Wer derzeit spazieren geht und sich ein bisschen umschaut, erblickt fast sicher irgendwo Löwenzahn. Im Frühjahr sind viele Wiesen durch seine gelben Blüten geprägt. Selbst in Städten sieht man ihn, wo er kleinste Ritzen im Asphalt und zwischen Steinplatten nutzt, um Wurzeln zu schlagen. Die Samen werden wie kleine Fallschirme gestreut und Kinder freuen sich daran, mit den Pusteblumen zu spielen. Löwenzahn ist dabei so gewöhnlich, dass wir ihn gar nicht richtig wahrnehmen. 

Gerade das sollten wir aber tun, und zwar nicht nur als Kaninchenzüchter, die die Blätter besonders gerne verfüttern. Auch Taubenzüchter sollten sich über einen umfangreichen Vorrat an Löwenzahn freuen. Die Blätter werden nämlich auch von den Tauben sehr gerne gefressen. 

Wer will, kann sie klein schneiden und den Tauben direkt anbieten. Um die Vögel erst einmal an das neue Futter zu gewöhnen, hilft eine kleine Prise Salz auf den Blättern. Tauben picken die Blätter aber sehr bald auch gerne direkt. Gerade bei dieser Variante entsteht der Eindruck, dass es den Tauben gefällt, mit den langen Blättern herumzuhantieren. Sie sind beschäftigt, und das wiederum beugt blossem Herumsitzen vor. 

Manche Züchter gehen sogar noch einen Schritt weiter. Sie graben ganze Löwenzahnstöcke aus und legen sie in die Voliere. An der langen Wurzel bleibt immer Erde hängen, die die Tauben ebenfalls gerne fressen. Bei all diesen Methoden besteht das Problem, dass mit Sicherheit nicht alle Tauben etwas davon abbekommen. Wer das umgehen will, kann die gesamte Pflanze mit etwas Öl mixen und dann über das Körnerfutter geben. Bindet man das dann mit Futterkalk oder Bierhefe ab, bekommt jede Taube ihre Ration.

Stabile Knochen dank Vitamin K1
Selbst als Tee nutzen Züchter Löwenzahn. Dabei werden sowohl die Blätter als auch die Wurzeln verwendet. Solange frische Blätter zur Verfügung stehen, kann man sie ruhig nutzen. Für den Winter ist es sinnvoll, sich ein Depot anzulegen. Das heisse Sommerwetter ist zum Trocknen nämlich ideal.

Dabei stellt sich die Frage, was mit diesem zusätzlichen Aufwand erreicht wird. Die Antwort: ziemlich viel. Die vielen Bitterstoffe im Löwenzahn sorgen dafür, dass die Sekretbildung im Verdauungsprozess der Taube angeregt wird. Da man weiss, wie wichtig die Verdauung für das Wohlbefinden der Tiere ist, scheint es logisch, sich das zunutze zu machen. Hinzu kommt der hohe Gehalt des Vitamins K1, das besondere Bedeutung für den Blutaufbau und die Knochenstabilität besitzt. Schon alleine dadurch kann eine eventuelle Mangelerscheinung im Organismus der Taube verhindert werden. 

Ein bisher fast unbekannter Faktor in der Taubenhaltung ist der Pflanzensaft, den Löwenzahn in den dicken Blattadern und in den Blütenstängeln hat. Da dieser Saft weiss ist, nennt man ihn auch «Milch». Wer – vor allem im Frühling – auf die Blätter drückt, sieht, wie diese Milch an der Abbruchstelle satt auftritt. Hat eine Taube ein sogenanntes «feuchtes Auge», hilft ein Tropfen. Nach zwei Tagen ist das Auge wieder trocken. Also eine einfache und vor allem natürliche Methode, diesem Übel Herr zu werden. 

So gewöhnlich Löwenzahn ist, so wertvoll ist er, und zwar in allen Pflanzenteilen. Und da er überall zu finden ist, muss sich der Taubenzüchter nicht einmal gross um die Beschaffung bemühen.