Adrian Babics, Tierpfleger Zolli-Vivarium:
«Wir haben hier einige Charakterköpfe»
Adrian Babics hat sein Herz an die Aquariumbewohner verloren. Dass ihn seine Schützlinge auch gerne einmal anspritzen, ändert daran nichts. Im Gegenteil.
Es riecht nach Fisch in Adrian Babics Reich. In einem hell beleuchteten runden Glasbehälter schweben unterschiedlich grosse weisse Quallen. In allerlei Becken sprudelt es. Der Fischgeruch kommt von den Futterportionen, die für die unzähligen Fische und Wirbellosen, die im Vivarium des Basler Zoos zu Hause sind, auf einem der Arbeitstische bereitstehen.
Babics Arbeitsbereich befindet sich – vom Publikum verborgen – auf der Hinterseite der Aquarien. Während sich draussen die Besucher vor der Scheibe drängen, hat er drinnen Zugriff zu allen Becken und ihren Bewohnern. Der 37-Jährige weiss viel und erzählt spannend. Nur ein kleiner gepunkteter Kofferfisch scheint mit den Ausführungen seines Betreuers nicht einverstanden zu sein – und spuckt ihm aus seinem kugelrunden Mäulchen im hohen Bogen einen Strahl Wasser an. «Wir haben hier einige Charakterköpfe!», kommentiert Babics die Szene und lacht herzlich: «Die Menschen denken immer, Fische seien langweilig oder dumm. Aber was wir hier an Interaktionen erleben ist einmalig. Sie sind unser grösster Lohn.»
«Manche Fische erkennen uns am Gang oder an der Silhouette», erzählt Babics. «Und wir hatten auch schon Kugelfischchen, die besonders fest spuckten, wenn jemand in Zolli-Uniform ans Becken trat. Bei manchen Menschen hörten sie gar nicht mehr damit auf.» Einerseits nerve man sich, wenn man nasse Hosen habe. «Andererseits wachsen einem genau diese Tiere besonders ans Herz.»
Mäuse vor Mama versteckt
Babics ist im Zolli für das Vivarium und die Nashornanlage zuständig. Wobei ihm die Bewohner des Vivariums eine Spur mehr am Herzen liegen. «Ich bin ein Aquarianer – also ein kleiner Freak.» Nicht nur in seinem Berufsalltag, auch zu Hause dreht sich alles um Wassertiere: «Ich habe keine Stube, sondern einen Raum mit Aquarien», erzählt der Basler. Im Alter von acht Jahren habe er vom Onkel sein erstes Aquarium bekommen und es danach zusammen mit seinem Bruder betreut.
Sie hätten aber auch allerlei andere Tiere, etwa Meerschweinchen, Vögel, Katzen und Mäuse, mit nach Hause gebracht. Die Mäuse brachten die beiden Buben heimlich in der Doppelbett-Schublade im Kinderzimmer unter, um sie vor der Mama zu verstecken. «Wir hatten allerdings nicht bedacht, dass Mäuse eine Ecke hochlaufen und entwischen können. Meine Mutter fand sie dann in der Stube.»
Anfassen ist nicht nötig
Heute gehören Fische, Quallen, Korallen und Frösche zu Babics Haustieren. Ein Aquarium werde, etwa wie ein Bonsai, mit zunehmendem Alter immer wertvoller, erklärt Babics: «Ein Riff hat zum Beispiel frühestens nach zwei Jahren die Biologie, die es haben sollte.» Anhand des Verhaltens, der Farbe oder des Wachstums seiner Tiere merke er, ob das Klima in einem Aquarium stimme. Falls nicht, verändere er einen von vielen möglichen Faktoren wie Nitratgehalt, Wassertemperatur oder Beleuchtung und schaue dann, was passiere: «Viele ändern zu viel auf einmal und wissen dann nicht mehr, woran es liegt.»
In diesem Video füttert Adrian Babics einen Oktopus. Er muss an sein Futter aber erst herankommen.
