Dieser Artikel erschien in der gedruckten Ausgabe Nr 17/2022 vom 25. August 2022.

Viele träumen vom Goldrausch in den Flüssen von Alaska und Kanada, von grossen Nuggets und Goldstaub in der Goldwaschpfanne. Alaska ist weit, zu weit weg! Kein Problem, das Abenteuer des Goldes wartet auch in der Schweiz auf Schatzsucher. Wir wurden, wenn auch mit sehr viel Hilfe, in der Region Brig Simplon fündig.

Der ehemalige Grenzwächter Rolf Gruber ist ein echtes Unikum. Seine Passion: Wandern, Pflanzen, Steine und vor allem Gold – Schweizer Gold. Kein Wunder, dass er sich in Gondo so wohlfühlt. «Hier wurde schon im Mittelalter nach Gold gesucht. Kaspar Stock-alper liess Galerien von mehreren hundert Metern in den Felsen hauen», weiss Gruber zu berichten. Während des Goldrausches von 1894 bis 1897 waren in Gondo über 500 Arbeiter dem Fieber verfallen. Heute zählt das kleine Grenzdorf nur mehr 110 Einwohner. Sie leben vom Durchgangsverkehr, vom Handel mit Tabak sowie Benzin und, da Gondo Etappenort an der Via Stockalper ist, vom Tourismus.

Der Stockalperweg

Vor mehr als 300 Jahren baute der Briger Handelsherr Kaspar Stock-alper den Saumpfad von Brig (zirka 720 m ü. M.) über den Simplonpass (2006 m ü. M.) nach Domodossola (855 m ü. M.) aus und legte damit den Grundstein zu seinem Handelsimperium. Dieses bot in einer politisch unruhigen Zeit eine sichere Handelsverbindung über die Alpen. Mit dem Abtritt Stockalpers von der politischen Bühne brach jedoch auch der Handelsverkehr über den Pass zusammen und der Saumpfad verfiel.

Neues Leben erwachte am Simplon erst dank Napoleon Bonaparte, der aus strategischen Gründen 1805 die erste und viel beachtete fahrbare Strasse in den Westalpen baute. Diese Trassierung war so modern, dass sie in den 1960er-Jahren beim Bau der Nationalstrasse weitgehend übernommen wurde. Daher sind von der napoleonischen Strasse nur wenige Abschnitte erhalten.

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Beim Stockalperweg war dies zum Glück anders. Dieser geriet zwar in Vergessenheit und zerfiel teilweise, wurde aber von neuen Verkehrswegen bisher kaum berührt. Seine wirtschaftliche Bedeutung hat der Weg längst an die neue Passstrasse abgegeben, doch seit 1991 lebt der Stockalperweg als Kulturweg wieder auf und ist zum Wandern populärer denn je. Die Route verläuft durch weite Lärchenwälder, dunkle Schluchten, idyllische Moorlandschaften und über historische Verkehrswege aus vier Epochen (Römer, Stockalper, Napoleon, Nationalstrasse).

Ein Teil des Weges führt gar durch einen zirka 350 Meter langen Verbindungsstollen einer ehemaligen Infanteriefestung, dem «Fort Gondo», das im 19. Jahrhundert erbaut und noch über den zweiten Weltkrieg hinaus aktiv betrieben wurde. Die Räumlichkeiten im Bunker mit Geschütz, Soldatenstube, Truppenunterkunft, Zentralgalerie, Offizierszimmer und Küche können mit einem kundigen Führer auf einem Rundgang bewundert werden. Unser Augenmerk liegt jedoch auf der Suche nach Gold.

Dem Gold verfallen

Bereits in der römischen Zeit wurde in der Gegend nach Gold geschürft. Genaueres ist jedoch erst ab 1660 bekannt. Zu dieser Zeit erlebten die Goldminen Gondos, gefördert durch Kaspar Stockalper bis 1691, eine Hochblüte. «Es heisst, die Goldmine von Gondo soll die älteste im Wallis sein», wirft der Goldexperte Gruber ein. Wie viel Gold hier gefunden wurde, ist jedoch nicht klar. Gewiss ist nur, dass aus dem Gondo-Gold 1893 fünfundzwanzig Vreneli-Münzen geprägt wurden und der Ort seitdem für Goldsuchende und Goldschürfer ein echtes Eldorado ist. Noch immer befinden sich hier unentdeckte Goldschätze, die nur darauf warten, gefunden zu werden.

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Goldwaschen ist heutzutage jedoch in erster Linie ein Freizeitvergnügen für Idealisten mit Freude an der Natur. Denn auch wenn der Goldpreis aktuell bei knapp 54 Franken pro Gramm liegt, ist für Hobby-Goldsucher in der Schweiz kein grosser Reichtum zu holen. Die stete Hoffnung auf einen spektakulären Fund, das Naturerlebnis sowie der Aufenthalt an der frischen Luft wiegen den meist nur kleinen finanziellen Erfolg jedoch mehr als auf. So sieht es auch Rolf Gruber. Der Gold Prospector hat in seinem Leben zwar schon so einiges an Gold gefunden, zur Ruhe setzen will er sich aber noch lange nicht.

