Man könnte stundenlang zusehen, wenn junge Katzen mit ihrem Schwanz spielen. Sie drehen sich im Kreis und jagen ihn, als führte er ein Eigenleben. Ganz falsch ist das nicht. 

Zwar setzt die Katze ihren Schwanz als Kommunikationsmittel ein, bewusst steuern kann sie ihn aber nur begrenzt. Vielmehr ist er ein starkes Stimmungsbarometer, das anzeigt, wie sich die Katze gerade fühlt. «Vergleichbar damit, wenn Menschen einen roten Kopf bekommen», sagt Ruth Herrmann Tierärztin und Verhaltensmedizinerin aus Olten SO. «Es sind Nervenfasern beteiligt, die nicht dem bewussten Willen unterliegen.» 

Wer den genauen Gemütszustand seiner Katze deuten will, muss sie natürlich immer als Ganzes betrachten und beispielsweise auch auf Ohren, Augen und Körperhaltung achten – trotzdem sagt der Schwanz alleine schon sehr viel aus. 

Wenn er zur Begrüssung kerzengerade nach oben zeigt, ist das ein gutes Zeichen. Das Tier ist freudig erregt. Dabei kann der Schwanz sich auch leicht hin und her bewegen oder zittern. Wenn die Katze dann noch um die Beine des Menschen flaniert, verbreitet sie ihren persönlichen Duft. Über sogenannte Pheromondrüsen, die auch am Schwanz liegen, markiert sie ihre Partner und ihre Wohlfühlzone. Das macht sie auch, wenn sie mit dem Schwanz beispielsweise ein Stuhl- oder Tischbein umstreicht oder an Schrank- oder Wandecken vorbeistreift. 

Erregt, gestresst oder gut gelaunt?
Mit erhobenem und zitterndem Schwanz setzt sie ihre Harnmarke. Damit markiert sie ihr Revier und zeigt an: «Hier bin ich zu Hause.» Gewisse Katzen markieren auch, wenn sie beunruhigt oder gestresst sind. 

Sind die Schwanzhaare gesträubt, ist Vorsicht geboten. Die Katze ist erregt und in einem Alarmzustand. «Man sollte sie dann besser nicht anfassen», sagt Herrmann. Auch wenn sie beim Streicheln plötzlich anfängt, ihren Schwanz hin und her zu schlagen, sollte man von ihr ablassen. «Dann will sie ihre Ruhe und nervt sich über zu viel Berührung.» Zeigt der Schwanz waagrecht nach hinten – auch beim Sitzen oder Liegen – ist die Katze wachsam. «Sie wartet gespannt, was als Nächstes passiert.» Manchmal bewegt sich dabei auch ihre Schwanzspitze hin und her. Liegt der Katzenschwanz dagegen ganz nah am Körper, kann es sein, dass dem Tier etwas kühl ist oder dass es sich nicht so wohl fühlt. Dies in Kombination mit geduckter Körperhaltung.

Der Katzenschwanz ist aber nicht nur ein Stimmungsbarometer, er hat auch körperliche Funktionen. Mit seinen rund zwanzig Wirbeln ist er bis in die Spitze beweglich. Mit seiner Hilfe balanciert die Katze problemlos über ein schmales Geländer oder springt auf eine Mauer. Auch dass sie beim Sturz aus der Höhe meist auf den Pfoten landet, ist mitunter dem Schwanz zu verdanken. 

Lebensnotwendig ist der Schwanz für die Katze allerdings nicht. «Verliert sie ihn durch einen Unfall oder ist er gelähmt, kommt die Katze damit in der Regel gut zurecht», sagt Herrmann.

Stummelschwanz und Knickschwanz
Es gibt auch Rassen, bei denen man den Schwanz weggezüchtet hat. Beispielsweise die japanische Stummelschwanzkatze (Japanese Bobtail). Oder die Manx, deren Schwanzlosigkeit ursprünglich durch eine Genmutation entstand, die aber inzwischen gezielt auf dieses Merkmal hin gezüchtet wird. Für Herrmann nicht besonders sinnvoll: «Der Katze tut man damit keinen Gefallen.» 

Auch beim sogenannten Knickschwanz rät sie von einer Weiterzucht ab. «Oft haben die Leute das Gefühl, die Katze habe ihren Schwanz irgendwo eingeklemmt», sagt Herrmann. Dem ist aber nicht so. Der Knick im Schwanz ist meist vererbt. Für betroffene Katzen ist das in der Regel kein Problem. Mit ihnen und ihren Verwandten zu züchten aber schon: «Nachkommen können im ungünstigen Fall Wirbelsäulendeformationen aufweisen.» 

Auch das anfänglich spielerische Schwanzjagen kann auf Dauer zum Problem werden. Stress in der Haltung und Unterbeschäftigung des Hochleistungsjägers sind mögliche Gründe dafür. «Hört die Katze nicht mehr damit auf, kann es sein, dass ihre Nerven falsche Signale senden», sagt Herrmann. «Ähnlich wie wenn Menschen unruhige Beine haben und ein stetes Kribbeln verspüren.» Dann können Medikamente helfen.