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Am liebsten von allen Tieren sind ihm die Schlammspringer; eine im Wasser und an Land lebende Fischgattung: «Bizarre, faszinierende Wesen. Sie sehen nicht gerade hübsch aus, aber machen das mit ihrem Wesen problemlos wieder wett.» Er verliebe sich schnell in ein Tier und trage jedem einzeln bestmöglich Sorge, sagt Babics: «Ich habe Fische, die sind inzwischen zehn Jahre alt.»
Trotz grossem Interesse und Zuneigung: Das Bedürfnis, Tiere anzufassen, das viele Tierfreunde hätten, kenne er nicht. Viel lieber warte und beobachte er und lasse es dem Tier offen, mit ihm in Kontakt zu treten – oder auch nicht. Dem Oktopus Jonathan, der unlängst im Alter von zwei Jahren gestorben ist, habe der Kontakt zu den Menschen sichtlich Spass gemacht. «Er lernte etwa, dass ich zurückspritze, wenn er mich anspritzt. Der hat jeweils gesaugt und gespritzt und gemacht, wenn wir gekommen sind. Einfach grossartig.» Jonathan konnte Schraub- und Klappdeckel öffnen. Manchmal sei er aber auch einfach zu faul gewesen und habe den Verschluss kurzerhand aufgebrochen: «Wenn das nicht intelligent ist!»
Tintenfisch sei nicht gleich Tintenfisch, sagt Babics: «Jeder hat seine Vorlieben und Marotten.» Aktuell sei man gerade daran, herauszufinden, welchen Charakter die zwei Neuzugänge – Wildfänge aus dem Mittelmeer – hätten. Der offensivere komme in den Schauraum, der andere bleibe im Hintergrund. Lemmy und Slash heissen die beiden erst daumengrossen Oktopusse. Eine Kollegin habe die beiden Zwerge getauft. Lemmy ist eine Hommage an den verstorbenen Motörhead-Frontmann Lemmy Kilmister und Slash verdankt seinen Namen dem berühmten Rock-Gitarristen: «Sie mag eher harte Musik», sagt Babics und lacht.
Trotz rockigen Vorbildern: Noch scheinen Lemmy und Slash nicht gerade ins Rampenlicht zu drängen. Die beiden Oktopusse sind in zwei mit Pflanzen, Steinen und Tonscherben eingerichteten Aquarien untergebracht – und haben sich verkrochen. Nur ein Auge beziehungsweise ein Ärmchen ist zu sehen. «Kleine Feiglinge», sagt Babics mit einem Augenzwinkern: «Aber Mut liegt bekanntlich nahe bei Dummheit.» Die kleinen Oktopusse können bereits Tinte ablassen, erzählt Babics: «Wir sagen ‹feuchte Fürze› dazu.» Er müsse immer lachen, wenn wieder ein Becken «vollgefurzt» sei.
«Die sind wahnsinnig frech»
Tierpfleger im Vivarium sei sein absoluter Traumberuf, sagt Babics. Seine Erstausbildung als Anlagen- und Apparatebauer komme ihm bei der täglichen Arbeit sehr entgegen. «Dass ich den Ausbildungsplatz unter den vielen Bewerbern bekommen habe – trotz dem ‹ic› in meinem Namen – hat mich unglaublich gefreut.» Sein Vater, ein leidenschaftlicher Taubenzüchter aus Pakistan, habe seine Begeisterung für Wasser und Wassertiere anfangs belächelt. Inzwischen sei er aber auch ein Fan. Die Mutter, eine Ungarin, habe seine Freude von Anfang an geteilt. «Wasser ist alles. Ohne funktioniert nichts», erklärt Babics seine Faszination. «71 Prozent der Erdoberfläche sind Wasser, die Qualle besteht zu 98 Prozent aus Wasser. Und wenn die Nasa losfliegt und etwas sucht, ist es ebenfalls Wasser. Das zeigt, wie immens wichtig das Element ist.»
Zwar gehört Babics’ Herz den Aquarium-Bewohnern – die «Zwergotterli» in «seiner» Nashornanlage mag er aber auch: «Die sind wahnsinnig frech und haben immer Schabernack im Kopf.» Er müsse permanent aufpassen, dass sie kein Futter klauen und ihm nicht in die Füsse beissen: «Ich liebe es.»
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