Das Tessin ist bekannt für seine Seen mit den steilen, bewaldeten Hängen. Auch in Morcote am Luganersee schmiegt sich das schmucke Dorf der Länge nach eng ans Ufer. Nur die schmale Strasse trennt die Häuserzeile vom blauen, ruhigen See. Wenig ausserhalb zieht sich ein terrassierter Garten den Hang hinauf, der Parco Scherrer. Von der Strasse aus ist er kaum zu sehen, weil er hinter einer Mauer verborgen ist. Ein Eingang neben einem Steinhaus lockt in die Wunderwelt. Die Stufen rechts führen empor ins Reich der Sinne, Düfte und der Exotik.

[IMG 2]

Textilhändler und Sammler

Zwischen 1930 und 1956 legte der aus dem Kanton St. Gallen stammende Kaufmann, Textilhändler, Sammler und Reisende Hermann Arthur Scherrer einen Garten voller historischer und kultureller Denkmäler an, die sich in exotische Pflanzenwelt integrieren. Er wurde 1881 in begüterte Verhältnisse geboren, wuchs auf dem St. Galler Rosenberg auf, erlernte Sprachen in Lausanne, Siena und den USA und arbeitete sich in die Textilbranche an der Höheren Preussischen Textilschule im deutschen Aachen ein. Später übernahm er das Tuchhandelsunternehmen seines Vaters in München und führte einen Zweig in St. Gallen.

[IMG 3]

Scherrers erste Ehe mit einer Italienerin wurde geschieden. Mit seiner zweiten Frau, der Österreicherin Amalia, baute er den Parco Scherrer in Morcote auf. Scherrer verstarb 1956 in Morcote, seine Frau übergab 1965 den Park der Gemeinde Morcote. Sie verstarb 1974.

[IMG 4]

Kulturdenkmäler in Pflanzenkulisse

Im Parco Scherrer entfaltet sich die Welt auf kleinem Raum. Auf jeder Terrasse bieten sich pittoreske Ausblicke, überraschende Momente, so dass die Sinne abschweifen in längst vergangene Zeiten. Ist es nun ein Park mit nachgebildeten Kulturdenkmälern oder ein botanischer Garten? Beides ist im Parco Scherrer vereint. Die Pflanzen bieten den exotischen Rahmen für die dezent platzierten Baumwerke.

[IMG 5]

Geschützt von kalten Winden

Auf den unteren Terrassen dominiert das Mediterrane. Durch Pinienkronen leuchtet das Blau des Luganersees wie das azurfarbene Mittelmeer. Die Treppe führt an Löwen aus Marmor vorbei stetig bergauf. Ein Gefühl wie an der mediterranen Küste. Mauern sind von Kletterfeigen umwachsen. Das Klima bleibt auch im Winter mild, denn diese aus asiatischen Subtropen stammende Art verträgt kaum Frost. Morcote liegt auf der Südseite am Fuss des etwa 800 Meter hohen Monte Arbostòra und ist geschützt von kalten Nordwinden.

[IMG 6]

In Arkadien

Wie in Pompeji umrunden römische Statuen auf Stelen einen Teich. Die Acanthus-Blüten werden von Hummeln besucht und bilden das botanische Pendant zu den antiken Säulen. Ein Element der Gartengestaltung der Romantik bildet die Steingrotte im Hintergrund des Sees. Stilelemente vermischen sich gekonnt, die kulturellen Reminiszenzen sind nie aufdringlich, sondern wohltuend verstreut am Hang platziert. Steineichen und Zwergpalmen, beides mediterrane Arten, rahmen dieses Arkadien ein, Hortensienblüten bilden Farbtupfer.

[IMG 7]

Unterhalb der Akropolis

Im Garten laden viele Bänke und Stühle zum Ausruhen und Sinnieren ein, entweder verborgen zwischen Pflanzen oder auf Terrassen im Schatten von Zitrusbäumen mit Weitblick über den See zum hügeligen italienischen Ufer hin. Warum nicht unter dem Erechtheion ausruhen, das den Gartenbesucher gedanklich nach Athen auf die Anhöhe mit der Akropolis versetzt. Sechs Frauenfiguren blicken ins Weite und tragen das Dach, gleich unterhalb entfalten gestreifte Agaven ihre Blätter.

[IMG 8]

Terrassierung

Alleine die Terrassierung des Hangs ist eine Kunst. Da die Pflanzen die Steinmauern so gut umwachsen haben, wirkt das Gelände natürlich. Dass der ehemalige Besitzer weltweit reiste und sich Charakteristisches an den Luganersee holte zeigt sich auch im asiatischeen Teil.

[IMG 9]

Von Asien über Indien bis nach Ägypten

Wege der Flanke entlang führen in einen Bambushain. Darin verborgen überrascht eine Nachbildung eines thailändischen Teehauses. Eine Schirmtanne aus Japan setzt einen dunkelgrünen Kontrast am Hang. Sie gedeiht nur auf einigen südlichen japanischen Inseln in subtropischem Klima. In Morcote entwickelt sie sich bestens. Steinerne Elefanten mit erhobenen Rüsseln um ein Bassin wiederum versetzen eher nach Indien, bevor die Reise auf den afrikanischen Kontinent führt mit der Nachbildung eines geheimnisvollen ägyptischen Tempels.

[IMG 10]

Kois im Teich

An schattiger Stelle ziehen farbige Koikarpfen in einem von Seerosen bestandenen Teich ihre Runden. Farnwedel kaschieren das Ufer, Palmen umsäumen das Gewässer. Wie schön ist es, immer wieder durch die Terrassen zu streifen und Neues zu entdecken. Stets entfalten sich andere Pflanzen, das Auge wird mit einer ästhetischen Wunderwelt verwöhnt. Wer sich etwas Gutes tun will, reist nach Morcote in den Parco Scherrer.

[IMG 11]

Parco ScherrerParco Scherrer, Riva di Pilastri 20, 6922 Morcote, geöffnet vom 15. März bis zum 5. November, ab 10 bis 17 Uhr, im Sommer bis 19 Uhr. Eintritt frei. Von Melide aus führt das Postauto Nr. 431 jede Stunde nach "Morcote, Parco Scherrer" mit Endziel "Lugano Autosilo Balestra".