Der Duden beschreibt den Juckreiz als «prickelnden oder stechenden Haut­reiz, der Jucken verursacht.» Wir alle kennen dieses unangenehme Kribbeln auf der Haut, das in den meisten Fällen zwar lästig, aber harmlos ist. Schon bei einem leichten Jucken verspüren wir den unmittelbaren Drang, uns zu kratzen. Gibt man diesem nach, entsteht ein wohliges Gefühl der Erleichterung, zumal das Gehirn als Belohnung auch noch Endorphine freisetzt.

Kratzt man weiter und stärker, zum Beispiel nach einem Mückenstich, wird dabei die Hautoberfläche verletzt und beginnt vielleicht sogar zu bluten. Der Schmerz, der dabei entsteht, wird als weniger unangenehm empfunden als der Juckreiz, was erklärt, wieso wir manchmal gar nicht mehr aufhören können mit Kratzen.

Unsere Haustiere leiden genauso unter Juckreiz, allen voran das Pferd mit seiner grossen Hautoberfläche, die je nach Stockmass zwischen fünf und zehn Quadratmeter beträgt. Die Haut ist damit das grösste Organ des Pferdes und sie ist einer Vielzahl von äusseren und inneren Einflüssen ausgesetzt, die ihr Gleichgewicht stören können. Die Folge sind nicht infektiöse und infektiöse Erkrankungen, die meist nicht lebensbedrohlich sind, aber das Wohlbefinden des Pferdes stark beeinträchtigen – vor allem wenn sie mit Juckreiz verbunden sind.

Juckreiz schlägt auf die Psyche des Pferds
Pferde können sich mit ihren Zähnen und Hufen am Körper kratzen, was auf die Dauer aber anstrengend ist und vor allem erreichen sie so nur wenige Körperstellen. Wenn es juckt und beisst, reiben und scheuern sich Pferde deshalb meist ziemlich geräuschvoll an Bäumen, Pfählen, Boxentüren und sogar an Artgenossen, die das meistens nicht besonders mögen.

Die Folgen dieser Abwehrmassnahmen sind bald zu sehen: Mähne und Schweif werden struppig, die Haare stehen nach allen Seiten ab oder fallen aus, im Fell entstehen kahle Stellen, es können Schuppen oder Krusten auftreten sowie geschwollene, gerötete und nässende Hautstellen. Bei starkem Juckreiz leiden nicht nur Haare, Fell und Haut, sondern auch die Psyche des Pferdes: Es ist gereizt, unleidig und widerspenstig. Auch für den betroffenen Pferdebesitzer ist diese Situation nicht einfach. Da man dem Pferd die gesundheitlichen Beeinträchtigungen rasch ansieht, gerät der Halter in Verdacht, die Pflege seines Tieres zu vernachlässigen. Auch wenn er den Juckreiz und seine Folgen so schnell wie möglich behandeln will, ist es oft schwierig, die Ursache des lästigen «Beissens» zu erkennen. Denn der Juckreiz selber ist nur ein Symptom und keine Krankheit. Die Auslöser dafür können sehr vielfältig sein.

Decken, Sprays und Wurmkuren helfen
Akutes Hautjucken entsteht in den meisten Fällen durch Parasiten, weshalb im Sommer bei hohem Insektenaufkommen besonders viele Pferde betroffen sind. Fliegen, Mücken, Bremsen und Zecken können ebenso wie Milben und Läuse bei empfindlichen Pferden heftige Hautreaktionen auslösen. Besonders gefürchtet ist das sogenannte «Sommerekzem», eine Kombination aus einer Stoffwechselstörung und einer allergischen Reaktion auf den Speichel der Culicoidesmücke.

Die wichtigste – auch vorbeugenden – Massnahme gegen insektenbedingten Juckreiz ist die Abwehr der geflügelten Plagegeister. Sehr gut bewährt haben sich dafür spezielle, feinmaschige Decken für die Weide, sogenannte Ekzemerdecken, die das Pferd schützen. Auch handelsübliche Insektensprays oder -lotionen verschaffen dem Pferd Erleichterung.

