Wie kam es, dass Sie sich als Journalistin auf Gärten spezialisierten, Frau Fasolin?

Durch die Arbeit im eigenen Garten tauchte ich in die Thematik ein. So kam es, dass ich nun schon lange ausschliesslich über Gartenthemen schreibe.

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Zur PersonSarah Fasolin ist 1978 in Aarau geboren. Die freie Journalistin und Sozialanthropologin wohnt mit ihrem Mann und den beiden Kindern in der Umgebung von Bern.

Hat Ihr Studium der Sozialanthropologie und Zeitgeschichte etwas mit Ihrer jetzigen Arbeit als Gartenjournalistin zu tun?

Es ist von Vorteil, weil es mir fundiertes Hintergrundwissen verschafft hat. Gärten spiegeln eine Zeitepoche und den Zeitgeist wider. Sie erzählen auch davon, wie eine Gesellschaft lebte.

Wie beschreiben Sie einen Garten?

Ein Garten ist für mich ein Raum, der ohne Menschen nicht entstanden wäre. Ein Garten kann verschiedene Funktionen haben. Er kann der Erholung dienen, Gemüse und Früchte liefern, und manchmal ist er auch ein Prestigeobjekt. Im Garten werden alle Sinne angesprochen, hier kann der Mensch kreativ sein. Ein Garten verlangt aber auch Pflege.

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Welche Bedeutung hat ein Garten für Sie?

Er ist für mich der Ort, an dem ich am liebsten bin, wo ich mit den Händen arbeiten und ernten kann. Ich habe eine Mischung aus Nutz- und Ziergarten. Im Gartenhänge ich meinen Gedanken nach, erlebe die Vielfalt der Natur und stelle fest, wie wenig ich vom ganzen System verstehe. Ich muss im Garten auch mit Niederlagen umgehen können. Es ist ein Ort der Herausforderungen. Der Garten lehrt mir Gelassenheit. Im Beruf arbeite ich strukturiert und gut organisiert, im Garten ist das nur beschränkt möglich.

Sie zeigen mit Ihrem Buch, dass nicht nur England, sondern auch die Schweiz ein Gartenland ist. Wie steht die Schweiz im Vergleich da?

Die Länder, die in der Gartengeschichte zu Trendsettern gehörten, haben alle noch immer ein grosses Erbe, und zum Teil pflegen sie dieses auch besser als die Schweiz. England ist da der Schweiz weit voraus. Die Renaissancegärten, der englische Landschaftsgarten, der die strengen Formen ablöste, sind Trends, die ganz Europa beeinflussten – auch die Schweiz. Die Schweiz hat zwar nie einen eigenen Gartenstil hervorgebracht, trotzdem haben wir einige Eigenheiten vorzuweisen, wie zum Beispiel Alpengärten oder viele Bauerngärten. Zudem sind die Gärten in der Schweiz vielfältig – dank der unterschiedlichen topografischen und klimatischen Bedingungen.

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Hat sich das Bewusstsein für Gärten in den letzten Jahrzehnten gewandelt?

Sehr, denn noch vor 40 Jahren spielte der Garten im Verhältnis zum Gebäude eine untergeordnete Rolle, es wurde viel weniger in die Gärten investiert. Gesellschaftliche Veränderungen und die Globalisierung haben eine Sehnsucht nach den Wurzeln und nach Heimat ausgelöst. Gärten vermitteln das.

Wie kamen Sie darauf, einen Gartenführer für die Schweiz zu verfassen?

Ich kannte Gartenführer aus dem Ausland und suchte das gleiche für die Schweiz. Ein flächendeckend recherchiertes Werk gab es damals nicht. So entstand vor zehn Jahren mein erster Gartenführer, den ich jetzt stark überarbeitete und erweiterte.

Sie stellen neu 330 Gärten vor, darunter auch viele private. Wie wussten Sie von diesen versteckten Trouvaillen?

Ich bin seit 15 Jahren auf diesem Gebiet tätig und konnte darum viele Kontakte aufbauen. Gartenfreunde sind vernetzt. Es gibt verschiedene Vereine, Verbände und Interessengemeinschaften. Über diese machte ich Aufrufe und recherchierte auch auf der Plattform «Offener Garten». Während zehn Jahren fügte ich jeden Hinweis, den ich finden konnte, in eine Tabelle ein.

