Es beginnt von einem Tag auf den anderen. Plötzlich fängt das Ross an zu lahmen und eines seiner Beine schwillt an. Der Tierarzt diagnostiziert ein Hufgeschwür. Es wird behandelt und heilt wieder. Doch zu früh gefreut. Einige Wochen später folgt das nächste, dann noch eines und schliesslich hat das Pferd mehrere Hufgeschwüre binnen weniger Monate. Dabei hatte es bislang nie Probleme mit seinen Hufen. Ein Einzelfall? Nein. Durchstöbert man die Internet-Foren und unterhält man sich mit Reitern, gibt es diese Entwicklung öfter, als man denkt. Warum?

Zum einen komme es sehr auf die Haltung an, sagt Michael Müller. Der Schweizer Hufschmied arbeitet eng mit Tierspitälern zusammen und weiss, dass beispielsweise ein sonst so praktischer Offenstall in regnerischen Zeiten zu einem echten Problem werden kann, auch wenn der Stall selber trocken ist. Indem das Pferd permanenten Zugang zur Weide hat, steht es wortwörtlich auch des Öfteren mal im Regen. Die Feuchtigkeit ziehe in die Hufe ein und weiche sie auf, erläutert Müller. Und womöglich war das Pferd vor Kurzem auch noch krank, hat Medikamente bekommen oder ein neues Futter, das zu nährstoffarm ist.

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Ein Tierarzt versucht mit der Zange, den
Entzündungsherd im Huf zu finden.
Bild: AsyaPozniak / shutterstock.com

Nicht verharmlosen
All das kann zu einer verminderten Hufqualität führen. Reitet man dann noch über steinige Feldwege, sei es schnell passiert: Ein Stein bohrt sich in den aufgeweichten Huf, drückt auf die Sohle und verursacht einen Abszess, einen eitergefüllten Hohlraum zwischen Hufhorn und Huflederhaut.

Ein Hufgeschwür ist nicht zu verwechseln mit der möglichweise tödlich endenden Hufrehe (siehe Kasten), aber dennoch nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Es ist eine Entzündung, die zu eiternden Abszessen führt, und die häufigste Lahmheitsursache unserer Pferde überhaupt. Zu erkennen ist sie daran, dass der erkrankte Huf warm und angeschwollen ist und die Tiere plötzlich hinken. Sie entlasten das betroffene Bein, indem sie es vorstellen, denn schon allein der Druck durch den Eiter auf die empfindliche Huflederhaut ist sehr schmerzhaft. In schweren Fällen spricht man von einem tiefen Hufgeschwür. Dabei dringt die Entzündung in die tieferen Schichten der Huflederhaut ein und kann somit auch das Hufbein und das Hufgelenk belasten – zu erkennen an dem oft gelblichen statt grauen Eiter.

Die Diagnose ist meistens einfach
Treffen kann es jede Art von Ross, junge ebenso wie alte, Turnierprofis ebenso wie Freizeitpferde. Trotz der Häufigkeit dieser Erkrankung ist ihre Ursache oft ein Mysterium, sodass es meist bei einer reinen Symptombehandlung bleibt. «Über Hufe ist relativ wenig erforscht und wissenschaftlich belegt. Alles, was mit Hufen zu tun hat, ist sehr komplex», sagt Müller. Meist seien die Übeltäter tatsächlich Gegenstände wie Steine oder Nägel, die in den Huf eindringen.

Doch es gibt noch eine Vielzahl anderer Erkrankungen, die als Auslöser infrage kommen. Darunter Quetschungen, Ballen- oder Kronsaumverletzungen, Hornspalt oder -kluft und ebenfalls die angsteinflössende Rehe. Auf Letzteres folgt meistens eine Hufbeinrotation, die zu einer empfindlichen Sohle führt. Da dabei in der Regel auch die Hornqualität nachlässt, sind die Wände mürbe und begünstigen das Entstehen eines Hufgeschwürs.

So schwierig sich die Suche nach der Ursache auch gestaltet, leichter ist meistens die Diagnose an sich. Der Huf ist zum einen wie erwähnt wärmer als sonst und zum anderen erhöht sich aufgrund der verstärkten Durchblutung der Puls des Tieres. Mithilfe einer Hufzange kann der Tierarzt den Huf abdrücken und so feststellen, wo es wehtut. Ist das Ergebnis dennoch unklar, kann ein Röntgenbild Aufschluss geben beziehungsweise zumindest eine Fraktur oder Ähnliches ausschliessen. Wem das zu kostspielig ist, der kann auch zuerst nur einen feuchten Hufverband anlegen, um den Abszess zum Reifen zu bringen.

Deutet am Ende alles auf ein Geschwür hin, geht es darum, den Eiter abfliessen zu lassen. Das geschieht, indem man den Huf aufschneidet, bis man auf gesundes Horn stösst. Nur so ist sichergestellt, dass sich die Bakterien nicht weiterfressen. So ist eine Besserung schon nach wenigen Tagen erkennbar, der Verband kann entfernt werden und nach rund einem Monat sollte das Ross wieder voll einsatzfähig sein. Es sei denn, es ist wie im oben beschriebenen Fall über mehrere Wochen feucht und regnerisch. Dann kann sich die Heilung um einige Zeit verzögern.

Schuhe können auch negativ wirken
Doch was kann man tun, wenn der Tierarzt nicht sofort Zeit hat? Dann ist es meist das Beste, den Huf erst mal mit einer Schwitzpackung zu versehen. Dazu einen feuchten Lappen um den Huf wickeln, eine Plastiktüte darüberstülpen und das Ganze bandagieren. Als Hausmannsrezepte bekannt sind auch Sauerkraut- und Seifenwasserwickel. Zur Prävention werden einige Pferde mit Schuhen ausgestattet. Da aber jedes Pferd eine andere Hufform und einen anderen Gang hat und jeder Schuh verschiedene Eigenschaften, könne das im schlimmsten Fall auch negative Folgen haben, warnt Müller. Es müsse auf Abrollpunkte, Winkel und vieles mehr geachtet werden, um etwa Verstellungen zu vermeiden. «Wir haben keinen Röntgenblick. Wir sehen nicht, was der Schuh wirklich bewirkt», sagt der Hufschmied. Mit einem Verweis auf den harten Schweizer Boden, rät er daher immer zu Hufeisen.

Gefährliche Hufrehe

Die Hufrehe ist eine Entzündung des Hufbeinträgers und kann sich auf die Seitenbereiche des Hufs und die Sohle ausdehnen. Ursachen können Infektionskrankheiten sein oder eine Überlastung des Hufs. Die Symptome sind immer ähnlich: Das Pferd lahmt und nimmt eine Schonhaltung ein. Da es sich oft um eine Art Vergiftung des Körpers handelt, kann die Krankheit im schlimmsten Fall tödlich verlaufen.