Sie wurde plötzlich zum Star. Jahrelang streckte die Pflanze ihre kahlen Ranken über das Büchergestell, die dunkelgrünen, tropfenförmigen, fleischigen Blätter setzten Staub an. Kaum jemand beachtete sie, nur ab und zu wurde sie gegossen. Jetzt aber zieht sie alle Blicke auf sich. Überall an den rutenartigen Ranken leuchten Blüten, die einen sehr betörenden Duft verströmen und Nektartropfen bilden, die abgeleckt werden können.

Sie sind süss wie Honig. Die Blüten sehen wie Porzellan aus. Was da so sehr bezaubert, ist die Hoya carnosa. Wenn etwa Pflanzenliebhaberinnen und -liebhaber von der Wachsblume sprechen, geht es meist um sie.

Hoya carnosa ist aber nur eine von rund 400 Hoya-Arten. Da sie aus den Subtropen stammt und auch an trockenen Standorten gedeiht, ist sie die wohl pflegeleichtest Art der Gattung. In Nordindien, Südchina, Taiwan und Südjapan wächst sie an Bäumen empor oder hängt von Felsen, als Zimmerpflanze klettert sie an Büchergestellen und Stangen oder lässt ihre Ranken als Ampelpflanze hängen. Auch wenn die Erde im Topf seit vielen Jahren nicht mehr gewechselt wurde und wie Beton wirkt, die Hoya wächst und blüht.

Zwei Wochen Trockenheit steckt sie ebenso weg wie die steinharte Erde. In ihren dicken Blättern speichert sie Feuchtigkeit und zehrt davon, wenn Wasser knapp wird. Auch in der Natur wurzelt sie auf kargen, harten Böden und nimmt so die wenige Feuchtigkeit mit Nährstoffen auf. Diese Eigenschaft erklärt, warum ihr die steinharte, alte Erde nicht schadet. Schösslinge wurzeln im Wasserglas. Bei Jungpflanzen ist Geduld angesagt. Es dauert viele Jahre, bis eine Hoya carnosa blüht. Doch wenn sie einmal Blüten an den nackten, langen Trieben angesetzt hat, blüht sie einmal jährlich immer wieder.

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Verträgt keine Staunässe

Oft beginnt alles mit einer Hoya carnosa. Der Pflanzenliebhaber entdeckt mit ihr die Welt der Wachsblumen. Das Resultat: Bald bilden mehrere Arten eine kleine Sammlung. Viele Hoya-Arten sind bei spezialisierten Gärtnereien erhältlich. So wie im Orchidarium von Daniel Page in Prangins VD. Er bietet ein grosses Artenspektrum von Wachsblumen an. Der Pflanzenfreund hat sich als einer der wenigen auf Wachsblumen spezialisiert und zieht, nebst Orchideen, über 80 Arten selbst in seinen Treibhäusern nach. Er suche immer wieder im Angebot von Gärtnereien Asiens nach neuen Arten, um sie zu kultivieren, sagt der grosse Pflanzenliebhaber.

«Hoyas mögen absolut keine nassen Füsse», betont Page. Er hat ein luftiges Substrat entwickelt, in dem die Pflanzen gut gedeihen und das keine Staunässe zulässt. Auch wenn Hoyas nicht mit Orchideen verwandt sind, haben sie diesbezüglich ähnliche Ansprüche. Die meisten Arten beider Familien sind oft Aufsitzerpflanzen, also Epiphyten, und können Wasser speichern.

Der Wachsblumenexperte rät, trotz der Anspruchslosigkeit vieler Arten, sie alle paar Jahre umzutopfen. Er stellt klar: «Hoyas gedeihen in kleinen Töpfen besser.» Auch das macht sie zu idealen Zimmerpflanzen. Zudem empfiehlt er, vom Frühling bis in den Herbst einen Spezialdünger zu reichen.

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Wachsblumen zeigen einen Wachstumsschub, wenn ihnen während der warmen Jahreszeit Sommerfrische gegönnt wird. Einziges Problem ist, sie im Frühling nach und nach an die direkte Sonne zu gewöhnen. Es gibt Arten, die an der Vollsonne gedeihen, andere aber wachsen im Schatten.

Halbsonnige Standorte sind für die meisten Arten ideal. Während des Sommers wachsen beispielsweise die Ranken der Hoya carnosa auf dem Balkon dem Licht entgegen. Sie winden sich um Storenstangen, doch können sie im Herbst, wenn die Pflanze wieder ins Zimmer muss, behutsam einfach gelöst werden. Die Triebe wurzeln nicht an wie Efeu, sondern schlingen lediglich.

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Viele Hoya-Arten sind tolerant gegenüber Temperaturschwankungen. Subtropische Arten sind zeitweise kühlere Grade gewohnt, ebenso wie etwa Hoya plicata, die im Hochland Malaysias gedeiht, wo die Temperatur während der Nacht absinkt. Hoyas bilden im Winter ideale lebende Vorhänge, wenn die Töpfe direkt am Fenster aufgehängt werden. Die Ranken wirken als attraktiven Sichtschutz.

Einziges Problem im Winter bei der Zimmerhaltung sind Schmierläuse, die sich in den Blattrispen oder an den -unterseiten festsetzen. Die Blätter knicken bei manueller Entfernung der Läuse schnell ab. Darum ist es besser, die Pflanze in die Badewanne zu stellen und mit handwarmem Wasser abzuspritzen. Die lästigen Schmierläuse halten den Wasserstrahlen nicht stand, und für die Pflanze ist eine Dusche wohltuend. Sie soll ja wieder mit ihrem Duft betören.