Die Erde wird von der Wissenschaft auf ein Alter von 4,5 Milliarden geschätzt. «Während der ersten Zeit schien nicht sonderlich viel passiert zu sein», sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Botanischen Gartens Bern, Dr. Katja Rembold, an einer Führung durch den neu gestalteten Evolutionsgarten. Vor etwa 3,5 Milliarden Jahren seien erste Bakterien aufgetreten, vor einer Milliarde Jahren dann Grünalgen. Zum Vergleich: Nachweise ersten menschlichen Lebens auf der Erde werden auf rund 350 000 Jahre datiert. Nachweise und Datierungen beruhen auf fossilen Funden.

Algen schaffen Leben

«Algen betreiben Photosynthese, schaffen also Bedingungen, damit wir leben können», erzählt die Botanikerin. Das Leben auf der Erde habe sich darum fortan stark entwickelt. Grünalgen seien Vorfahren der Wasser- und Landpflanzen, erklärt Katja Rembold. «Hätten sich Rot- und nicht Grünalgen weiterentwickelt, sähe es auf der Erde heute anders aus», mutmasst sie.

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Vom Wasser ans Land

Wasserpflanzen fallen in sich zusammen, wenn sie ihrem Element entnommen werden. Der Schritt an Land war mit einem grossen Prozess verbunden. Es waren vermutlich Lebermoose, die zuerst an feuchten Stellen an Land gediehen. «Laubmoose folgten, sie waren schon etwas strukturierter», erzählt Katja Rembold. Die ersten Landpflanzen sind noch stark ans Wasser gebunden. Der Schritt vom Wasser ans Land erforderte viele Anpassungen.

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Von Moosen zu Bärlappgewächsen

Im Hof des Botanischen Gartens Bern wurden entlang der Gebäude entsprechende Kleinlebensräume angelegt. Sie zeigen die Entwicklungsgeschichte der Pflanzen, angefangen von Wasserpflanzen in kleinen Teichen über Moose, die auf Lavasteinen gedeihen bis zu Farnen und Bärlappgewächsen. «Bärlappgewächse waren die ersten Pflanzen, die echte Leitsysteme hatten», sagt die Botanikerin. Fossile Bärlappgewächse werden seit rund 420 Millionen Jahren nachgewiesen. Zu den Bärlappgewächsen gehören auch die Schachtelhalme, die an feuchten Stellen wachsen. Es sind also richtige Urzeitpflanzen, die schon da waren, als Dinosaurier herumstreiften. Damals gab es gar baumförmige Bärlapppflanzen, deren Wälder die Nordhalbkugel dominierten. «Die baumförmigen Vertreter der Bärlappgewächse sind alle ausgestorben, die krautigen aber haben sich bis in die heutige Zeit gut gehalten», sagt Katja Rembold. Der Name Schachtelhalm stamme daher, weil die Pflanzen ineinander verschachtelte Elemente aufwiesen.

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Im Farnwald

Bärlapp sind Sporenpflanzen, gleich wie Farne. Die ältesten Nachweise von Farnen werden auf etwa 370 Millionen Jahre datiert. Auch bei den Farnen dominierten in der Urzeit baumförmige Exemplare. Bis heute haben Baumfarne überlebt, besonders im neuseeländischen und australischen Raum.

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Das Wunder der Wollemie

Auch die Wollemie ist eine Pflanze aus einer anderen Zeit. Sie sei erst 1994 in einem abgelegenen australischen Tal in den Blue Mountains entdeckt worden, sagt Katja Rembold vor einem stattlichen Baum dieser Art, der an einer Aussenmauer eines Gebäudes im Botanischen Garten Bern wächst. Sie verrät mit einem Lächeln: «Er gedeiht hier ganzjährig draussen, weil sich unter ihm ein Lüftungsschacht befindet.» So werde der Baum auch während der kalten Jahreszeit mit warmer Luft versorgt. Die Wollemie ist ein Nacktsamer. Männliche und weibliche Zapfen bilden sich am gleichen Baum.

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Nacktsamer sind auch heute noch präsent

Nacktsamer sind fossil bereits seit etwa 320 Millionen Jahren nachgewiesen. Vor 200 bis 66 Millionen Jahren erreichten sie ihre grösste Artenvielfalt. Auch Nacktsamer haben bis heute überlebt. So sind beispielsweise Tannen, Pinien und Zypressen Nacktsamer. Doch auch Blütenpflanzen begannen sich früh zu entwickeln. Fossile Pollenfunde werden auf 240 Millionen Jahre vor unserer Zeit datiert.

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Botanische Gärten sind lebende Museen

Pflanzen sind überall präsent und ermöglichen durch die Photosynthese das Leben auf der Erde. Ihre Entwicklungsgeschichte ist spannend und wird in Botanischen Gärten gut erklärt. Das Ideale: Dort können auch gleich Vertreter der verschiedenen Gattungen im Original bewundert werden. Faszinierend, dass Vertreter von Pflanzen der Urzeit heute immer noch Lebensräume besiedeln. So öffnet auch bei uns ein Blick in einen Sumpf mit Schachtelhalmen ein Fenster in ein anderes Erdzeitalter.

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Botanischer Garten Bern