Aber auch Parasiten, die im Inneren des Pferdes leben, können ein Auslöser sein, wie die Pfriemenschwänze. Die Weibchen dieser Wurmart kriechen vor allem nachts aus dem Darm des Pferdes und legen ihre Eier ab. Dadurch entsteht ein starker Juckreiz, der betroffene Pferde veranlasst sich die Schweifrübe zu scheuern, bis die Haare ausfallen. Durch regelmässiges Entwurmen bekommt man diese Parasiten in den Griff.  

Hartnäckiger sind hingegen die ansteckenden Pilzerkrankungen, von denen einige ebenfalls jucken und ausserdem auch auf den Menschen übertragbar sind. Bei Pilzbefall sollte der Tierarzt zugezogen werden, der eine geeignete Therapie vorschlägt – und bei Bedarf das Pferd vorbeugend gegen einen erneuten Hautpilz impft. In der tierärztlichen Praxis hat sich übrigens gezeigt, dass diese Impfung vielen Pferden mit Sommerekzem ebenfalls hilft.

Juckreiz bei Pferden kann auch eine Folge von zu wenig – und sogar von zu viel Hygiene sein. Verdreckte, schlecht ausgemistete Boxen und Besitzer, die ihre Pferde und die Fellpflege vernachlässigen, findet man heute allerdings kaum mehr. Da ist schon eher das Gegenteil der Fall: Pferdebesitzer, die ihre Pferde so lange pützeln und waschen, bis der natürliche Schutzfilm auf der Fell- und Haut­oberfläche zerstört wird. Gewöhnliche Shampoos können den pH-Wert der Haut zerstören und auch Glanz-, Fell- und Mähnensprays sind sorgfältig zu dosieren: Manche Pferde vertragen deren Inhaltsstoffe nicht und reagieren mit Juckreiz. Das Gleiche gilt für die Waschmittel, mit denen Schabracken, Decken und Bandagen gewaschen werden.

Im Zweifel den Tierarzt verständigen
Auslöser für allergisch bedingten Juckreiz enthalten können auch Kraftfutter-Mischungen und industriell gefertigte Leckerli, Pestizide im Heu, Holzschutzmittel im Stall oder am Weidezaun und sogar Chemikalien im Hallenboden. Kann man diese Schadstoffe als Ursache identifizieren und das Pferd davon fernhalten, normalisiert sich in der Regel auch das Hautbild wieder.

Pferde, die von Juckreiz gequält werden, leiden. Bevor man sich an die manchmal langwierige Abklärung der Ursache macht, muss dieses Leiden gelindert und der Teufelskreis aus Jucken-Scheuern-Jucken durchbrochen werden. Im Pferdesport-Fachhandel sowie beim Tierarzt sind verschiedene juckreizstillende, hautberuhigende Lotionen und Emulsionen erhältlich. Es kann auch eine für Pferde zugelassene, milde Haut- oder Heilsalbe wie Ringelblumensalbe aufgetragen werden. Bei trockener Haut verschaffen auch ätherisches Lavendel- und Teebaum-Öl (nicht pur auftragen, sondern vermischt mit einem neutralen Öl, zum Beispiel Baby-Öl) Linderung.

Zeigt das keine oder zu wenig Wirkung und kann die Ursache des Juckreizes nicht zweifelsfrei festgestellt werden, sollte der Tierarzt beigezogen werden. Da Hautsymptome auch Anzeichen einer chronischen Organerkrankung sein können, ist eine gründliche Untersuchung angesagt. Als Halter kann man dem Tierarzt bei der Diagnose helfen, indem man ihm möglichst genau Auskunft gibt, seit wann die Haut- oder Fellveränderung besteht, wie und wo sie sich zum ersten Mal gezeigt hat, ob sich die Symptome seit dem Auftreten verbessert oder verschlechtert haben und ob vorgenommene Behandlungen Wirkung gezeigt haben.  Angelika Nido Wälty