Tauben sind Körnerfresser. So jedenfalls ist noch heute die landläufige Meinung vieler, und zwar nicht nur von Taubenzüchtern. Wer sich die Lebensverhältnisse von Tauben in freier Natur allerdings genauer anschaut, merkt, dass Körner nur in sehr beschränktem Umfang als Nahrungsmittel für diese Tiere in Betracht kommen. Zumindest Körner in getrocknetem Zustand, wie sie in den meisten Taubenfuttern daherkommen. 

Eigentlich käme gekeimtes Getreide viel eher dem natürlichen Nahrungsangebot von Tauben entgegen. Dazu kommen Grünfutter, Mineralien und nicht zuletzt tierische Nahrungsbestandteile. In aller Regel achten Taubenzüchter darauf, dass ihren Tieren alles zur Verfügung gestellt wird, was sie brauchen. Nicht umsonst hat sich Körnermischfutter auf breiter Front durchgesetzt. Ergänzt wird es durch allerlei Zusatzfuttermittel. Gerade in diesem Bereich hat sich ein richtiger Markt entwickelt und jeder Züchter hat sein Patentrezept, auf das er schwört.

Eine Körnchenpickerei
In der Geflügelfütterung, die nicht so weit von der Taubenfütterung entfernt ist, was die Inhaltsstoffe anbelangt, ist man schon viel früher andere Wege gegangen. Eine Fütterung mit reinem Körnermischfutter ist hier kaum noch anzutreffen. Die Gründe dafür sind eindeutig und ebenso nachvollziehbar: Jedes Korn sieht anders aus; Form, Grösse und Farbe variieren stark, genauso wie die Inhaltsstoffe jedes einzelnen. 

Bei Körnermischfutter besteht deshalb immer die Gefahr, dass die Tiere selektiv fressen. Das heisst, dass sie sich die Körner herauspicken, die sie besonders mögen beziehungsweise deren Grösse und Farbe ihrem Fressmuster besonders entsprechen. Taubenzüchter werden rasch merken: Runde Körner kommen besser an als längliche, kleine besser als grosse und glatte besser als raue oder geriffelte. Auf die Praxis übertragen heisst das zum Beispiel, dass Weizen beliebter ist als Gerste oder Hafer. Erbsen werden lieber gepickt als Mais oder Ackerbohnen. 

Untersuchungen des Kropfinhaltes von Tauben haben gezeigt, dass selbst bei knapper Fütterung eines Mischfutters je nach Taube eine zum Teil auffallend hohe Anzahl einzelner Kornsorten zu finden sind. Manche Tauben bevorzugen also ganz gezielt diese oder jene Körnerart. Das kann unter Umständen zu einer einseitigen Ernährung mit all ihren negativen Begleiterscheinungen führen, da geht es den Tauben nicht anders als uns Menschen. Das fällt bei Rassetauben meist nicht sonderlich auf, schliesslich müssen sie körperlich nicht viel leisten. Bei Brieftauben sieht das schon ganz anders aus, Legehühner sind noch einmal eine andere Kategorie. Schliesslich sind sie es, die strikt nach Leistungsmerkmalen selektiert und gezüchtet werden.

Auch bei Schrot noch wählerisch
Was lag also – gerade für Hühnerhalter – näher, als das ganze Problem der Futteraufnahme einfach beiseite zu legen. In einem ersten Schritt boten sie ihren Tieren geschrotetes Korn an. Damit war in der Theorie ein selektives Aufnehmen kaum mehr möglich – zumindest in der Theorie. In der Praxis hat sich nämlich sehr schnell herausgestellt, dass Hühner und Tauben selbst bei diesen winzigen Futterteilchen äusserst wählerisch sind. Also ging man einen Schritt weiter und entwickelte das sogenannte Presskorn. Dazu werden die einzelnen Futterbestandteile fein geschrotet und dann wieder zu kornförmigen Pellets gepresst.

