Mit Leckerlis als Belohnung lernt der Hund schnell. Doch was ist, wenn es trotz erbrachter Leistung plötzlich kein «Gudi» mehr gibt? «Dann kommt es beim Vierbeiner zu Frust», sagt Brigitte Bärtschi aus Zuzgen AG. So wie wir Menschen tagtäglich frustrierende Situationen erleben, läuft laut der Hundetrainerin und -verhaltenstherapeutin auch im Leben eines Hundes nicht immer alles nach seinem Wunsch. Es kann also zur sogenannten Frustration kommen. Laut Definition ist Frustration «das Erlebnis einer Enttäuschung und vermeintlichen Zurücksetzung durch erzwungenen Verzicht oder versagte Befriedigung». Zweifellos Grund genug für kraftvolle Gefühle.

Je nach Hund oder der Höhe der Erwartung kann der Frust dann auch unterschiedlich gross ausfallen. Schlimm ist das im Prinzip erstmal nicht. Der Hund lernt damit umzugehen. «Wie bei uns Menschen sind junge Hunde schneller und intensiver gefrustet, im Alter jedoch lernen auch sie damit umzugehen», sagt Bärtschi.

Wie eine Katze am Kratzbaum
Unterschiede nach Rassen gibt es übrigens keine. «Frustration ist eher durch Alter, Charakter und Training bedingt», sagt die Verhaltensspezialistin. Gerade beim Thema Belohnung kommt es aber oftmals zu Problemen. «Baut man das Leckerli zu früh ab oder kommuniziert zu ungenau mit dem Hund, kommt es leicht beim Vierbeiner zu Frust», sagt Bärtschi.

Dabei können Hunde ihren Frust auf vielfältige Art und Weise zeigen. Daher gilt Frust auch als gängiger Grund für viele Problemverhalten. «Je nach Charakter bellen manche Hunde, während andere aus Frust etwas zerstören.» Wenn es dann wieder mal eine Belohnung gibt, nähmen frustrierte Hunde es dann sehr heftig und ruppig, indem sie ihre Bezugsperson zum Beispiel anrempeln. «Ich kenne einen Hund, der an Menschen wie an einem Kratzbaum kratzt, sobald er nicht bekommt, was er will.»

Zum Glück können Halter der eventuellen Frustration ihres Hundes schon früh entgegenwirken. «Die Grenze zwischen dem, was der Hund aushalten kann, und dem Moment, in dem er sich frustriert fühlt, ist bei jedem Hund anders», sagt Bärtschi. Durch gutes Training könne diese Grenze erweitert werden und Erwartungshaltungen könnten zum Beispiel durch den richtigen Ablauf der Belohnung vermieden werden. «Die wichtigste Belohnung ist grundsätzlich ein Lobwort, um dem Hund zu zeigen, dass er es richtig macht. Erst danach sollte ein Leckerli gegeben werden.» So würde mit der Zeit das Lobwort in Kombination mit der Freude des Besitzers für den Hund zur Belohnung. 

Erwartungshaltung vermeiden
Die Form der Belohnung zu variieren kann ebenfalls helfen, eine eventuelle Erwartungshaltung von vornherein zu vermeiden. «Am besten, man belohnt nicht immer nur mit Leckerli, sondern nimmt auch mal ein Spielzeug zur Hand oder rennt und tobt mit dem Hund», sagt die Verhaltenstherapeutin. Sie selbst bietet den schnupperfreudigen ihrer Hunde zur Belohnung oftmals seine Lieblingsbeschäftigung, das Schnüffeln, an.

Wichtig sei ebenfalls, die eigene Erwartung etwas herunterschrauben. Der Mensch neige dazu, vom Hund zu schnell zu viel zu wollen, erzählt Bärtschi. Dies führe beim Hund immer zu Frust. «Der Hund arbeitet oder gehorcht aber nicht gerne mit Frust.» Daher sei eine Entwöhnung von Leckerlis ratsam. Auch hier sollten Halter nichts überstürzen oder sich angesichts der noch immer zahlreich verteilten Leckerlis selbst frustriert fühlen. Eine korrekte Vorgehensweise verspricht Abhilfe: «Am besten, der Halter gibt nicht jedes Mal nach dem Lobwort sofort ein Leckerli, sondern auch mal erst beim dritten Mal, dann mal beim zweiten Mal und so weiter.» Etwas mehr Zeit bis zur Gabe verstreichen zu lassen, sei eine weitere Möglichkeit. Generell gilt: «Lieber einmal ein Leckerli mehr geben, als zu früh weglassen.» 

Komplett «clean» muss der Hund am Ende übrigens nicht unbedingt werden. Bärtschi findet es nicht schlimm, wenn eine Belohnung mit Leckerlis auf Dauer beibehalten wird. «Meine Hunde sind neun und zehn Jahre alt und bekommen immer noch Leckerlis für getane Arbeit.» Hauptsache, eine Erwartungshaltung wird vermieden. Damit ihre Hunde nicht auf falsche Gedanken mit anschliessendem Frust kommen, variiert sie stets die Zeitspanne, die ihre Hunde arbeiten müssen, bis es ein «Gudi» gibt.