An der Berner Bea im Mai 2019. Zwei Mädchen im Kindergartenalter sind begeistert: «Lueg emol, bruni Säuli», ruft die eine. Ihre Freundin legt noch einen drauf: «Bruuuniii!» Ganz hinten in der Halle 16 sorgt ein Trupp kleiner brauner Schweine für Betrieb. Mit auf und ab wackelnden Schlappohren und wedelnden Schwänzchen rennen die einen im Kreis, die anderen auf und ab. Immer wieder kommt ein braun-weiss geschecktes Schweinchen vom Streichelzoo in der Aussenanlage reingeschossen und mischt die fröhlich fressenden Kollegen auf.

Die Mädchen haben sicht- und hörbar Freude an den Rangeleien. «Was sind das für Säuli», fragen sie ihre Väter, die es aber auch nicht wissen. Eine Tafel informiert: Es sind Duroc-Schweine. Eine Rasse aus den USA, bei der allerdings nicht klar ist, wie und wann sie nach Übersee gelangte. Einer Quelle zufolge kamen sie ab dem 16. Jahrhundert mit Sklavenhandelsschiffen aus Afrika, an dessen Westküste in Guinea ähnlich aussehende Schweine gelebt haben.

Andere Historiker glauben, dass bereits Kolumbus auf seiner zweiten Reise 1493 Schweine aus Spanien und Portugal in die Karibik brachte sowie um 1540 herum auch der spanische Konquistador Hernando de Soto bei seiner «Expedition Florida». Eine dritte Theorie ist, dass die roten Schweine von englischen Berkshire abstammen, die heute schwarz sind, früher aber rostbraun waren (lesen Sie hier mehr dazu).

Breite Farbenpalette
In den USA hatte die Rasse ihre Anfänge im Nordosten. Im frühen 19. Jahrhundert tauchten in den benachbarten Bundesstaaten New York und New Jersey immer wieder rote Schweine auf. Ein in New Jersey lebender Agrarjournalist der «New York Tribune» prägte in einem Artikel ihren Namen: «Jersey Red». Sie waren gross, robust und produktiv und hatten deshalb einen guten Ruf.

Doch vielen Schweinen mangelte es an Qualität, wie das «Department of Animal Science» der Oklahoma State University schreibt. Von einer deutlich höheren Güteklasse waren dagegen die roten Schweine, die im Norden des Staates New York lebten. Sie waren kleiner und kompakter. Ihr erster professioneller Züchter nannte sie nach dem Vollbluthengst, den er auf dem Hof gesehen hatte, wo er die Schweine 1823 erworben hatte: Duroc.

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Die Zucht des modernen Durocs, wie man es heute kennt, begann Mitte des 19. Jahrhunderts und war eine Kreuzung der Schläge Duroc, Jersey Red und Red Berkshires, die seit 1820 in Connecticut vorkamen. Die Rasse hiess lange Duroc-Jersey – erst seit den 1930er-Jahren nennt man sie Duroc – und bekam 1885 eine einheitlichen Standard. Die Schweine sind kraftvoll, robust, grossrahmig, 350 bis 400 Kilogramm schwer und unproblematisch in der Haltung. Sie gelten als widerstandsfähig gegen Krankheiten, Kälte und Hitze. Die starke Pigmentierung und die dicht behaarte Haut schützen sie vor Sonneneinstrahlung. Duroc-Schweine fallen ihrer besonderen Hautfarbe wegen auf. Die Farbpalette reicht von hellgolden bis dunkelrot respektive rotbraun. Manche Tiere haben helle oder dunkle Flecken im Borstenkleid.

Diese US-Rasse kam vor gut 50 Jahren nach Europa. «Duroc ist eine der internationalen Rassen, die weltweit zu den verbreitetsten gehört», sagt Matteo Aepli, Geschäftsführer von Suisag, wo alle Aktivitäten der Schweizer Schweinezucht zusammenlaufen. Vereinzelt gab es schon in den 1980er-Jahren Duroc-Schweine in der Schweiz, die eigentliche und professionelle Zucht hierzulande begann Mitte der 90er-Jahre.

Duroc-Fleisch wird immer beliebter
Damals habe die Euphorie der Kreuzungszucht mit Hampshire-Schweinen den Zenit erreicht, heisst es in der Schrift zum 100-Jahr-Jubiläum von Suisag. Die Ergebnisse hätten zu Ernüchterung geführt. Gleichzeitig kam aus Dänemark die Kunde von einem Duroc-Eber, dessen Mast- und Schlachtleistung für Furore sorgte. Und so importierte man 1995 die ersten Duroc-Eber und -Sauen aus Dänemark. Mittlerweile kommt die Duroc-Genetik gemäss Aepli aus Kanada, das zur Ergänzung der kleinen, aber feinen Schweizer Zucht regelmässig Sperma liefere. Was mit 15 bis 20 Tieren begann, hat heutzutage einen Marktanteil von 20 Prozent.

Vier Betriebe – darunter Samuel Schwab im bernischen Worb, dem die aufgeweckte Gruppe der Bea gehört – züchten Duroc-Eber in der sogenannten Vaterlinie, das heisst, ihre männlichen Nachkommen sind die Väter von Mastschweinen. Ein Teil der weiblichen Ferkel würde gebraucht, um neue Mutter­sauen heranzuziehen, sagt Aepli. Die anderen würden geschlachtet.

«Die besten Ferkel-Eber, etwa 60 pro Jahr, kommen nach einer Quarantäne, verschiedenen Bluttests und Untersuchungen in unsere Stationen», erklärt Aepli von Suisag, «dort produzieren sie solange Sperma, wie die Qualität stimmt und die Eber in guter Verfassung sind.» Die restlichen Eber verkaufen die Züchter an Ferkelmäster, wo sie Sauen der weissen Rassen decken.

Diese Kreuzung ergibt schnell wachsende, vitale und widerstandsfähige Nachkommen. So ergänzen sich die guten Eigenschaften aller Schweinerassen ideal: Die Sauen der Schweizer Rassen Edelschwein und Landrasse sind berühmt dafür, hervorragende Mütter mit guter Aufzuchtleistung zu sein. Das Duroc wiederum ist bekannt für seine gute Fleischqualität.

Duroc-Fleisch hat einen recht hohen intra­muskulären Fettgehalt, also viele kleine Fetteinlagerungen. Dies ist gut für den Geschmack. Es hat aber auch eine ausgeprägte Marmorierung. Zu viel davon ist laut Aepli besonders beim Privatkonsum aber auch nicht erwünscht. Das heisst: Fett ja, weil es das Fleisch saftig und zart macht, zu viel davon aber lieber nicht. Dennoch wird Duroc-Fleisch seines Aromas wegen gerade in Gourmet-Restaurants immer beliebter.