Das Begehren fordert ein Verbot von Tierversuchen in der Verfassung. Neu entwickelte Produkte, die unter Anwendung von Tierversuchen entwickelt wurden, sollen zudem nicht mehr importiert werden dürfen.

Nebst ethischen Gründen machten die Initianten vor den Medien in Bern insbesondere geltend, Tierversuche seien ineffizient: Die Körper von Tieren unterschieden sich zu stark von jenen von Menschen, als dass sich daraus relevante Erkenntnisse gewinnen liessen. Von 100 Wirkstoffen versagten 95 im Menschenversuch, trotz scheinbar erfolgversprechender Ergebnisse im Tierversuch.

Tiere wie auch nicht zustimmungsfähige Menschen würden heute als Versuchskaninchen missbraucht - unabhängig von ihren individuellen Interessen, sagte Komitee-Mitglied Luzia Osterwalder. Sie würden Schmerz ausgesetzt und damit «geopfert», machte das Komitee geltend. Auf der Strecke bleibe dabei das Mitgefühl.

Grundsatzkritik am heutigen Gesundheitssystem

Auch klinische Studien noch nicht zugelassener Medikamente an gesunden Menschen würden bei Annahme der Initiative verboten. Solche Versuche lieferten bloss vage Durchschnittswerte und brächten dem einzelnen Individuum nichts, so das Initiativkomitee. Es spricht in diesem Zusammenhang von Menschenversuchen.

An der Medienkonferenz wurde eine grundsätzliche Skepsis gegenüber der medizinischen Forschung und Praxis sichtbar. Die Ärztin Regina Möckli, Mitglied des Unterstützungskomitees, verwies auf den Contergan-Skandal – und auf die Verbrechen des Nazi-Arztes Josef Mengele.

Das Beruhigungsmedikament Contergan wurde in den 1950er-Jahren an Schwangere abgegeben. Tausende Kinder kamen wegen Nebenwirkungen mit Fehlbildungen zur Welt, viele davon ohne Arme oder Beine.

Der parteilose Zürcher Kantonsrat Urs Hans bekräftigte an der Medienkonferenz seine Kritik am Einsatz von mRNA-Impfstoffen. Es handle sich um einen «globalen Versuch». Der Biobauer wurde ursprünglich für die Grünen ins Kantonsparlament gewählt, wegen seiner Aussagen zur Pandemie allerdings aus der Partei ausgeschlossen.

Mit dem heutigen System lasse sich sehr viel Geld verdienen, so Hans am Donnerstag in Bern auf eine Journalistenfrage. Dies bringe eigentliche Oligarchien hervor, die «bald die ganze Macht auf der Welt» hätten.

Grössere Parteien einstimmig dagegen

Hinter der Volksinitiative stehen St. Galler Bürgerinnen und Bürger. Unterstützt wird sie von rund achtzig Organisationen und Unternehmen. Das Parlament empfahl die Initiative ohne eine einzige Ja-Stimme zur Ablehnung. Auch der Bundesrat lehnt sie ab.

Bei Annahme der Initiative gäbe es in der Schweiz keine neuen Medikamente mehr, die mit Tierversuchen entwickelt werden, weder für Menschen noch für Tiere. Dazu gehören zum Beispiel auch Impfstoffe. Die Forschung sowie die Entwicklung von Medikamenten oder anderen Produkten wie Pflanzenschutzmitteln würden eingeschränkt. 

Eine Annahme der Volksinitiative für ein Tier- und Menschenversuchsverbot würde zudem aus Sicht von Scienceindustries den Forschungs-, Innovations- und Wirtschaftsstandort Schweiz massiv gefährden. Über die Initiative wird am 13. Februar abgestimmt.

Mit dem von der Initiative geforderten rigorosen Verbot von Tier- und Menschenversuchen wäre in der Schweiz ein Grossteil der klinischen Forschung gemäss Einschätzung von Scienceindustries nicht mehr möglich. Dies teilte der Schweizer Wirtschaftsverband Chemie Pharma Life Sciences am Donnerstag mit. In vielen Forschungsdisziplinen würden die Einschränkungen de facto zu einem Forschungsverbot führen.