Bellend und schwanzwedelnd kommen Nubia und Sansa aus dem Haus gelaufen. Besonders Nubia, die Bourbonnaiser Vorstehhündin, ist ganz aufgedreht. Sie weiss, dass es gleich mit ihrem Herrchen auf Trüffelsuche geht. Allerdings nicht in den Wald, sondern auf die hofeigene Trüffelplantage. Vor rund neun Jahren hat Jürg Truninger mit der Trüffelzucht begonnen und pflanzte auf einer Fläche von 70 Aren insgesamt 700 Eichen, Kiefern, Haselnussbäume und Buchen als Wirtpflanzen.

Nachdem er den Hof seines Vaters in Hörhausen im Thurgau übernahm, realisierte er völlig neue Projekte. «Ich kam von der Milchviehhaltung weg zur Erdbeer- und Kirschen-produktion und baue nun seit gut neun Jahren Trüffelplantagen auf. Mein Vater hielt mich zwar erst für etwas verrückt, liess mich aber ausprobieren», berichtet der Landwirt, während er mit den beiden Hunden die Plantage betritt.

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Hunde der Rasse Braque-du-Bourbonnais, wie Nubia, zeichneten sich grundsätzlich als Jagdhunde aus und sind nicht auf die Trüffelsuche spezialisiert wie etwa Lagotto Romagnolo. Doch «Nubia ist sehr gut ausgebildet, seit sie als Welpe zu mir kam», erklärt der Trüffelbauer und ergänzt: «Als Trüffelhunde eignen sich prinzipiell alle Hunde, unabhängig ihrer Herkunft oder Rasse. Voraussetzung ist lediglich, dass sie aktiv genug, neugierig und wissbegierig sind, um für die Trüffeljagd zu trainieren.» Am besten man führe die Hunde spielerisch an die Trüffelsuche heran.

So werden Hunde zunächst auf den Geruch von Trüffeln konditioniert. Dabei sollte der Hund den Trüffelduft stets mit etwas Positivem verbinden. Am besten funktioniert es, wie könnte es auch anders sein, mit einem Leckerli. Das gibt es, sobald die Hundenase den Trüffelgeruch wahrgenommen hat. Dabei sollte man nur mit echten Trüffelstücken arbeiten, da ein Trüffelöl nur eine Geschmackskomponente eines Trüffels beinhaltet.

Zuerst gilt es, den Hund zu loben, sobald er sich für den Gegenstand mit Trüffelgeruch interessiert. Etwas später wirft man das Trüffel-Objekt weg und lobt beim Hinterherlaufen. Dann folgt einfaches Verstecken. Entdeckt der Hund die Trüffel und zeigt dies an, gibt es eine Belohnung. Schliesslich wird die Suche Schritt für Schritt erschwert, die Distanz wird vergrössert, bis die Trüffelbehälter in einer Tiefe von zehn Zentimetern unter der Erde vergraben werden, wo sie auch in der Natur wachsen. Jürg Truninger setzte hierbei auf die gelben Überraschungseiverpackungen. «Einige Löcher in das Plastikei bohren, Trüffelstückchen rein und dann gut verstecken», meint der Trüffelbauer

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«Suech Chnölleli»

Doch jeder Hund sei anders. So hat Nubia zwar eine ausgezeichnete Nase und eignet sich hervorragend zum Trüffel suchen im Wald, «in der Plantage ist sie jedoch nie ganz bei der Sache und lässt sich von Eichhörnchen oder Krähen ablenken», erklärt ihr Besitzer.

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Die 7-jährige Sansa hingegen ist ein wahres Ass beim Aufstöbern von Plantagen-Trüffeln. Wirklich trainiert hat er die Mischlingshündin jedoch nicht, sie hat sich das Trüffelsuchen einfach bei Nubia abgeschaut und die richtige Belohnung tut das ihrige dazu – Leberwurst aus der Tube steht besonders hoch im Kurs.

