Auf dem Markt entscheidet das Auge: Die Konsumenten greifen zum kräftig grünen Kopfsalat und wählen das Bund Rüebli mit dem frischen, saftigen Kraut. Ganz ähnlich sollte die Auswahl getroffen werden, wenn es um neue Gäste für Garten, Balkon oder Wohnzimmer geht, sagt Karl Sennhauser. Der eidgenössisch diplomierte Gärtner und Leiter des Wyss-Gartenhauses Muttenz BL betont, der prüfende Blick sei das A und O eines jeden Pflanzenkaufs. 

Derzeit läuft bei Wyss eine Orchideenschau mit über 100 Sorten. Sein Unternehmen sorge mit einem klimatisierten Transport dafür, dass die sensiblen Pflänzchen in optimaler Verfassung im Laden ankommen. «Würde die Klimakette unterbrochen, könnten Schäden an den Pflanzen entstehen», sagt Sennhauser. Das zeige sich schon nach ein paar Tagen in Form von schlaffen oder gelben Blättern. 

Ein weiteres Indiz, dass ein Angebot nicht die optimale Qualität hat, sind abgestorbene Triebe. Selbst Laien können das erkennen – etwa bei der beliebten Schmetterlingsorchidee (Phalaenopsis): In der Natur wurzelt die Pracht hoch im Geäst von tropischen Baumriesen, ihre Wurzeln sind somit dem Licht ausgesetzt. Aus diesem Grund bieten die Gartencenter die Schmetterlingsorchideen in durchsichtigen Gefässen an. Das erlaubt den Check: Sind die Wurzeln nach dem Giessen kräftig grün und schimmern silbrig, wenn sie Wasser benötigen, ist alles in Ordnung. 

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Vorsicht hingegen ist am Platz, wenn sie schwarz sind. Dies deutet auf zu viel Wasser und Fäulnisprozesse hin. Gerade bei den relativ teuren Orchideen empfiehlt es sich, die Pflanze vor dem Kauf minutiös zu untersuchen. Umgekehrt können Sammlerinnen und Sammler auch ein Schnäppchen machen: «Wer sich mit Orchideen auskennt, kann bei einer 50-Prozent-Aktion ruhig zugreifen. Bei korrekter Behandlung darf mit einer nächsten Blüte gerechnet werden», sagt Sennhauser. Schlechte Qualität wandere dagegen – zumindest in seiner Firma – konsequent auf den Kompost.

Blühende Rosen sind fit
Auch beim Frühlings- und Sommerflor gilt es, auf frische, kräftige und gesunde Pflanzen zu achten. Gelbe Blätter lassen entweder auf eine zu trockene oder zu feuchte Behandlung schliessen. Von solchen Hyazinthen oder Tulpen lässt man besser die Finger. Doch selbst, wer einwandfreie Ware kauft, kann eine Überraschung erleben: Wartete etwa der Märzenbecher im Supermarkt ein paar Tage lang an der Wärme auf den Verkauf, kommt für ihn der Wechsel auf den Balkon einer Schocktherapie gleich. Umgekehrt schiessen Pflanzen, die in vielen Gartencentern im Freien stehen, im warmen Wohnzimmer relativ schnell auf.

Ob man Winterblüher wie etwa die Zaubernuss (Hamamelis) mit oder ohne Blütenpracht kauft, spielt keine Rolle. Wichtig ist hingegen, dass der Wurzelballen intakt ist: «Er darf weder ausgetrocknet noch komplett durchwurzelt sein, weil so die Wurzeln keinen Platz mehr im Topf haben», warnt Sennhauser. Der erste Blick kann aber auch fälschlicherweise auf eine matte Pflanze schliessen lassen. Die meisten Stauden etwa überwintern im Wurzelbereich, oberirdisch sind nur braune, gekappte Stängel sichtbar. Hier rät Sennhauser, die Pflanze buchstäblich beim Schopf zu packen und ein paar Rucke zu tun. Ist sie zu schwach durchwurzelt oder gar abgestorben, fällt dies sofort auf. 

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Auch Rosen können grundsätzlich rund ums Jahr in den Garten einquartiert werden. Wer sie blühend einkauft und einpflanzt, hat die Gewissheit, dass sie fit sind. Doch auch wer bereits im Februar ins Gartencenter fährt, muss die Rose nicht im Sack kaufen: «Wichtig ist, die schlafenden Augen genau zu inspizieren», betont Karl Sennhauser. Sind sie voller Leben und grünlich bis rötlich, werden sie auch im Garten treiben. Vertrocknete Augen und schwarze Triebe hingegen sind ein schlechtes Zeichen. Ähnliches gilt für den Kauf von Sträuchern, die in der kalten Jahreszeit auf den ersten Blick ebenfalls tot aussehen. Auch hier gilt es, die Triebe zu prüfen. Eine Möglichkeit ist es, ganz vorsichtig mit dem Fingernagel die Rinde zu ritzen und so zu kontrollieren, ob darunter Grün aufscheint – was ein gutes Zeichen ist. 

Zugwind mit Spätfolgen
Auf Nummer sicher geht, wer einen blühenden Strauch oder gar einen Obstbaum mit Früchten einpflanzt. Allerdings ist es mit Sträuchern und Bäumen wie mit Menschen: Sie müssen sich an die neue Umgebung gewöhnen. Im ersten Jahr nach dem Umzug bilden sich ihre Wurzeln aus, sie gewöhnen sich ans neue Mikroklima und die Ernte fällt bescheiden aus. Wer in der Baumschule dennoch unsicher ist, wie vital der neue Boskoop ist, lässt sich vom Fachmann beraten. Gelegentlich kann es selbst in Qualitätsbetrieben dazu kommen, dass ein Winterschaden entsteht und ein Strauch im Frühling nicht richtig austreibt. In solchen Fällen tauschen die Verkäufer die Pflanze anstandslos aus.

Schlecht umtauschen lassen sich dagegen Gemüsesetzlinge, die nicht richtig gross werden wollen. «Hier empfehle ich, unbedingt auf Schweizer Qualität zu achten», mahnt Sennhauser. Denn wie man seinen Gästen nur im Notfall holländischen Kopfsalat vorsetzt, ergeben auch Salatsetzlinge aus dem Norden wenig Sinn – zu lange ist ihr Transportweg. Dazu kommt, dass die hiesigen Setzlingsproduzenten ohnehin am besten wissen, welche Gemüsesorten in der Schweiz gut gedeihen und später auch auf dem Teller gefragt sind. 

Zimmerpflanzen hingegen stammen häufig aus ausländischen Kulturen. Wer nicht aufs Gratwohl einkauft, wird bemerken, wenn sich Spinnmilben, Schildläuse oder Wollläuse eingenistet haben. In diesem Fall ist besser den Topf stehen zu lassen, um sich die Plagegeister nicht in die Wohnung zu holen. Zudem lohnt es sich, nicht nur auf einwandfreie Blätter und Blüten zu achten, sagt Sennhauser. «Immer wieder sind Pflanzen im Laden dem Zugwind ausgesetzt.» Die paar wenigen Tage bis zum Verkauf geht das gut. Doch die Zimmerbewohner sind nachtragend. Gelegentlich kommt es vor, dass das immergrüne Prachtstück daheim buchstäblich kollabiert. Wer sich an seiner Zimmerpflanze lange erfreuen will, achtet also auch auf die korrekte, geschützte Platzierung schon beim Verkäufer.