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Nach welchen Kriterien haben Sie Gärten ausgewählt?

Für mich braucht ein Garten ein Thema, etwas, das heraussticht.

Sind Gartenbesitzerinnen und -besitzer zugänglich oder wollen sie ihr Paradies eher für sich behalten?

Es gibt viele private Gärten, die ich gerne im Buch gehabt hätte, bei denen die Besitzer aber leider nicht wollten. Trotzdem ist es erstaunlich, wie viele Privatleute auf Anfrage ihre Gartentüren öffnen.

Wie der Hund, so der Besitzer, stimmt dieses Sprichwort auch für Gartenbesitzer und ihre Gärten?

Ich finde schon, ja. Ich besichtigte auch Gärten, wo die Besitzerin oder der Besitzer nicht da war. Trotzdem waren sie irgendwie spürbar. Ein Garten sagt viel über eine Person aus.

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Wie lange haben Sie an Ihrem Werk gearbeitet?

Zwei Jahre, aber nicht in Vollzeit. Ein Jahr lang habe ich mich um die Finanzierung bemüht. Die Recherchereise ist das Teure, denn ich reiste monatelang durch die Schweiz. Ich hatte den Anspruch, jeden Garten gesehen zu haben, der vorgestellt wird. Um Kosten zu sparen, übernachtete ich oft mit Schlafsack und Matte bei Freunden oder im Zelt. Ich versuchte, jeweils am gleichen Tag einen Grobtext zu schreiben. Im Winter kümmerte ich mich um die Detailinformationen.

Welcher Gartenstil sagt Ihnen besonders zu?

Ich besuche jeden Garten gerne. Besonders mag ich vielfältige Gärten mit alten Bäumen, eine Mischung zwischen Nutzen und Zier. Auch gut gestaltete Staudenflächen sprechen mich an.

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Welcher Garten gefällt Ihnen besonders?

Der Jardin de la Paix in Genf, der aus einem alten Landgut entstanden ist.

Was raten Sie jemandem, der einen Garten plant?

Ein Garten gedeiht dann am besten, wenn man sich zuerst Gedanken zur Lage, Bodenbeschaffenheit und zum Klima macht. Es gibt trotzdem Leute, die erfolgreich ein System mit grossem Pflegeaufwand irgendwo betreiben, wo es eigentlich fremd ist.

SchmökereckeEine Gartenreise ist nicht nur in England oder an der italienischen Riviera möglich, sondern auch vor der Haustüre in der Schweiz. Sarah Fasolin stellt 330 Gärten und Parkanlagen überall verstreut im Land vor. Darunter sind zahlreiche bisher unbekannte Privatgärten. Die Gärten sind auf einer Karte eingezeichnet und werden pro Kanton in erfrischender Sprache informativ abgehandelt. Zu jedem Garten gehört ein Bild. Weitere sehenswerte und in der Nähe liegende Anlagen werden unter Tipps beschrieben.
Sarah Fasolin: «Gartenführer Schweiz», 464 Seiten, zahlreiche Fotos, AT-Verlag.

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Verborgene ParadieseDie Schweiz weist eine Vielfalt an Gärten auf. Eine Kurzübersicht über vier bemerkenswerte Anlagen, die im Buch Sarah Fasolin beschrieben werden.
Auf den unterschiedlichen Terrassen des Parco Scherrer in Morcote (TI) am Luganersee entsteht der Eindruck, irgendwo weit weg in der Welt zu sein. Der Garten am Hang weist verkleinerte Kopien bekannter Bauwerke und antike Originale auf. So verzaubern Bambus und Japanischer Ahorn den asiatischen Teil. Der Jardin des Sonneurs am Doubs im Kanton Neuchâtel punktet im Gegensatz mit seiner Naturbelassenheit. Der romantische, etwas vernachlässigte Landschaftsgarten ist umwuchert von Wald in der einsamen Schlucht an der Grenze zu Frankreich und wirkt durch seine verträumte Lage und das besondere Gebäude. Auf einem Hügel liegt der Rosengarten des Schlosses Wildegg (AG). Er wurde nach symmetrischen Formen zu Beginn des 19. Jahrhunderts angelegt und weist auch ein rundes Seerosenbassin auf. Einen anderen Charakter hat der baumbestandene Schlosspark Oberhofen (BE), ein echter Höhepunkt historischer Gartenkunst der Schweiz.