Ob und wie schnell Hunde Trüffel finden ist also individuell verschieden. So mancher Jagdhund bringt zwar eine exzellente Spürnase mit, lässt sich jedoch von Fährten ablenken. Andere Vierbeiner haben kaum Interesse an Nasenarbeit, sodass das Training mühsam sein kann. Sansa hingegen zeigt schnell den ersten Trüffel an. Vorsichtig buddelt Jürg Truninger den Wintertrüffel aus und gibt der Hundedame ihre wohlverdiente Belohnung.

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Trüffel sind ohne Hund nur schwer zu finden – auch auf Plantagen, da sie stets unter der Erde wachsen. Den feinen Geruch des Trüffels unter der Erde könnenMenschen nicht wahrnehmen. Seit Jahrhunderten werden deshalb Tiere eingesetzt, deren Nasen weitaus besser sind als die von uns Menschen. In einigen Landstrichen bedient man sich der sogenannten Trüffelschweine.

Da Trüffel einen Duft verbreiten, der dem Sexualhormon der männlichen Schweine stark ähnelt, sind weibliche Hausschweine besonders geeignet. Schweine pflügen den Boden jedoch regelrecht um und zerstören dabei nicht selten die Pilzfasern, sodass sich die Trüffel nicht mehr reproduzieren können. Daher kommen bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts bevorzugt Hunde bei der Trüffelsuche zum Einsatz.

Als Fleischfressende haben die meisten von ihnen kein Interesse daran, die Pilze selbst zu verspeisen. Einige Trüffelspezialisten bedienen sich der sogenannten Trüffelfliege. Sie legen ihre Eier nur dort ab, wo sich ihre Larven von Trüffelnernähren können. Geübte Trüffelbauern erkennen diese Plätze und holen die Knollen rechtzeitig aus der Erde heraus.

Wie Jürg Truninger setzen die meisten Trüffelbauern jedoch auf Hunde. Diese benützen etwa zehn Prozent ihrer Gehirnleistung ausschliesslich für den Geruchssinn und haben durchschnittlich 200 Millionen Riechzellen. Der Mensch besitzt zum Vergleich nur ungefähr fünf Millionen Riechzellen. Jürg Truninger ist daher sehr froh über seine zwei vierbeinigen Begleiter, ohne die seine Trüffelplantage nicht funktionieren würde.

Raus aus dem Wald, rein in die Plantage

In den letzten fünfzehn Jahren sind etliche Hektar Trüffelplantagen in der Schweiz entstanden. Vor allem Burgundertrüffel, Wintertrüffel und Frühlingstrüffel werden angebaut. Jürg Truninger experimentiert mit Sommertrüffeln, Burgundertrüffeln, den eher kleineren Wintertrüffeln, Grossporigen Trüffeln, Périgord-Trüffeln, Frühlingstrüffeln und den recht unbekannten Teertrüffeln, die besonders gut zur Rotweinsosse passen. In seiner Plantage wachsen verschiedene Baumsorten, an deren Wurzeln Trüffel gedeihen.

«Wirklich grosse Voraussetzungen braucht es eigentlich nicht, um Trüffel anzubauen. Der Boden muss kalkhaltig und wasserdurchlässig sein. Zudem sollte die Trüffelanlage eine Hangneigung gegen Süden haben, damit sich der Boden auch im Frühling möglichst schnell erwärmt. Die Trüffel brauchen zum Wachstum besonnten Boden. Und um ein erfolgreiches Anwachsen der Trüffelkultur der Setzlinge zu gewährleisten, ist eine ausreichende Durchfeuchtung desBodens sicherzustellen», erklärt der Landwirt.

