Nicht umsonst gibt es die Redensart «dieses Wetter lockt keine Katze hinter dem Ofen hervor». Denn den Winter, besonders Tage, an denen es schneit, regnet, stürmt oder einfach nur sehr kalt ist, verschlafen viele Samtpfoten tatsächlich grösstenteils an einem warmen, gemütlichen Plätzchen. Katzen, die ihr Futter nicht selber erlegen müssen, können so auf Ruhezeiten von bis zu 22 Stunden am Tag kommen, selbst leidenschaftliche Freigänger werden oft zu überzeugten Couch-Potatoes. «Katzen sind Komforttiere, die weder Nässe noch Kälte besonders gerne mögen. Haben sie die Wahl, entscheiden sie sich daher im Winter natürlich eher für ein Nickerchen auf der Fensterbank als für einen Spaziergang», sagt Anna Geissbühler-Philipp, Tierärztin für Verhaltensmedizin in der «Kleintierpraxis im Moos» im bernischen Ins.

Aber die Hormone spielen ebenfalls eine Rolle: Wie beim Menschen führt das fehlende Sonnenlicht in unseren Breitengraden bei Katzen, Hunden und anderen Säugetieren zu einer verstärkten Ausschüttung von Melatonin. Normalerweise wird dieses Hormon nur nachts ausgeschüttet und sorgt dafür, dass wir gut schlafen können.

Der Mensch dient als Vorbild
Wenn es aber tagsüber nur noch wenige Stunden hell wird, bleibt der Melatonin-Spiegel auch dann erhöht, wenn wir eigentlich wach sein sollten, und führt unter anderem zu Müdigkeit und Antriebsschwäche. Das kann zumindest beim Menschen und vor allem in den nördlicheren Ländern sogar zu einer Winterdepression führen. Ob es diese Erkrankungen auch bei Tieren gibt, ist wissenschaftlich bislang noch nicht belegt – die Expertenmeinungen gehen in diesem Punkt auseinander.

Sicher ist aber, dass auch der Besitzer grossen Einfluss auf das Verhalten der Katze hat. Und wenn wir ehrlich sind, geht es vielen von uns in diesen Monaten ja nicht viel anders als unseren vierbeinigen Mitbewohnern. Wenn es draussen kalt und ungemütlich ist, wollen viele von uns den Sonntagvormittag lieber mit einem guten Buch und Pralinen im Bett verbringen, als ein Frühstück mit Freunden zu organisieren, den Balkon neu zu dekorieren oder mit der Aufziehmaus durchs Wohnzimmer zu krabbeln, um die Katze zu beschäftigen. Bei dieser Kombination aus wenig einladendem Wetter, Schlafhormonen, Langeweile und einem «schlechten» Vorbild ist es kein Wunder, dass das Winterprogramm vieler Katzen aus Schlafen, Fressen und Ausruhen besteht.

So schön Faulenzen sein kann – zu viel davon ist weder für die Laune, noch für die schlanke Linie gut. «Es gibt Katzen, die jeden Winter ein halbes Kilogramm zunehmen. An sich kein Problem, sofern die Pfunde im Frühjahr dann auch wieder purzeln», sagt Tierärztin Geissbühler-Philipp. Das sei aber oftmals nicht der Fall und so werden einige Katzen Jahr für Jahr dicker.

Eine «Garfield-Figur» behindert
In der Praxis hätten sie und ihre Kollegen die Erfahrung gemacht, dass vor allem reine Wohnungskatzen unter der Wintermüdigkeit leiden. Die meisten Freigänger gehen selbst bei schlechtem Wetter noch gelegentlich vor die Tür, sei es, um ihr Geschäft zu erledigen, die Nachbarskatze aus dem Garten zu vertreiben oder zu schauen, ob sich im Laubhaufen am Gartenhäuschen vielleicht wieder ein Mäuschen versteckt hat. Auch die Rasse scheint eine Rolle zu spielen: «Aktive Rassen wie Siamesen bewegen sich in der Regel auch im Winter noch, während gemütlichere und  menschenbezogene Katzen wie Perser und Birma eher dazu neigen, sehr träge und dann eben eventuell auch übergewichtig zu werden», sagt die Verhaltensmedizinerin.

So ein Katzenbäuchlein sieht zwar süss aus, schränkt aber die Beweglichkeit des Tieres ab einer gewissen Grösse stark ein. Eine «Garfield-Figur» behindert beim Putzen, Klettern, Springen und Spielen und macht dadurch automatisch noch träger. Ein Teufelskreis mit ungesunden Nebenwirkungen. Denn Übergewicht kann bei Katzen unter anderem zu Diabetes, Arthrose und Herzproblemen führen.

Bei Schwergewichten sollte man deshalb schon möglichst im Anfangsstadium die Notbremse ziehen und den Vierbeiner gemeinsam mit dem Tierarzt auf eine ausgewogene, aber kalorienreduzierte Diät setzen. Einen Tierarzt konsultieren sollte man auch, wenn ein grosses Schlafbedürfnis mit Symptomen wie struppigem Fell, Appetitverlust oder plötzlicher Unsauberkeit einhergeht. Dann könnten hinter der vermeintlichen Wintermüdigkeit nämlich gesundheitliche Probleme stecken.

Die beste Medizin gegen Fettpolster, Langeweile und Winterblues ist Spielen. Und das macht am meisten Spass, wenn der Besitzer mitmacht und das neue Wollknäuel durchs Wohnzimmer rollt oder die Katzenangel schwingt. Viele Katzen sind besonders wild auf Spielzeug, das nach Katzenminze riecht und als «catnip»-Spielzeug vermarktet wird.
Einen Teil des Futters kann man auch mal auf einem «Fummelbrett» servieren. Das ist ein Brett mit fest installierten Modulen (Schachteln, Röhren etc.), aus denen die Katze die Leckerbissen mit dem Pfötchen «herausfummeln» muss. Eine mentale und körperliche Herausforderung. Im Fachhandel wird auch diverses Intelligenzspielzeug für Katzen angeboten, das auf dem gleichen Prinzip beruht.

Die Wohnung spannend gestalten
Nicht alle Katzen können Spaziergängen an der Leine etwas abgewinnen. Wer aber einen Stubentiger hat, der sich nach behutsamer Gewöhnung im Haus mit Geschirr und Leine anfreundet, kann ihn im nächsten Park auch mal die Wintersonne geniessen und neue Eindrücke sammeln lassen. Sinn macht das aber wirklich nur, wenn die Katze an den Ausflügen Spass hat – sonst sind sie nämlich keine belebende Abwechslung, sondern Stress.

Auch Veränderungen in der Wohnung können die Katze aus dem Winterschlaf reissen. Das kann zum Beispiel ein Katzentunnel oder ein neues Kletterbord an der Wand sein, das zu einem Aussichtspunkt auf dem Bücherregal führt. Viel Geld ausgeben muss man dafür nicht. Um die Neugier zu wecken und die Katze aus dem Körbchen zu locken, reichen oft schon ein paar leere Pappkartons oder raschelnde Papiertüten auf dem Boden, die zum Erkunden, Klettern, Verstecken und Krachmachen einladen. Am Fenster installierte Futterstationen für Wildvögel sorgen für ein spannendes Unterhaltungsprogramm.

Gerade bei Wohnungskatzen sollte man ausreichend frische Luft und Licht in die Wohnung lassen, um das Problem nicht weiter zu verschärfen. Also regelmässig gut lüften, Jalousien hoch und die schweren Vorhänge auf – das tut übrigens auch den zweibeinigen Bewohnern gut.