Er sei einfach «unheilbar am Goldvirus erkrankt», erzählt er uns, während wir durch einen alten Buchenwald Richtung Goldmine unterwegs sind. Die vor fast 120 Jahren stillgelegten Goldminen wurden in den letzten Jahren zu einem Besucherbergwerk ausgebaut. Dort wo schon die alten Römer vor zweitausend Jahren goldhaltiges Erz mühsam aus dem Berg schlugen, dürfen heute wir – bewaffnet mit Helm, Stirnlampe, Hammer und Meissel – selbst auf Goldsuche gehen. Eine dicke Goldader suchen wir in der Mine «Leopold» vergebens. Das Gold ist nämlich in dem Vorkommen mit Pyrit und Silber vermengt und an Quarzadern gebunden. Freigold gibt es hier nicht. Wir finden jedoch anderes glitzerndes Gestein, das zwar wertlos ist, aber dafür schön aussieht.

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Ab ins Flussbett

Nach der Mine versuchen wir unser Glück im Flussbett. Laut Gruber stehen die Chancen gut, hier etwas zu finden, denn «der Bach im Zwischenbergtal enthält seit Jahrtausenden Spuren von purem Gold».

Rolf Gruber ist Meister im Goldwaschen. Mitgeübter Hand wäscht er innert einer Minute die erste Pfanne. Das Goldwaschen in einer Goldpfanne gehört zu den ältesten und auch einfachsten Verfahren zur Gewinnung von Goldpartikeln aus unverfestigten Flusssedimenten. Hierbei wird «Feinmaterial» vom Grund eines fliessenden Gewässers zusammen mit etwas Wasser in die Pfanne gefüllt.

Diese Mischung wird in eine leichte, gleichmässige Drehbewegung versetzt und gelegentlich geschüttelt oder unter Wasser seitwärts hin- und hergeschwenkt. Dabei sortieren sich die Materialien in der Pfanne nach ihrer Dichte. Die dichteren Partikel sammeln sich auf dem Boden, die weniger dichten am Rand. Durch leichtes Kippen lässt man dann etwas Wasser mit der oberen Schicht des Sediments (Schlamm, Sand und Kies) über den Rand hinausfliessen. Bei mehrmaliger Wiederholung des Vorgangs bleibt schliesslich das schwerere Gold am Boden der Waschschüssel liegen.

«Gold: nicht magnetisch und doch das anziehendstes aller Metalle.»
(Ron Kritzfeld)

Wie viel man schlussendlich fände, sei nicht wichtig, schon der kleinste Glanz in seiner Pfanne bringt ihm Zufriedenheit und zaubere ihm ein Lächeln im Gesicht, erläutert uns der Goldprofi. Auf der Suche nach diesem Gefühl machen also auch wir uns ans Werk. Jetzt heisst es buddeln, schwenken, schütteln, waschen, buddeln, schwenken, schütteln, waschen … Zweimal nichts. Also nochmal: buddeln, schwenken, schütteln, waschen … Wieder nichts! «Die richtige Technik ist das eine, doch die eigentliche Challenge besteht darin, den Fluss richtig zu interpretieren. Wo hält er die Goldflitter versteckt?», erklärt Gruber.

Wir haben also vielleicht an der falschen Stelle gebuddelt und suchen so eine andere Flussmulde, der wir Material entnehmen. Und nochmal: buddeln, schwenken, schütteln, waschen, buddeln, schwenken, schütteln, waschen … Schnell wird uns klar, dass man als Goldsucher vor allem eins braucht: Geduld und die richtige Technik. Ein bisschen frustriert wollen wir fast aufgeben, da glitzert es plötzlich am Rand der Pfanne. Gold?

Ja, tatsächlich ist es Gold. Vier klitzekleine Stückchen. Rolf Gruber hilft uns, die feinen Partikel in ein mit Wasser gefülltes Röhrchen zu füllen. Wenn wir so weitermachen, können wir uns in einem Jahr sicherlich ein Glace davon leisten. Fazit: Das erste Mal selbst Gold zu finden ist ein unbeschreibliches Gefühl. Ein Gefühl des Glücks – auch wenn Goldwaschen nicht reich macht, auf Dauer anstrengend ist und in den Rücken geht.

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Weitere Highlights der Region
• Stadtbummel durch Brig inkl. Besichtigung des Stockalperschlosses
• Im Restaurant im Hotel «Du Pont» Cordon bleu essen (wurde in Brig erfunden)
• Fahrt mit der Gondelbahn nach Rosswald und anschliessende Suonenwanderung
• Besuch des Simplonpasses
• Besichtigung des Dorfes Simplon inkl. Besuch im Ecomuseum
• Besuch des Goldmuseums im Hotel «Stockalperturm»