Langsam klettert die kleine, schwarz gerippte Larve am Rosenstängel hoch und labt sich im Vorbeigehen an den Blattläusen, die dort in grossen Ansammlungen sitzen. Bis sich die Larve dereinst verpuppt und in einen Marienkäfer verwandelt hat, wird sie Hunderte von Blattläusen verspeist haben. Sie ist einer von vielen Nützlingen, die Gärtnern das Leben erleichtern. Der Sammelbegriff «Nützling» ist weit gefasst. Er bezeichnet nicht nur Insekten, sondern auch Amphibien und Kleintiere wie Igel oder Fledermäuse. Ihnen ist gemeinsam, dass sie den Gärtner im Bestreben unterstützen, gesunde Pflanzen heranzuziehen.

Dies tun sie auf ganz unterschiedliche Weise. Etwa, indem sie unliebsame Schädlinge in Schach halten oder die Nutzpflanzen im Gemüse- sowie im Obstgarten bestäuben und dadurch überhaupt erst einen Ertrag ermöglichen. Zu ihnen gehört eine ganze Schar, angefangen bei den Ohrwürmern, auf deren Speiseplan Spinnmilben und Blattläuse stehen, bis hin zu den Wildbienen, von denen allein in der Schweiz über 600 verschiedene Arten leben. Ohne sie gäbe es bei uns praktisch keine Äpfel und Birnen, denn gemeinsam mit den Schwebfliegen bestäuben sie den Grossteil unserer Wild- und Nutzpflanzen.

Gratisarbeit belohnen
Die Nützlinge verrichten ihre Arbeit gratis und franko, vorausgesetzt, wir liefern ihnen im Gegenzug einen Lebensraum, in dem sie Unterschlupf und Nahrung finden. Doch wie genau lockt man sie in den eigenen Garten? In zu aufgeräumten Umgebungen fühlen sie sich nicht wohl. Die kleinen Helfer schätzen eine gewisse Nachlässigkeit seitens der Gartenbesitzer. Ein guter Grund, sich auch mal hinzusetzen und zu geniessen, anstatt jede verblühte Pflanze gleich bodeneben abzuschneiden. Gerade Insekten und Vögel schätzen stehen gebliebene Samenstände als Nahrungsquelle besonders. Ebenso wichtig sind geschützte Rückzugsorte wie die Ritzen einer Trockenmauer, ein Ast- oder Steinhaufen.

Der Ohrwurm zieht sich gerne in einen umgestülpten und mit Holzwolle gefüllten Blumentopf zurück, während Wildbienen eine Nisthilfe mit lehmigen Partien und angebohrten Hartholzstücken schätzen. Hinzu kommt ein möglichst breites Nektar- und Pollenangebot, das den Tieren Nahrung bietet. Wer in seinem Garten Blütenstauden wie verschiedenen Kleearten, Nelken oder Salbei, aber auch Sträuchern wie Tierlibaum oder Hundsrose Platz gewährt, garantiert den Bienen und anderen Insekten vom frühen Frühling bis in den Herbst hinein einen reich gedeckten Tisch. Doldenblütler wie Dill oder Wilde Möhre sind besonders bei Schwebefliegen hoch im Kurs.

Vielfalt im Garten
Es versteht sich von selbst, dass biologisches Gärtnern die Voraussetzung ist für einen Aussenraum, in dem sich Wildbienen, Käfer und Igel wohlfühlen. Denn Nützlinge fallen den Pflanzenschutz-Massnahmen mit chemischen Mitteln ebenso zum Opfer wie die Schädlinge. Wer die Nützlinge fördern will, muss aber nicht zwingend einen klassischen Naturgarten anlegen. Oft genügen bereits kleine Massnahmen, damit die Tiere neues Terrain besiedeln.

Mit etwas Glück zieht schon bald ein Igel im bereitgelegten Totholzhaufen ein, und verschiedene Wildbienenarten umschwärmen die blühenden Stauden. Ein Garten, in dem Nützlinge und Schädlinge in natürlichem Gleichgewicht leben, ist ein vielfältiges Netzwerk. Dahinter ist durchaus auch etwas Eigennutz, denn in einem nützlingsfreundlichen Garten gibt es rund ums Jahr Spannendes zu beobachten.