Dermatophytose. Der Fachbegriff klingt fies und ist es auch. Die von Fadenpilzen ausgelöste Infektion ist eine der häufigsten Hautkrankheiten von Pferden. Die Pilze, die sich unter anderem von Keratin, einem Hauptbestand von Säugetierhaaren, ernähren, greifen am Haarschaft an, der daraufhin einfach abbricht. Mehr oder weniger schnell entstehen so die für die Krankheit typischen kreisrunden haarlosen Stellen, die oft leicht schuppen. Das sieht nicht schön aus, beeinträchtigt den Allgemeinzustand des Pferdes aber nur gelegentlich, wenn die Infektion einen Juckreiz auslöst. Schwierig wird es auch dann, wenn die betroffenen Hautstellen in der Sattel- und Gurtlage liegen, da dann die Reibung durch den Sattel Schmerzen verursachen und zu Entzündungen führen kann.

Da die Symptome denen von Milbenbefall oder bestimmten bakteriellen Hautinfektionen ähneln können, stellt der Tierarzt zunächst lediglich eine Verdachtsdiagnose. Gewissheit bringt dann die mikroskopische Untersuchung der Haare und vor allem eine Pilzkultur. Die Dermatophytose ist für das Pferd im schlimmsten Fall sehr unangenehm, kann aber langfristig keine gesundheitlichen Schäden verursachen und klingt oft nach einigen Wochen bis Monaten von alleine wieder ab. Bei mildem Krankheitsverlauf und Pferden mit gutem Immunsystem sind auch spontane Abheilungen möglich.

Pilze mögen es feucht und warm
Trotzdem ist es bei Verdacht auf Hautpilz immer sinnvoll, den Tierarzt zu konsultieren und das Pferd behandeln zu lassen. Zum einen kann man nur so wirklich sicher sein, dass keine andere Krankheit hinter den Problemen steckt. Zum anderen müssen die anderen Pferde im Stall vor der ansteckenden Infektion geschützt werden.

Über die abgebrochenen Haare, die zum Beispiel in einer gemeinsamen Wälzkuhle liegen, sich zwischen dem Putzzeug, auf Sattel- und Abschwitzdecken und Reithosen befinden, können die Erreger schnell und problemlos von einem zum nächsten Pferd gelangen. Allerdings bedeutet das nicht zwangsläufig, dass dieses Pferd dann auch erkrankt. Im Fell eines Pferdes mit gutem Immunsystem und gesunder Hautflora können Hautpilze auch monatelang leben, ohne dass etwas passiert.

«Es gibt verschiedene Faktoren, die das Risiko für eine aktive Infektion erhöhen» ?sagt der Veterinärdermatologe Patrick Hensel. Dazu gehöre ein Immunsystem, das durch Krankheit, Mangelernährung oder etwa Stress geschwächt sei, Haut, die bereits durch Insektenbisse oder Verletzungen in Mitleidenschaft gezogen sei und eine dichte Population der Tiere. Auch fehlende Hygiene und ein feuchtwarmes Klima, in dem die Pilze besonders gut wachsen, begünstigen einen Ausbruch. Gemeinsam mit seiner Frau Nao, die ebenfalls Veterinärin ist, betreibt Hensel in Münchenstein BL eine tierärztliche Spezial- und Überweisungspraxis für Allergien, Haut- und Ohrenerkrankungen aller Tierarten.

Gründliche Hygiene hilft
Um zu verhindern, dass sich eine Dermatophytose in Windeseile ausbreitet, sollte man direkten Kontakt zwischen erkrankten Pferden und ihren Artgenossen vermeiden, für jedes Pferd eigenes Putzzeug verwenden und Bürsten und andere Utensilien auch getrennt voneinander aufbewahren. Infiziertes Putzzeug sollte man – genau wie die Box des betroffenen Pferdes und Reitstiefel – gründlich reinigen und desinfizieren. Decken und Reitkleider werden von den Erregern durch eine Wäsche bei 60 Grad befreit. Um den Pilzen die Vermehrung zu erschweren, sollte man täglich ausmisten, den gesamten Stalltrakt sauber halten und für ein angenehm kühles, luftiges Stallklima sorgen – Massnahmen, die nicht nur Hautpilzen, sondern auch Ungeziefer das Leben schwer machen und sich zudem positiv auf den allgemeinen Gesundheitszustand der Pferde auswirken.

Nach dem Kontakt mit einem vierbeinigen Patienten sollte man selber gründlich die Hände und gegebenenfalls die Arme waschen und desinfizieren. Einmal, um andere Pferde zu schützen. Zum anderen aber auch, damit man selber nicht erkrankt. Denn die Dermatophytose gehört zu den sogenannten Zoonosen. «Wie gross das Ansteckungsrisiko für den Menschen ist, hängt davon ab, mit welchen Dermatophyten das Pferd infiziert ist», erklärt Patrick Hensel. «In den meisten Fällen handelt es sich um die Pilzart Trichophyton equinum, die nur sehr selten eine Infektion beim Menschen auslöst.»

Gelegentlich stecken hinter der Erkrankung aber auch die Pilze Microsporum canis, die meist von Katzen übertragen werden, oder Trichophyton mentagrophytes, die auch bei Nagern vorkommen. Diese zwei siedeln sich eher mal auf menschlicher Haut an. Die Folgen: Kreisrunde, juckende und schuppige Hautstellen, mit denen man den Arzt konsultieren sollte.

Bei einer Infektion ist Geduld gefragt
Die Behandlung einer Hautpilzerkrankung ist zwar nicht besonders schwierig, wohl aber langwierig und zeitaufwendig. «Oft werden antimykotische Waschlösungen eingesetzt, die über längere Zeit angewendet werden müssen. Bis eine Infektion komplett eliminiert ist, können ein paar Monate vergehen», sagt Hensel. Zusätzlich werden oft Impfungen eingesetzt. Dabei werden die Impfstoffe Insol Dermatophyton und Hippo-Trichon zwei- ?bis dreimal im zweiwöchigen Rhythmus gespritzt. Sie können der Prophylaxe dienen und im besten Fall verhindern, dass sich ein Pferd überhaupt ansteckt.

Bei Pferden, die bereits erkrankt sind, können sie die Heilung beschleunigen und die Symptome abschwächen. «Damit die Impfung einen positiven Effekt haben kann, muss aber das Immunsystem intakt sein», betont der Fachmann. Eine zusätzliche hilfreiche Massnahme ist, den Patienten der Sonne auszusetzen. UV-Strahlung reduziert nämlich die Anzahl der Pilzsporen.