Trotzdem sind Trüffelplantagen keine Gelddruckmaschinen und Trüffel zu kultivieren ist eine sehr knifflige Angelegenheit. Nicht jede Plantage mit«Trüffelbäumchen» liefert die erhofften Erträge. Die Wurzeln der Bäume werden vor dem Anpflanzen mit Trüffelsporen «geimpft», damit sich die Symbiosezwischen Pilz und Baumwurzel, die Mykorrhiza, entwickeln kann. Nach dem Setzen muss sich die Mykorrhiza gegen andere Pilze im Boden durchsetzen können. Die Wirtsbäume müssen zu einer bestimmten Grösse heranwachsen, bevor die ersten Fruchtkörper gebildet werden können.

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Geimpfte Bäume mit Pilzfäden an den Wurzeln kosten zirka 25 Franken. Unter besonders günstigen Umständen produzieren 80 Prozent der gepflanzten Bäumchen Trüffel. Nach zehn bis 15 Jahren fängt man langsam an, Bäume, die nicht «tragen», auszutauschen. Zwischendurch werden Wurzelproben genommen, um festzustellen, ob das aus Sporen herangewachsene Myzel noch vorhanden ist und nicht von anderen Pilzen verdrängt wurde.

Was man am meisten braucht ist Geduld

Sechs bis acht Jahre müsse man dann warten, bis die ersten Fruchtkörper des Trüffels reif sind. Genau sechs Jahre nach der Anpflanzung fand Nubia den ersten Trüffel auf der Plantage. «Er war zirka 50 Gramm schwer, eine schöne Knolle, die ich natürlich selbst verspeist habe», so Truninger stolz. Im achten Jahr konnte er dann bereits zehn Kilo ernten.

«Und wenn alles gut läuft, wird die Ernte in den kommenden Jahren 30 bis 40 Kilo betragen», so der Landwirt. Doch wie immer war aller Anfang schwer. Weil die Pflege enorm viel Zeit, Geduld und noch viel mehr Geld fordert, konnten sich Trüffelpaten an den Kostenbeteiligen. Dafür bekommen sie einen Anteil der jährlich gefundenen Trüffel und werden zweimal im Jahr zu einem grossen Trüffelessen geladen. Die Patenschaften gibt es ab 200 Franken. Momentan sind jedoch alle Bäume vergeben.

«Geerntet» wird je nach Trüffelsorte ab Anfang September bis Februar. In dieser Zeit geht Jürg Truninger mindestens zweimal in der Woche mit seinen Hunden in die Plantage. Am Anfang fand er die Trüffel nur nahe am Stamm. Nach und nach weiten sich die sogenannten «Hexenkreise» jedoch immer mehr aus. Wintertrüffel sind die am weitesten verbreiteten Trüffel. Bis zu zwanzig Meter neben dem Wirt kann man sie finden. Doch mit der Trüffelsuche allein ist es nicht getan. Trüffel brauchen Luft und Platz, an zu schattigen Lagen wachsen irgendwann keine Trüffel mehr.

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Je nach Trüffelart und Wachstumsphase der Wirtsbäume fallen vor allem über die Sommermonate zahlreiche Pflegeschritte wie Bodenbearbeitung, Mähen und Baumschnitt an. Zudem muss im Herbst das Laub vom Boden entfernt werden, da es stark bodenversauernd wirkt. Bald kommt noch mehr Arbeit auf den Trüffelbauern zu.

Auf 1,5 Hektar hat er eine neue Plantage angelegt. Hierfür wurde Kalkgestein der Erde beigefügt, eine Tropfen-Bewässerungsanlage installiert und Vogelstangen aufgestellt. Milane und andere Raubvögel können so nun Ausschau nach Trüffel fressenden Nagern halten. Erstmals versucht sich der Landwirt an seinem Lieblingstrüffel, dem Perigord. In zirka fünf Jahren weiss Truninger, ob er damit Erfolg hat. Bis dahin vertreibt er über das Internet neben Burgundertrüffeln verschiedene Trüffelprodukte wie Trüffelsalz, Trüffelbutter und Trüffelhonig.