Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten: Eine Vielzahl an Krankheitserregern lauert auf das Pferd in der Umwelt. Schutzlos ausgeliefert ist es diesen Schädlingen aber nicht. Dafür sorgt ein komplexes Abwehrsystem. Die äusserste Schutzbarriere ist die Haut, die, wenn sie gesund ist, das Eindringen von Schädlingen verhindert und mit ihrem ph-Wert sowie mit Talg- und Schweissabsonderungen Mikroorganismen am Wachstum hindert. Der Weg in den Körper wird Angreifern auch erschwert durch Tränenflüssigkeit, Nüsternsekret oder durch die aggressive Magensäure, die mit der Nahrung aufgenommene Keime unschädlich macht. 

Der Darm ist so etwas wie der Hauptsitz des Immunsystems: Er beherbergt über 70 Prozent aller Immunzellen, und 80 Prozent aller Abwehrreaktionen laufen hier ab. Dabei wird genau unterschieden zwischen lebenswichtigen Nährstoffen, «guten» Darmbakterien und krankmachenden Erregern. Daher spielt die Ernährung bei der Stärkung des Immunsystems eine so wichtige Rolle.

Sollten es trotzdem Erreger an diesen Schutzmechanismen vorbeischaffen, gibt es noch die Leukozyten. Die weissen Blutkörperchen, die in den Lymphknoten, in der Milz, im Knochenmark und der Thymusdrüse heranreifen, agieren als «Gesundheitspolizei» im Körper. Sie identifizieren und fressen oder vertreiben Krankheitserreger. 

Nicht nur angeborene Abwehrkräfte
Die beschriebenen Abwehrkräfte sind unspezifisch und somit angeboren: Sie arbeiten, ohne dass der Körper je Kontakt zu den Erregern hatte. Fohlen kommen jedoch mit einem schlecht entwickelten Immunsystem zur Welt. Sie sind darauf angewiesen, mit der ersten Milch, dem Kolostrum, die wichtigsten Antikörper aufzunehmen. Diese schützen das Neugeborene in den ersten Wochen, bis es seinen eigenen Schutzschild gegen Infektionen aufbauen konnte. Ein weiterer Teil des spezifischen, also des erworbenen Immunsystems wird durch Impfungen, etwa gegen Tetanus und Pferdegrippe, aufgebaut. 

Hat das Immunsystem des Pferdes Schwachstellen, sei es durch Mängel in der Fütterung, die Belastung durch den Fellwechsel oder eine Vorerkrankung, werden diese in der nasskalten Jahreszeit schonungslos aufgedeckt. Das Tier ist dann weniger leistungsbereit, schwächelt oder wird ernsthaft krank. Bestehende Atemwegsprobleme können sich durch die winterliche Umstellung auf Stallhaltung und Heufütterung verschlimmern; empfindliche oder vorbelastete Haut ist empfänglicher für Pilzinfektionen oder Mauke; Pferde mit Arthrose leiden in der Kälte stärker unter Schmerzen.

Haltungsbedingungen optimieren
Wie Menschen erkälten sich auch Pferde vor allem im Herbst und Winter. Denn bei Kälte und Nässe überleben Viren leichter. In geschlossenen Ställen, durch die kaum je ein Luftzug weht, bleiben Viren, aber auch Pilzsporen oder Ammoniakgase zudem länger in der Luft und erhöhen das Infektionsrisiko respektive reizen die Atemwege. Eine Erkältung beim Pferd kann sich rasch zu einer chronischen Erkrankung der Atemwege entwickeln, was zu einer grossen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit führt.

Um die Abwehrkräfte zu stärken und Erkrankungen vorzubeugen, sollten die Haltungsbedingungen optimiert werden. Der Vierbeiner braucht jeden Tag genügend Licht, frische Luft und Platz für freie Bewegung sowie Kontakt mit seinen Artgenossen. Kann das Pferd diese natürlichen Bedürfnisse nicht ausleben, sorgt das für Stress, der sich negativ auf das Immunsystem auswirkt. Das gilt auch für häufige Stallwechsel, lange Transporte zu kräftezehrenden Turnieren, schlecht sitzende Ausrüstung, Schmerzen oder permanente körperliche Überforderung.

