Dass Delfine und Wale Lebewesen von bemerkenswerter Intelligenz sind, ist hinlänglich bekannt. Im letzten Herbst verkündete eine Wissenschaftlerin gar, das Einzige, was sie davon abhalte, die Weltherrschaft zu übernehmen, sei die Tatsache, dass sie keine Hände haben («Tierwelt Online» berichtete). Nun bringt ein Forscherteam aus Madrid einen weiteren Beweis für die aussergewöhnliche Gehirnleistung: Sie haben es geschafft, einem Orca beizubringen, Wörter einer menschlichen Sprache «nachzusprechen».      

Bei besagter menschlicher Sprache handelt es sich um Englisch. Beigebracht wurden Wörter wie «hello» und «one, two, three» dem Orca-Weibchen Wikie, das im Marineland Antibes an der französischen Côte d'Azur in einem Becken lebt. Da es sich um ein Tier handelt, das auch in Shows auftreten muss, war es schon darauf trainiert, seiner Trainerin auf Kommando alles nachzumachen. So habe Wikie denn auch die ihr vorgesagten und gespielten Laute relativ schnell gelernt, wie die Forscher um Erstautor José Abramson in ihrer letzte Woche im Fachjournal «Proceedings of the Royal Society B» erschienenen Studie schreiben. Erst waren dies Gesänge ihrer Artgenossen, die in einem anderen Orca-Dialekt kommunizieren. Danach erlernte Wikie auch die menschlichen Wörter. «Es war schwierig, nicht vor Freude gleich in die Luft zu springen, als sie zum ersten Mal ‹sprach›», freut sich Abramson gegenüber der Nachrichtenagentur afp. Auch die Trainer seien sehr emotional geworden.      

Wikies Stimme klingt allerdings überhaupt nicht menschlich, da ihre Anatomie zur Lautäusserung ganz anders aufgebaut ist als beim Menschen. Wikiess Englisch klingt sogar fast ein bisschen gruselig. Schaue man sich allerdings die Schallwellen von Mensch und Wal an, stimmten diese erstaunlich gut überein, meinen die Forscher.      

Mensch sagt vor, Orca plappert nach: Wikie im «Gespräch» mit ihrer Trainerin Amy (Video: Science Magazine):

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Über den Sinn und Unsinn solcher Forschung lässt sich streiten, ebenso über den Sinn und Unsinn davon, Orcas in Gefangenschaft zu halten und ihnen Tricks beizubringen. Wikie kennt die Bedeutung der Wörter, die sie gesagt hat auf jeden Fall nicht, denn Wale sprechen mit ihren Gesängen eine ganz andere «Sprache». Abramson und sein Team wollten damit aber trotzdem zeigen, dass die Tiere in der Lage sind, auch ihnen unbekannte Laute zu erlernen. Somit können sie auch von ihren Artgenossen und deren Erfahrungen lernen. Das sei wesentlich sicherer als die «Trial and Error»-Methode, bei der einfach ausprobiert wird und bei der man Dinge, mit denen man schlechte Erfahrungen gemacht hat, künftig meidet.

Probiert ein Wal beispielsweise einen giftigen Fisch aus, kann er davon im schlimmsten Fall sterben. Warnen die Artgenossen davor, wird dies vermieden. Solch eine Fähigkeit zum «sozialen Lernen» ist laut Abramson ein Zeichen von Intelligenz und Kultur. Sie ermöglicht es einer Art ausserdem, flexibel zu sein und sich schneller an veränderte Umweltbedingungen anzupassen.