Die Qual der Wahl
Welche Katze passt zu mir?
Die Entscheidung, eine Katze bei sich aufzunehmen, soll für ein ganzes langes Katzenleben gelten und Mensch und Tier glücklich machen. Aber wie wählt man die richtige Katze aus? Mit genügend Zeit für wichtige Überlegungen.
Kaum äussert jemand den Wunsch, sein Leben mit einer Katze teilen zu wollen, wird er von allen Seiten mit Vorschlägen und Angeboten bestürmt. Denn an Tieren, die ein neues Zuhause suchen, mangelt es nicht. Ob im Tierheim, aus Privathand oder vom Züchter – es gibt Tiere in allen Altersstufen, Rassen, Fellfarben. Das macht die Wahl zur Qual.
Denn bezaubernd sind alle, und bei so manchem flehenden Blick aus blauen oder goldenen Augen neigt der Zweibeiner dazu, alle Vernunft über Bord zu werfen und nur noch das Herz sprechen zu lassen. Aber wenn Katzenwelpen auch niedlich sind, sind sie doch Rabauken mit viel Platzbedarf, und sie dekorieren gerne die Wohnung neu. Und wer es in seinem Leben eher ruhig und beschaulich mag, ist mit sehr «redseligen Rassen» womöglich auch nicht so gut bedient.
Praktisches zuerst
Hilfe bei der Auswahl der richtigen Katze versprechen Tests im Internet, die die menschlichen Vorlieben bei Katzen abfragen: Grösse? Länge des Fells? Gewicht? Als Antworten präsentieren die Tests dem Ratsuchenden dann eine Auswahl von Rassen – aber jedes Mal wieder andere.
Man kommt nicht drum herum: Es gilt, sich zuerst einmal selbst über den eigenen Lebensstil, die eigenen Wünsche und Erwartungen klar zu werden. Das hat zunächst rein gar nichts mit Rasse oder Äusserlichkeiten zu tun, vielmehr mit praktischen Überlegungen. Muss das Tier tagsüber alleine sein? Und wie? Kann sich der Katzenhalter in spe auch vorstellen, gleich zwei Tiere aufzunehmen, damit bei längeren Abwesenheitszeiten die Katzen sich nicht langweilen? Steht eine Wohnung mit einem Balkon zur Verfügung oder ein Haus? Lässt die Wohnsituation Freigang zu? Kann und darf eine Katzenklappe eingebaut werden? All diese Fragen sollten unbedingt als Erstes geklärt werden.
Dann geht es an die Überlegung, in welchem Alter die neue Mitbewohnerin etwa sein soll. Junge Katzen brauchen viel Beschäftigung, viel Zuwendung, Platz zum Toben und Spielen und sie wollen die Welt erkunden. Da kann das eine oder andere auch mal zu Bruch gehen. Eine erwachsene Katze ist hingegen schon nicht mehr so lebhaft und eine Seniorin braucht wesentlich weniger Platz, freut sich dafür umso mehr über ruhige Zuwendung.
Erst wenn diese Rahmenbedingungen geklärt sind, sollte es an die Frage der Rasse gehen. Muss es überhaupt eine Rassekatze sein? Oder hat nicht eine der unzähligen Katzen in den Tierheimen eine Chance verdient? Auch dort gibt es häufig Katzen, deren Ahnen zu einer Rasse gehört haben und die noch eine dementsprechende Augenfarbe oder Länge des Fells aufweisen. Wem das egal ist, der kann natürlich in jeder Grautigerin oder schwarz-weissen «Kuhkatze» eine Freundin fürs Leben finden.
Genug Zeit fürs Kennenlernen
Wichtig ist, möglichst viel von der Vorgeschichte in Erfahrung zu bringen und nachzufragen, ob die ausgewählte Mieze sich etwa mit Artgenossen verträgt oder ob sie ängstlich und schreckhaft ist. Aber Achtung: Im Tierheim kann das Verhalten eines Tieres ganz anders sein als im heimischen Revier. Es schadet also nicht, die Auserwählte mehrfach zu besuchen und in bestimmten Situationen zu beobachten. Wie reagiert sie auf fremde Menschen? Auf laute Geräusche? Kommt sie von alleine und will Zuwendung? Oder sitzt sie verstört in einer Ecke? Für jemanden, der Wert auf unkomplizierte und schnelle Kontaktaufnahme legt, ist solch eine Katze dann vielleicht nicht die richtige, weil es viel Zeit und Geduld bedarf, einem Tier die Angst zu nehmen.
Das Gleiche gilt für Katzen aus privater Abgabe: Wie ist der Lebensraum gestaltet und wie viele Tiere leben dort? Wie gehen sie auf Menschen zu und wie reagieren sie auf Unbekanntes? Das sagt schon manches über das Verhalten im neuen Zuhause aus. Auch hier gilt: Lieber einmal mehr besuchen und nicht Hals über Kopf eine Entscheidung treffen.
Wenn es eine Rassekatze vom Züchter sein soll, dann ist ja das Aussehen etwas, worauf die meisten Menschen achten. Dabei sind die Verhaltensweisen, die bestimmten Rassen zugeschrieben werden, viel wichtiger.
Aussehen ist nicht alles
Denn grundsätzlich hat die Zucht nicht nur körperliche Merkmale hervorgebracht, sondern auch gewisse Veranlagungen im Verhalten gefördert. So gelten alle Orientalen, die Siam, Thai, Bombay, Orientalisch Kurzhaar und Co., als schnell, schlau und eher als Rudelkatzen, die ohne Artgenossen nicht sein können. Aber sie sind teilweise auch äusserst redselig und lautstark und leicht gelangweilt, wenn ihr reger Geist nicht genügend beschäftigt wird. Grosse und schwere Rassen wie Maine Coons oder Norweger sind schon vom Typ her gemütlichere Naturburschen, die Platz brauchen. Britisch Kurzhaar sind freundliche Zeitgenossen, Perser gelten als besonders ruhig. Aber so einfach ist es eben doch nicht mit den Merkmalen: Nicht jede Perserin ist eine Faulenzerin und nicht jede Bengalin liebt Wasser. Denn der Charakter ist immer die Summe von Genetik, Prägung und Lernerfahrungen.
Und dann schliesslich spielt auch das Aussehen eine Rolle. Wer grazilen Siamesen mit grossen Fledermausohren nichts abgewinnen kann, wird vielleicht eher nach Ragdoll oder Sibirischen Waldkatzen suchen. Aber langhaarige und halblanghaarige Tiere brauchen viel Pflege. Ihnen sind teilweise solche Massen von Fell angezüchtet worden, dass sie die Körperpflege nicht alleine bewältigen können. Wer solche Katzen liebt, muss sich darüber im Klaren sein, dass er mehrfach in der Woche zu Bürste und Kamm greifen sollte, um Verfilzungen zu vermeiden – und das wirklich zuverlässig und regelmässig.
Wie heisst es doch in einem Gedicht von Schiller: «Drum prüfe, wer sich ewig bindet». Das gilt auch bei der Katzenwahl.
Fragen zur richtigen Wahl
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