Dem Ausbildungsstand und Fitnesslevel des Pferdes angepasste Trainings, Ausritte und Spaziergänge in der Natur stimulieren hingegen das Immunsystem. Selbst bei moderater körperlicher Belastung werden Hormone ausgeschüttet, welche die Abwehrzellen dazu bringen, sich schneller zu vermehren.

Bewegung an der frischen Luft tut Pferden zwar gut, aber in der Kälte kostet sie auch mehr Energie. Bei Offenstallpferden oder Pferden, die den ganzen Tag auf der Weide sind, rechnet man in der kalten Jahreszeit deshalb mit einem Mehrbedarf von rund 20 Prozent. Der Futterzustand des Pferdes ist optimal, wenn man seine Rippen durch das Fell spüren, aber nicht sehen kann. Eine ausgeglichene Energie- und Nährstoffbilanz ist die beste Grundlage für ein intaktes Immunsystem. 

Da das spärlich übrig gebliebene Gras in der kalten Zeit kaum noch Nährstoffe enthält, muss das Pferd diese im Winter durch genügend grosse Mengen an qualitativ hochwertigem Heu aufnehmen. Das Raufutter liefert Energie, Eiweiss und die für die Verdauung unerlässlichen Rohfasern. Für Pferde, die über den Winter im Training bleiben und intensiv geritten werden, kann eine Zufütterung von Kraftfutter sinnvoll sein. 

Auch in Bezug auf Mikronährstoffe wie Vitamine, Mineralien, Spurenelemente, Amino- und Fettsäuren ist der Bedarf eines Pferdes abhängig von seinem Alter, Rasse, Gesundheitszustand und der Intensität der Nutzung. Da die Ermittlung des Bedarfs schwierig ist, lohnt es sich Futteranalysen vornehmen zu lassen und sich von einem Experten beraten zu lassen. Denn wird das falsche oder zu viel Mineralfutter verabreicht, kann ein Überfluss an bestimmten Elementen die Aufnahme anderer behindern und Mängel hervorrufen. 

Zink hat eine grosse Bedeutung
Wichtig ist eine ausreichende Versorgung des Pferdes mit Kalzium, Phosphor, Magnesium, Kalium, Natrium, Eisen, Kupfer, Zink, Selen und den Vitaminen A, B, D und E. In Bezug auf das Immunsystem kommt dem Spurenelement Zink eine grosse Bedeutung zu. Eine ausreichende Versorgung (400 bis 600 Milligramm pro Tag) stärkt die Haut, die Fellbildung und unterstützt die Bildung weis­ser Blutkörperchen. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Zink Infektionen wie Erkältungen oder Herpes schneller ausklingen lässt. Förderlich sind auch Beta-Karotin, das in Rüebli enthalten ist, und Mangan. Beide sind am Aufbau der Schleimhäute beteiligt. 

Vitamin C kann das Pferd zwar selber herstellen, bei geschwächten Abwehrkräften und im Krankheitsfall reicht das oft nicht aus. Hier helfen getrocknete Hagebutten. Sie enthalten fast zehnmal so viel Vitamin C wie Zitronen sowie eine ganze Reihe weiterer Vitalstoffe und werden von Pferden gerne gefressen.

Auch Kräuter und Pflanzen, die getrocknet unter das Futter gemischt oder als Tee verabreicht werden, unterstützen direkt oder indirekt das Immunsystem. Dazu zählen Sonnenhut (Echinacea) und die Brennnessel. Sie ist ein natürliches Mineralkonzentrat, das den Stoffwechsel und Harntrieb anregt. Anis, Fenchel, Thymian, Eibisch- und Süssholzwurzel pflegen und schützen die Schleimhäute und beruhigen Husten und bronchiale Infekte. Kamille und Melisse haben antibakterielle Eigenschaften und wirken beruhigend bei Krämpfen und Blähungen oder können zur Kolikprophylaxe eingesetzt werden.