Das Zusammengewöhnen zweier Kaninchen muss sehr behutsam erfolgen. Das oberste Gebot lautet: Ruhe bewahren und geduldig sein. Unter Umständen kann eine Vergesellschaftung Monate dauern. «Bei der Partnerwahl ist grundsätzlich zu beachten, dass sich die Tiere von ihrer Persönlichkeit her gut ergänzen», erklärt Lore Schmidt-Köhne, die auf über 30 Jahre Kaninchenerfahrung zurückblicken kann. Zwei sehr unterwürfige Kaninchen passen nicht wirklich gut zusammen, weil jedes noch unsicherer werden kann, wenn ein Leittier zur Orientierung fehlt. Auch zwei sehr forsche Tiere werden nur schwer miteinander auskommen.

«Charakterlich macht’s einfach am besten eine gute Mischung. Grösse und Rasse fallen generell weniger ins Gewicht», so die Expertin. Von den Geschlechtern her bilden ein kastrierter Rammler und ein Weibchen eine gute Kombination. Auch zwei vor der Geschlechtsreife kastrierte Rammler verstehen sich meistens gut. «Rammler sollten für eine Hobbyhaltung grundsätzlich kastriert werden, ansonsten würde es mit einer Häsin nicht nur Nachwuchs geben, sondern sie würde auch ständig massiv bedrängt werden und somit unter Dauerstress stehen.» Zwei Weibchen zusammen zu halten, kann im Zuge der Geschlechtsreife problematisch werden, denn dann werden sie in der Regel zickiger und bekämpfen sich häufig.

Auch erwachsene Weibchen miteinander zu vergesellschaften, ist meist schwierig. Am besten erfolgt das Kennenlernen so früh wie möglich. Jungtiere unter vier Monate lassen sich in der Regel gut zusammengewöhnen. Auch ein Jungtier ab fünf Monaten mit einem erwachsenen Kaninchen zusammenzubringen, geht meist gut. «Nur sehr alte Kaninchen sind mit übermütigen Jungspunden oft überfordert. Kaninchen unter vier Monaten sollten nicht mit einem älteren Tier zusammengebracht werden, denn sie könnten bei Rangkämpfen schwer verletzt werden, da sie sich auch noch nicht gegen erwachsene Tiere durchsetzen können», sagt die Kaninchenkennerin.

Das erste Date

Die erste Begegnung von zwei fremden Kaninchen sollte unbedingt auf geruchsneutralem, mindestens fünf Quadratmeter grossem Gelände stattfinden, damit keines der beiden Tiere Revieransprüche stellen kann. In einer Wohnung sind beispielsweise Flur oder Bad ein geeigneter Ort dafür. Im Sommer kann das erste Kennenlernen unter Aufsicht auch in einem genügend grossen Gitterauslauf im Garten stattfinden. «Am besten streut man an verschiedenen Stellen etwas Futter und Heu aus, um die Tiere voneinander abzulenken.» Zusätzliche Versteckmöglichkeiten wie grosse Kartons oder Röhren mit verschiedenen Eingängen entschärfen ein Zusammentreffen ebenfalls.

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«Jedes Tier muss mindestens einen Unterschlupf bekommen. Und keine Häuser mit nur einem Eingang verwenden, denn hier gibt es für unterlegene Tiere keine Fluchtmöglichkeiten. Somit sind Beissereien vorprogrammiert», so Schmidt-Köhne. Nicht empfehlenswert ist es, beide Kaninchen erst einmal in getrennten Käfigen Gitter an Gitter nebeneinander zustellen. Dies bedeutet eher Stress für die Tiere, denn beide empfinden dann den jeweils anderen als Eindringling ins eigene Revier. Es entsteht zunehmend Frust, weil sie ihren Rang nicht auskämpfen können.

