Weniger Plastikmüll in den Meeren, das ist das erklärte Ziel der «Tethered Caps», die bei der Einführung für Kontroversen sorgten, lassen sich doch die Deckel nach dem Aufschrauben nicht mehr so einfach wie bisher entfernen: Unpraktisch, monierten Kritiker, dringend notwendig, befanden Umweltschützer und Behörden.

Die Massnahme hat einen handfesten Hintergrund: Die Welt ertrinkt im Abfall, der auch die Meere zusehends vermüllt. Über 80 Prozent davon besteht aus Kunststoff, wovon die Hälfte Einwegartikel – also auch lose Plastikverschlüsse – sind. Diese Plastikschwemme ist für die Umwelt, die Tiere, aber auch für Menschen fatal: Kunststoffe verbleiben als Mikroplastik Hunderte von Jahren in der Natur, werden von Tieren aufgenommen und landen später wieder auf unseren Tellern.

Obwohl die Schweiz nicht verpflichtet ist, die EU-Norm zu übernehmen, haben hierzulande einige Unternehmen ihre Produktion umgestellt: Sie investierten millionenhohe Beträge für die Entwicklung der neuen Verschlüsse, um den Export der Produkte nach Europa aufrechtzuerhalten. Andere wiederum behielten die herkömmlichen Deckel bei oder produzieren heute beide Arten von Verschlüssen. Dennoch: Die «Tethered Caps» sind auch in der Schweiz längst grossflächig im Umlauf, zumal viele Supermärkte ausländische Getränke importieren.

Viel Abfall in Schweizer Gewässern

Welchen Weg wird die Schweiz in Zukunft gehen? Auch die hiesigen Behörden haben untersucht, wie gross das Ausmass der Verschmutzung in Gewässern ist. Mit wenig rühmlichem Resultat: Laut einer Studie im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (Bafu) sind auf einer hundert Meter langen Uferstrecke durchschnittlich rund 200 Abfallobjekte zu finden. Zwar stammt die weitaus grösste Verunreinigung von Zigarettenfiltern, aber auch die Verschlüsse von Getränkeflaschen werden oft achtlos liegengelassen.

«Das Bafu verfolgt die Entwicklung in der EU genaustens und prüft Anpassungen für die Schweiz», sagt Bafu-Mediensprecherin Dorine Kouyoumdjian. Untätig ist auch die Schweiz nicht geblieben: Seit dem 1. Januar 2025 gelten neue Regelungen zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft und voraussichtlich Mitte 2026 wird eine nationale Littering-Busse eingeführt, um dem achtlosen Umgang mit Abfall einen Riegel zu schieben. Eine laufende Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz soll zudem helfen, die Wirksamkeit von Massnahmen gegen Littering zu untersuchen und zu optimieren.

Keine negativen Folgen hatte das «Tethered Caps»-System bisher auf die Aktion «Deckel sammeln für Blindenführhunde». Im Gegenteil. Laut Martinus Aarts, der diese Initiative der Stiftung Ostschweizerische Blindenführhundeschule als Freiwilliger orchestriert, wurden im Jahr 2024 mit 9989 Kilo so viele Deckel gesammelt wie nie zuvor.