Landauf, landab ernten Bauern in diesen Tagen ihren Raps. Vom Feld wird dieser zu den Sammelstellen gebracht, von wo es weiter zu den Ölmühlen geht. Diese verarbeiten die schwarzen Raps-Körner zu Speiseöl; der nach dem Pressen übrigbleibende Teil, der so genannte Kuchen, dient als protein- und energiereiches Viehfutter.

Der Rapsanbau in der Schweiz hat in den letzten Jahren einen wahren Boom erlebt. Die Anbaufläche konnte stark ausgedehnt werden. Heute produzieren die Schweizer Bauern fast doppelt so viel Raps wie im Jahr 2000. Im letzten Jahr konnten sie gar so viel ernten wie noch nie. Die Erfolgsgeschichte hängt auch mit einer neuen Sorte zusammen, die in den letzten Jahren gezüchtet wurde: HOLL-Raps. Daraus lässt sich ein Öl pressen, das wegen einer anderen Fettsäurestruktur hitzebeständig ist. Es eignet sich folglich besonders zum Frittieren und für heisses Anbraten und somit für den Einsatz in der Gastronomie und Lebensmittelindustrie. Herkömmliches Rapsöl konnte deren Anforderungen nur teilweise erfüllen.

Verhandlungen mit den wichtigsten Palmöl-Produktionsländern
Ob der Höhenflug der Schweizer Rapsproduktion weiter anhält, ist aber ungewiss. Die Schweiz verhandelt aktuell zusammen mit anderen EFTA-Staaten ein Freihandelsabkommen mit Malaysia und Indonesien. Über den Inhalt der Verhandlungen ist noch nichts bekannt. Doch Malaysia und Indonesien dürften als weltgrössten Produzenten von Palmöl an einem erleichterten Export für Palmöl besonders interessiert sein. Beat Röösli vom Schweizer Bauernverband glaubt denn auch, dass die beiden asiatischen Länder auf einen Zollabbau im Bereich pflanzlicher Öle drängen werden.

Palmöl würde damit billiger, der Import somit attraktiver. «Je billiger Palmöl ist, desto stärker kommt Schweizer Rapsöl unter Druck und könnte ersetzt werden», befürchtet Andrea Koch vom Schweizerischen Getreideproduzentenverband. Betroffen seien vor allem verarbeitete Lebensmittel. Bei diesen sei die Herkunft einzelner Rohstoffe für Konsumenten meist nicht so entscheidend, der Swissness-Trumpf steche hier kaum. Verarbeiter könnten deshalb versucht sein, vermehrt billiges Palmöl statt Schweizer Rapsöl einzusetzen. Laut Koch kann HOLL-Raps praktisch eins zu eins durch Palmöl ersetzt werden.

Koch befürchtet, dass unter vermehrten Importen von Billig-Palmöl nicht nur der Rapsanbau, sondern der Ackerbau im Allgemeinen leiden könnte. «Raps ist eine der wenigen Ackerkulturen, deren Anbau sich bislang rentiert hat», so Koch. Bauern sind im Rahmen der Fruchtfolge verpflichtet, mehrere Kulturen anzubauen, auch solche, die weniger lukrativ sind wie etwa Futtergetreide. «Für viele Bauern fiel die Bilanz dank dem Raps dennoch positiv aus», erklärt Koch.

Vorstoss im Parlament eingereicht
Bedenken gegenüber Palmöl gibt es auch aus ökologischer Sicht. Maya Graf, Nationalrätin Grüne, hat im Juni 2015 eine Interpellation zum Palmöl-Import und dem Freihandelsabkommen mit Malaysia und Indonesien eingereicht. Darin zeigt sie sich besorgt wegen der Ausweitung der Palmöl-Plantagen, die zu einer drastischen Abnahme des Urwalds führe. Vom Bundesrat will Graf unter anderem wissen, ob das Abkommen soziale und ökologische Mindeststandards für den Handel mit Palmöl vorsehe.