Sie fressen gemeinsam, schlafen nebeneinander und spielen zusammen. Stress kommt dabei nie auf. Solche guten Freundschaften unter Hunden lassen die Herzen ihrer Halter höherschlagen. «Gute Freunde teilen sich sogar den Grill», sagt Manuela Albrecht. Die Hundetrainerin und -psychologin aus Wittenbach SG weiss, wie unersetzlich eine gute Freundschaft zu Artgenossen ist. «Gerade Hunde, die es am schwersten unter ihresgleichen haben, brauchen sie am dringendsten.» 

Ihr eigener Hund Drago war so ein Fall. Der Tierschutzhund aus Bulgarien hatte dort ohne jeglichen Kontakt zu Artgenossen in einem Hinterhof gelebt. Entsprechend schwierig waren vor allem anfangs «normale» Hundebegegnungen. «Drago ging sofort nach vorne, anders kannte er es nicht.» Dabei ist ein guter Freundeskreis gerade für Hunde wie Drago wichtig. Denn: «Nur unter echten Freunden fühlen sich die Hunde richtig sicher und gut aufgehoben.»

Dies geht nicht von heute auf morgen, gibt Albrecht zu bedenken. «Nur ein kurzes Spiel beim Spaziergang macht aus zwei Hunden noch lange keine Freunde», so die Hundepsychologin. Bei Drago bedurfte es ausserdem Albrechts professionellen Trainings, damit der Mischlingsrüde auch beim Anblick eines ihm gut bekannten Hundes nicht mehr nach vorne ging. «Die Treffen mussten aber stets regelmässig sein. Denn eine Freundschaft entsteht und wächst mit jedem Kontakt.» 

Grösse, Rasse oder Farbe hingegen spielen nach Albrechts Meinung bei der Wahl des vierbeinigen Freundes keine Rolle. Beim Geschlecht wiederum könnten Hunde sehr wohl wählerisch sein. Albrecht führt dies auf eine natürliche Selektion zurück, die auch in einem Rudel stattfindet. «Zwei oder mehrere kastrierte Rüden oder ein Pärchen harmonieren meist um einiges besser als zwei oder mehr Hundedamen untereinander.» 

Der Dialekt von besten Freunden
Haben sich zwei Hunde gefunden, muss die tierische Freundschaft gepflegt werden, erklärt Albrecht. «Dies äussert sich in der Ruhe und Gelassenheit der Tiere untereinander im Alltag. Selbstverständlich gehört auch ausgelassenes Spiel dazu.» Wenn die Hunde einander gut kennen und einander vertrauen, käme es gar nicht erst zu einer kämpferischen Auseinandersetzung. Auch Tierschutzhund Drago fand so eine beste Freundin, und zwar in Ferienhündin Zita. «Vom ersten Zusammentreffen an spielten die beiden Schnauzenfechten bis zum Umfallen.» 

Eine Freundschaft entsteht und wächst mit jedem Kontakt.

Manuela Albrecht
Hundepsychologin

Sind zwei Hunde einmal zu dicken Freunden geworden, harmonisieren sie gleich auf mehreren Ebenen. «Unter befreundeten Hunden ist es leicht möglich, sich gegenseitig zu besuchen, ohne dass das eigene Revier verteidigt werden muss.» Sie teilen sich Futter, Schlafplatz, Spiel und manchmal sogar die Sprache. «Beste Freunde unter Hunden entwickeln mit der Zeit nämlich einen eigenen ‹Dialekt›, wenn sie zusammen in einem Rudel leben», sagt Albrecht. Fremde Hunde hätten oft Mühe, diesen «Dialekt» zu verstehen. «Das ist wie wenn ein Walliser auf einen Sankt Galler trifft.» Ihre Zusammengehörigkeit zeigen die Hunde zudem mit Gesten, ihrer Mimik und indem sie über die Urinmarke des befreundeten Hundes pinkeln. Bei Albrechts heutigen Hunden, zwei kastrierten Mischlingen aus dem Tierschutz in Spanien, harmonieren sogar – wohl eher zufällig – die Fellfarben der tierischen Freunde. 

Trauer bei Verlust ist unterschiedlich
Bei so viel Zusammengehörigkeit ist es zwangsläufig oft problematisch, wenn ein weiterer Hund integriert werden soll. «Da geht bisweilen die Post ab», sagt Hundepsychologin Albrecht. «Auch Hunde kennen Mobbing und setzen es wissentlich gegen den Eindringling ein.» Die Position des Neuankömmlings in der Gruppe muss festgelegt werden, und nicht immer wird der Dritte auch aufgenommen, so die Hundepsychologin.

Ob eingeschworene Teampartner einander vermissen, kann selbst Albrecht nicht grundsätzlich sagen. Aus eigener Erfahrung weiss die Hundepsychologin jedoch, dass sich gute Freunde selbst nach jahrelanger Trennung wiedererkennen. «So ein Wiedersehen ist dann oft herzzerreissend und zum Heulen schön», sagt Albrecht. 

Auch Hunde kennen Mobbing und setzen es wissentlich gegen einen Eindringling ein

Manuela Albrecht
Hundepsychologin

Und wenn der beste Freund stirbt? Trauert der hinterbliebene Hund? Das ist laut Albrecht nicht nur individuell, sondern von der räumlichen Nähe der Hunde abhängig. «Zita und Drago lebten getrennt, daher verstarben sie auch getrennt», erinnert sich die Hundepsychologin. Deshalb bemerkte sie auch keine Anzeichen von Trauer bei den beiden. Leben Hundefreunde jedoch zusammen, sei oft das Gegenteil der Fall. Gerade mit zunehmendem Alter würden die Hunde gespüriger und trauerten länger und heftiger. «Manchmal muss dann schnellstmöglich ein neuer passender Partner her, damit das hinterbliebene Tier nicht aufgibt.» Dabei könne der zurückgebliebene, trauernde Hund jedoch ganz genaue Anforderungen an den neuen Freund haben. 

Wichtig erscheint Albrecht, dass der noch lebende Hund von seinem verstorbenen besten Freund Abschied nehmen kann. «Am besten sollte der hinterbliebene Hund in aller Ruhe für eine Weile nochmal den leblosen Körper seines Freundes beschnuppern dürfen.» So weiss er, dass der andere nicht mehr zurückkommt – und kann sich für einen neuen besten Freund öffnen.