Für die Vergesellschaftung selbst sollte man sich ein paar Tage Zeit nehmen. In den wenigsten Fällen ist es Liebe auf den ersten Blick. «Nicht erschrecken, wenn die Tiere zunächst aufeinander losgehen, sich bespringen und Fellbüschel fliegen.» Auf diese Weise werde erst einmal die Rangordnung geklärt. Hier nicht sofort eingreifen! «Diese Phase, in der sich die Kaninchen immer wieder jagen und anschliessend erschöpft in einem Versteck sitzen, ehe die Verfolgung erneut beginnt, dauert unter Umständen ein paar Stunden oder sogar einige Tage», erklärt die erfahrene Kaninchenhalterin. Fell würden Kaninchen meist aus Stress verlieren, und nicht, weil sie bei dieser Auseinandersetzung um die Rangordnung heftig gebissen werden. Meist gewöhnen sich die Tiere nach ein paar Tagen oder auch Wochen aneinander. In dieser normalen Rangordnungsfindungsphase sollten die Tiere nicht mehr getrennt werden, auch nicht über Nacht. Ansonsten kann die Rangordnung nicht abschliessend geklärt werden, was bedeutet, dass die Kämpfe beim nächsten Zusammentreffen von vorne beginnen.

Manchmal passt es einfach nicht

Erst, wenn sich die Hoppler ein paar Tage lang bei mehrstündigem Freilauf vertragen, miteinander kuscheln, fressen und sich ablecken, dürfen sie gemeinsam ein Gehege beziehen. «Dieses muss jedoch gründlich ausgewaschen, mit neuer Einstreu und erneuerter, umgestellter ‹Einrichtung› versehen sein, damit das alteingesessene Kaninchen nicht von vornherein Revieransprüche stellt», hält Schmidt-Köhne fest. Als Erstes wird dann das neue Kaninchen ins Gehege gesetzt, damit dieses erst einmal die Umgebung erkunden kann. Anschliessend kommt das alteingesessene Tier dazu. Eventuell kann es dann noch einmal mehrere Verfolgungsjagden geben, ehe beide ruhig zusammenliegen, sich gegenseitig ablecken und gemeinsam fressen.

Gibt es schon beim Zusammentreffen im Kennenlerngehege immer wieder heftige, blutige Kämpfe, sollten beide Tiere für mindestens zwei Wochen in getrennten Räumen ohne Sicht- und Geruchskontakt untergebracht werden. Anschliessend kann man einen erneuten Versuch wagen. Klappt es auch dann nicht, passen diese Tiere nicht zusammen. Auch diesen Fall sollte man unbedingt akzeptieren.

Kleinere Wunden im Kopfbereich sind nicht immer gleich ein Grund für eine dauerhafte Trennung. Häufig handelt es sich hier um Warnbisse, die an Nase, Augen und Ohren schnell für blutende Risse sorgen. Deutlich bedrohlicher sind Wunden am Hals, am Hinterteil und an den Flanken, denn sie deuten auf massive Beschädigungskämpfe um die Rangordnung hin. In diesem Fall harmonieren die Tiere höchstwahrscheinlich nicht miteinander. «Sind die Kaninchen im Kampf so erregt, dass sie sich nicht mehr trennen, oder bilden sie ein wildes Knäuel und versuchen sie, sich dabei laut brummend in den Hals zu beissen, sollte man eingreifen», erklärt Schmidt-Köhne. Allerdings nicht mit blossen Händen, sonst kann man selbst auch gebissen werden. Erst gilt es, dafür zu sorgen, dass die Streithähne voneinander ablassen, sei es durch Rufen, Klatschen oder einen kleinen Futterregen von oben. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, zieht Arbeitshandschuhe an, um ein Tier dann herauszunehmen. Solange die Tiere noch miteinander kämpfen, gilt grösste Vorsicht für eine Trennung.

Hat man ein verwaistes Kaninchen, dessen Partner gestorben ist, muss man dem Mümmelmann eventuell mehrere Tiere vorsetzen, da er vielleicht nicht gleich den «erstbesten Ersatz» akzeptiert. Jedes Tier natürlich extra und in einem Abstand von mehreren Tagen oder Wochen, immer auf neutralem Terrain. Dies sollte man dann sofort in der Abgabestelle des neuen Kaninchens ansprechen. Einfacher wird so ein «Ausprobieren»sicher bei einer Privatadresse oder einem Tierschutzverein werden.