern hingezogen und Männer eher zu Katzen. Ob es daran liegt, dass Kater lieber schmusen und Kätzinnen oft eigenständiger sind und dem Herrchen nicht so viel Aufmerksamkeit abverlangen? Man weiss es nicht.

Weibchen sind gepflegter
Die Individualität der Hauskatze zeigt sich aber nicht nur in ihrem Verhalten, sondern auch in ihrem Aussehen. Anatomische Unterschiede zwischen den Geschlechtern sieht man kaum. Doch gemeinhin ist zu sagen, dass die Männchen meist grösser und kräftiger sind, was vor allem am Kopf und an den Pfoten deutlich sichtbar ist. Auch sehen sie im Alter etwas mitgenommener aus als ihre weiblichen Artgenossen, den Rangkämpfen sei dank. Kätzinnen sind dagegen eher zierlich und gepflegter, widmen sie doch wesentlich mehr Zeit der Fellpflege als die Kater.

Kätzinnen können auch mit interessanten Fellfarben beeindrucken. So sind sogenannte Schildplattkatzen, deren Fell aus den Farben schwarz und rot besteht, in den meisten Fällen weiblich. Männliche Tiere mit dieser Färbung gibt es nur selten und sie sind meist unfruchtbar. Dies liegt an der geschlechtsgebundenen Vererbung der Fellfarbe rot. Auch eine dreifarbige Katze, oft als Glückskatze betitelt, ist daher im Regelfall weiblich und besticht mit einer individuellen Kombination aus den Farben schwarz, rot und weiss. Wer sich also Farbe ins Haus holen will, greift zur Katze und wer gerne ausgiebig schmust, eher zum Kater – oder war es anders herum?