Gartenbewohner
Entlarvt: Insekten und ihre Spuren in Garten und Haus
Insekten hinterlassen zahlreiche Spuren, zumindest für diejenigen, die ganz genau hinschauen. Kleine Löcher in den Blättern des Mangolds, Pflanzengallen an den Rosen oder Eier an Blumenstängeln verraten, welcher Art sie angehören.
«Was Insekten in den wenigsten Fällen hinterlassen, sind Fussspuren», erzählt Marc Neumann schmunzelnd. «Dafür sind sie viel zu leicht.» Was allerdings häufig auf die Anwesenheit der sechsbeinigen Tiere hinweist, sind ihre Frassspuren. Ärgert sich der fleissige Gärtner einmal mehr an einem unbekannten Randalierer, der genüsslich Löcher in die Blätter der neu gepflanzten Blumen frisst, kann er anhand der Spuren möglicherweise herausfinden, wer schuldig ist. «Denn Frassspuren sind gruppenspezifisch», wie Neumann erklärt.
Der studierte Biologe betreut im Naturmuseum Solothurn die Abteilung der Wirbellosen, zu denen die Insekten gehören, und weiss, wie man die Anwesenheit der Krabbeltiere erkennen kann. «Der Lochfrass, bei dem meist mehrere runde Löcher in das Blatt gefressen werden, kann auf die Raupen von Nachtfaltern und anderen Schmetterlingen deuten.» Kleine Kotkügelchen verraten diese zusätzlich. Randfresser dagegen, zu denen beispielsweise die Dickmaulrüsselkäfer gehören, knabbern den äusseren Rand der Blätter an. Die Larven von Miniermotten und Minierfliegen gehören neben anderen Insekten zu den sogenannten Minierern. Sie ernähren sich vom Pflanzengewebe zwischen Blattober- und Blattunterseite. Dabei hinterlassen sie charakteristische Frassgänge, die sich durch das gesamte Blatt ziehen können. Oftmals kann man die hindurch schimmernde Larve von aussen erkennen.
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Aus der Haut fahren
Zwar gibt es einige wenige Insekten, die lebend gebären, die Mehrheit allerdings legt Eier. «Anhand dieser kann man identifizieren, um welches Insekt es sich handelt, denn sie sind für jede Art spezifisch», erklärt Marc Neumann. «Es gibt Insekten, die legen ihre Eier einzeln an Pflanzen ab, so wie der Schwalbenschwanz. Andere Schmetterlingsarten, wie der Grosse Fuchs, platzieren ihre Eier dagegen in Gruppen.» Im Garten findet man zudem oft Wanzeneier, die gerne mit Schmetterlingseiern verwechselt werden. Eier der Wanzen unterscheiden sich von den Schmetterlingseiern meist darin, dass sie einen gut sichtbaren Deckel aufweisen, der beim Schlupf der Larve abgetrennt wird.
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Junge Insekten sind teilweise winzig klein, gut getarnt oder Meister im Verstecken. Dennoch bleiben ihre Spuren, neben den bereits erwähnten Frassspuren, dem menschlichen Auge nicht ganz verborgen. Insekten, die keine Metamorphose durchlaufen, entwickeln sich graduell von der Nymphe zum erwachsenen Tier. «Da Insekten ein hartes Aussenskelett besitzen, müssen sie dabei regelmässig ihre Haut abstreifen, um wachsen zu können», wie Neumann erklärt. «Das Gleiche gilt auch für Spinnen.» Wer nun auf eine alte Insektenhaut, eine sogenannte Exuvie stösst, kann anhand dieser herausfinden, welche Art sein altes Gewand hinterliess. Möchte man sich aktiv auf die Suche nach Insektenhäuten begeben, hat man die besten Chancen an Gewässern. Hier finden sich häufig die Exuvien von Libellen, die für ihre finale Häutung an Pflanzen hinaufklettern, bevor sie sich als ausgewachsenes Tier in die Lüfte heben.
Wer wohnt denn hier?
In Marc Neumanns Hand liegt ein rundes Gebilde mit haarartigen Auswüchsen. «Das ist eine Rosengalle. Sie wird durch die Rosengallwespe ausgelöst», weiss der Insektenexperte zu berichten. Pflanzengallen sind Anomalien im Wachstum einer Pflanze, die sich durch unterschiedlich geformte Auswucherungen äussern. Hervorgerufen werden diese unter anderem durch Insekten. So legen beispielsweise Gallwespen ihre Eier in Blättern ab und injizieren dabei einen Stoff, der die Wucherung auslöst. In dieser leben die Larven und ernähren sich vom Pflanzengewebe. «Formen und Grössen dieser Gallen sind artspezifisch. Je nach Insektenart entstehen teilweise ziemlich verrückte Gallenformen», wie Neumann fasziniert erklärt.
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Um ihre Brut grosszuziehen, sind nicht nur Gallwespen auf eine Behausung für ihre Jungen angewiesen. Auch staatenbildende Wespenarten bauen charakteristische Nester. Manchmal in unmittelbarer Nähe zum Menschen. «Nur acht Wespenarten in der Schweiz bauen grosse Nester und sind staatenbildend», erklärt Neumann. «Die für den Menschen lästige Arten sind allerdings nur die Deutsche und die Gemeine Wespe.» Möchte man herausfinden, ob sich eine dieser beiden im Estrich häuslich eingerichtet hat, hilft ein Blick auf die Farbe und Struktur der Behausung. Während die Farbe des Nests der Gemeinen Wespe beige ist, ist sie bei den Deutschen Wespen eher gräulich. Die Farbe kommt durch das unterschiedliche Holz zustande, das die beiden Arten für den Bau verwenden. Der Grossteil der Wespen und Wildbienen allerdings lebt solitär. Auch sie errichten Behausungen, anhand derer man die Art bestimmen kann. So wie die Lehmwespen, die ihre Nester aus Lehm an senkrechte Flächen und Strukturen bauen.
Bei den circa 30 000 in der Schweiz bekannten Insektenarten ist es allerdings nicht immer einfach, die Spuren richtig zu deuten. Wer sich nicht ganz sicher ist, um welche Insekten es sich im Garten oder im Haus handelt, kann Fotos an das Naturmuseum Solothurn senden oder gefundene Tiere vorbeibringen. Oder in der aktuellen Sonderausstellung «Spuren – Fährten, Frass und Federn», in der auch die Insekten ausführlich behandelt werden, gleich selbst auf Spurensuche gehen.
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