Weisse, flauschige Federbälle auf sattem Grün, so sieht es im Garten von Charlotte Gautschi im aargauischen Egliswil während des Sommers aus. Sie hat sich ganz den Seidenhühnern verschrieben. 20 Jahre lang war sie Vizepräsidentin und Aktuarin des Schweizerischen Seiden- und Haubenhühner-Züchterklubs. Auch heute noch übernehme sie Aufgaben im Klub und berate Leute. Seidenhühner sind ihr Leben. «Ich halte derzeit zwölf. Wenn sie Junge haben, sind es aber durchaus bis zu 40», sagt die Geflügelzüchterin.

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«Seidenhühner sind Winterleger.»

Charlotte Gautschi, Geflügelzüchterin, Egliswil (AG)

Sie streicht gleich einen aktuellen Vorteil ihrer liebenswerten Pfleglinge hervor: «Es sind Winterleger, im Gegensatz zu den meisten anderen Hühnern.» Das sei gerade in der Weihnachtszeit vorteilhaft. «Darum sage ich ihnen oft auch Guetzlihühner», sagt Charlotte Gautschi und lacht. Wer allerdings Hühner besonders der Eier wegen halten möchte, der solle sich nicht auf Seidenhühner festlegen. «Sie haben insgesamt eine geringe Legeleistung.» Dieses Manko machten aber die «Edelsteine der Rassegeflügelzucht» durch ihr zutrauliches Wesen und lustiges Äusseres wett.

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Glucke mit Küken im Garten

Mit ihren Federbüscheln auf dem Kopf wirken sie schalkhaft. Ihr flauschiges Aussehen kommt daher, weil die Hakenstrahlen an den Nebenästen der Kontur-federn fehlen. «Dadurch können sie auch kaum fliegen, ein Zaun von ungefähr einem Meter Höhe für ihren Hof reicht völlig aus», erklärt die Seidenhuhn-Spezialistin. Für andere Arten sei der Gehegebau weitaus aufwendiger. Charlotte Gautschi züchtet die Zwergform des Seidenhuhns. Hennen wiegen etwa 500 Gramm. Hühner der Stammform, die früher in ihrem Garten gackerten, wiegen um die 1,4 Kilo. «Ich züchte die Farben Weiss und Splash, es gibt aber viele weitere Farbenschläge», sagt die Seidenhuhn-Kennerin. Bei Splash handelt es sich um eine weiss-schwarz durchmischte Gefiederzeichnung.

Seidenhühner sind keine Neuzüchtungen. Gemäss dem Standard von Rassegeflügel Schweiz sind sie in der Literatur seit 700 Jahren nachweisbar. Trotz dieser langen Geschichte ist den Seidenhühnern der Bruttrieb geblieben. «Es ist ein enorm schönes Erlebnis, beobachten zu können, wie nach einer Brutzeit von 21 Tagen Küken schlüpfen und von der Henne geführt werden», schwärmt Charlotte Gautschi. Sie findet denn auch: «Für Familien mit Kindern sind Seidenhühner ideal, denn sie sind zutraulich und kuschelig weich.» Gerade für Kinder seien sie ein guter Einstieg in die Tierhaltung. «Die Kleinen können Verantwortung übernehmen und für die Hühnchen sorgen.»

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Charlotte Gautschi verschweigt nicht, dass im Durchschnitt die Hälfte der Küken, die schlüpfen, Hähne sind. «Meist kommt man nicht darum herum, Hähne zu schlachten, denn für alle finden sich kaum Abnehmer.» Es sei durchaus möglich, mehrere Hähne, die gemeinsam aufgewachsen sind, zusammen zu halten. «Sie kommen gut miteinander aus, doch das ist nicht der Sinn einer Geflügelhaltung.»

Für Charlotte Gautschi steht die Zucht möglichst fehlerloser Tiere im Vordergrund. Sie lässt ihre Nachzuchten von speziell ausgebildeten Geflügelrichtern nach strengen Kriterien bewerten. Nur so bleibt die Rasse rein erhalten. Ein Fehler seien beispielsweise runzlige oder mit Querfalten versehene Kehllappen. Es gibt nämlich Seidenhühner mit Kehllappen und solche mit Bart. Welche man halten wolle, sei Geschmacksache, sagt Charlotte Gautschi.

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Intakte Grasnarbe

Das Interesse für Seidenhühner sei fortlaufend hoch. «Ich erhalte viele Anfragen und betreue zahlreiche Familien, die Hühner von mir übernahmen», sagt die Züchterin. Sie findet es richtig, dass Hühner immer zusammen mit einem Hahn gehalten werden. «Ein Hahn und drei Hennen sind ideal», betont die Kennerin. Sie erzählt von ihren Beobachtungen: «Der Hahn hat oft eine Lieblingshenne, mit der er sich regelmässig paart.»

Die Hähne würden weniger laut krähen als diejenigen anderer Rassen. «Zudem ist die Stimmlage tiefer, für unser Ohr angenehmer.» Die Hühnerfreundin weiss, dass Hahnenschreie oft zu Problemen in Wohnquartieren führen. Sie berichtet von ihren eigenen Erfahrungen. «Ich habe auch Nachbaren, doch in 25 Jahren hatte ich noch nie eine Reklamation. Ein Anwohner sagte ihr, dass das Schönste am Morgen sei, wenn ihr Hahn krähe. «Man muss selbst zu einer guten Nachbarschaft beitragen, Eier verteilen, Kontakt suchen, die Leute einladen und von den Hühnern erzählen.»

Charlotte Gautschi ernährt ihre Seidenhühner mit Qualitätsfutter, einem Granulat morgens sowie mit Geflügelkörnern abends. Gerade bei Seidenhühnern mit Bart empfiehlt sie Granulat. Mit mehlartigem Futter würde der Bart zu sehr verschmutzt. Weiter reiche sie ihren Tieren Salat aus dem Garten. Ein Pickstein mit Grit sei für die Eischalenbildung essenziell. Kleine Steinchen im Sand werden auch zur Verdauung der Körner im Muskelmagen benötigt.

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Seidenhühner brauchen trockenen Sand zum Scharren sowie einen Stall, in dem sie sicher vor Fuchs und Marder die Nacht verbringen. Ideal ist eine vorgebaute Voliere mit überdachtem Scharrraum. Die Hühnchen, die fünf Zehen haben, geniessen Auslauf auf Gras.Charlotte Gautschi betont: «Wegen der Fussbefiederung scharren sie weniger und verletzen die Grasnarbe nicht.» So werden sich ab dem Frühling auf ihrer Wiese wiederum flauschige weisse Federknäuel tummeln, zufrieden gackern, trippeln, flattern und scharren.