Im Wildnispark Zürich Langenberg erklingt in einem weiss gekachelten, gut 12 Quadratmeter grossen Raum klassische Musik. Hier wohnen rund 100 Ratten in einem Nager-Paradies. Es sind keine grau-braunen Wanderratten, wie sie in der Wildnis anzutreffen wären, sondern schwarz-weisse Zuchtratten, die eines Tages an die Raubtiere im Tierpark Langenberg verfüttert werden.
«Unsere Futterratten führen ein gutes Leben», sagt Andreas Wigger, Leiter der Tierpflege im Wildnispark Zürich. «Die Musik wirkt beruhigend auf sie.» Die scheuen Tiere verstecken sich sofort, wenn Menschen den Raum betreten. Möglichkeiten dafür haben sie mehr als genug: Äste, Bretter, Erde, Hobelspäne und Karton sind kreuz und quer gestapelt. «Die Raumgestaltung überlassen wir den Ratten, das können sie gut», schmunzelt Wigger. «Sie leben hier artgerecht in natürlichen sozialen Strukturen und haben genügend Rückzugs- und Klettermöglichkeiten, Rinde zum Abnagen sowie Material, um Nester zu bauen.»
Sanfter Umgang mit
den Tieren
Wenn eine Ratte verfüttert werden soll, wird das so schonend wie möglich vorbereitet. Zentral in diesem Zusammenhang, sind die roten Plexiglas-Boxen, die den Raum auf einer Seite abschliessen. In diesen Boxen werden die Ratten gefüttert. «Da Ratten nicht durch rot hindurchsehen können, sehen sie uns nicht, wir sie aber schon», erklärt Wigger. «Wenn ich Tiere aus der Gruppe entnehme, verschliesse ich der Ratte den Rückweg in den Raum mit einem Schieber und nehme sie dann ruhig und vorsichtig durch eine Klappe aus der Futterbox heraus. Wichtig ist, dass die Ratten keine schlechten Erfahrungen mit den Boxen verbinden. Bei der Auswahl der Individuen muss ich achtsam und manchmal auch geduldig sein.» Trächtige oder säugende Weibchen werden nicht entfernt. Es gilt also, auf ein passendes Exemplar zu warten.
Artgerechte Küken- und
Kaninchenhaltung
Auch die Futterküken haben viel Platz und eine artgerechte Umgebung. «Unter die Wärmelampen legen wir kleine Tannenbäume, die mit ihren Ästen Höhlen für die Küken bilden», erklärt Wigger. In ihrem Stall können die Bibeli angeborene Verhaltensweisen ausleben, so etwa das Scharren bei der Futtersuche. Der Sand in der Anlage, der übrigens auch gefressen wird und so die Verdauung der Tiere auf Trab hält, macht das möglich.
«Weil unsere Raubtiere abwechslungsreiche Nahrung brauchen, erhalten sie auch Kaninchen», erklärt der Tierpfleger. Diesen steht neben einer geschützten Innenanlage auch eine grosszügige Aussenanlage mit unzähligen Möglichkeiten zum Graben und Hoppeln zur Verfügung. Die Weibchen bringen ihre Jungtiere in abgedunkelten Boxen zur Welt. Das entspricht ihrem natürlichen Bedürfnis.
 «Auch bei den Kaninchen müssen wir immer sehr genau schauen, welche Tiere wir jeweils verfüttern können», sagt Andreas Wigger. «Tiere, die säugen oder trächtig sind, werden nicht getötet.» Die Raubtierfütterung mit frischen Kaninchen und Ratten ist deshalb nicht auf den Tag genau planbar. Einfacher geht das mit Haushuhn-Küken, da nur männliche Tiere gehalten werden.
Der Kreislauf im Langenberg
Bei Bedarf können die Tierpfleger und -pflegerinnen auch auf Fleisch aus dem Tiefkühler zurückgreifen. Hier findet sich zum Beispiel zugekauftes Fleisch aus Schlachtbetrieben, das für den menschlichen Verzehr nicht geeignet ist, und ab und an auch ein Hirsch aus dem Tierpark, weil die Herde zu gross wurde und sich kein geeigneter Zoo als Abnehmer fand. Ziel sei es, im Wildnispark Zürich Langenberg einen eigenen kleinen Kreislauf aufrechtzuerhalten, erklärt Wigger. «Unser Fleisch bleibt in der Regel im Langenberg.»
Getötet werden die Futtertiere in einer ruhigen Umgebung, so wie es den Vorschriften des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen entspricht: fachgerecht, angst- und schmerzfrei.

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Der Tierpark Langenberg gehört zusammen mit dem Naturerlebnispark Sihlwald zur Stiftung Wildnispark Zürich (www.wildnispark.ch) im Dachverband der wissenschaftlich geleiteten Zoos der Schweiz (zooschweiz / zoosuisse). www.zoos.ch