Dies geschieht durch eine Pelletpresse, und zwar unter Hilfe von Dampf, Fett oder Melasse. Dies ist wichtig, um die Pellets dauerhaft stabil zu halten. Je nach Durchmesser der Pressform hat auch das Pellet seinen Durchmesser, die Länge lässt sich ebenfalls variieren. In der Geflügelfütterung hat sich die Pelletfütterung schon auf breiter Basis durchgesetzt. Bei Tauben steckt sie noch in den Kinderschuhen. Zum einen ist der Markt deutlich kleiner und zum anderen ist die Nachfrage (noch) kaum vorhanden. Dabei sollten Taubenzüchter nicht auf die Vorteile von Pellets verzichten.

Da die Anforderungen von Hühnern und Tauben nicht weit auseinanderliegen, greifen viele Züchter auf Pellets aus der Hühnerfütterung zurück. Es gibt sie entweder für Hühner, Junghühner oder für Küken. Mit Ausnahme von sehr grossen Tauben, die auch mit Hühnerpellets zurechtkommen, sind solche für Junghennen oder Küken besser geeignet. Sie sind kleiner und weniger kantig, sodass sie von den Tauben gerne gefressen werden. Sie kommen den bevorzugten Getreidekörnern wie etwa Weizen sehr nahe.

Über die Fütterungsweise der Pellets gibt es verschiedene Ansichten. Sinnvoll kann es sein, sie in ein Körnerfutter hineinzumischen. Dann besteht aber wieder die Gefahr, dass einzelne Tauben davon viel, andere hingegen  weniger oder gar nichts abbekommen. Eine solche Fütterung ist deshalb nur empfohlen, wenn die Tauben nur wenig Futter aufs Mal bekommen, das sie in rund zehn Minuten verputzen können. Dann nämlich kommt ein grosses Sortieren gar nicht infrage, da die schnellstmögliche Futteraufnahme an erster Stelle steht.

Nützlich für Elterntiere
Eine sinnvolle Alternative kann sein, die komplette Futterration aus Pellets zu gestalten. Das hat den Vorteil – Hunger der Tauben vorausgesetzt – dass wirklich jede Taube davon frisst. Voraussetzung dafür ist dann allerdings, dass die Tiere zweimal fressen dürfen – einmal Pellets und einmal Körner. Denn eine alleinige Fütterung von Pellets hat sich selbst in der Forschung zur Wirtschaftstaubenhaltung nicht durchgesetzt. 

Wenn Pellets allein nicht reichen, darf ein Taubenzüchter getrost fragen, weshalb er überhaupt Pellets verfüttern soll. Wie erwähnt haben Pellets eine ausgewogene Zusammensetzung, was die Nährstoffe angeht. Selbst Mineralien sind in aller Regel beigemischt. Gerade während der Zuchtzeit, wenn Jungtauben und Küken gezogen werden, hat das Vorteile. Selbst wenige Pellets genügen, um den Kropf sehr nahrhaft zu füllen. Gerade bei Paaren, die ihre Jungtiere etwas schwächer füttern, können Pellets ein wichtiges Futtermittel sein. Dasselbe gilt für die Zeit der Umstellung von Kropfmilch auf Körner.

Aufpassen muss man allerdings, dass die Tiere immer über ausreichend Wasser verfügen. Damit sich die Pellets im Magen der Taube nämlich in ihre Bestandteile auflösen, braucht diese mehr Wasser als üblich. Es gibt Taubenrassen, die von Haus aus über einen etwas weicheren Kot verfügen. Bei ihnen wird sich dieser Effekt noch verstärken. Der Züchter muss hier abwägen, ob er das will. Auf einen Versuch kann er es aber ruhig ankommen lassen. Überhaupt wird sich noch zeigen, ob sich die Pellet-Beifütterung bei Tauben auf Dauer durchsetzen wird. Sie steckt zwar noch in den Kinderschuhen, doch, zielgerichtet eingesetzt, wollen viele Züchter darauf nicht mehr verzichten.