Aufgereiht steht eine Handvoll Königspinguine am Rand des Beckens im Zoo Basel. Nur einer hat sich mit den Füssen bereits ins Wasser gewagt. Wer durch die Scheibe hineinblickt, könnte meinen, es sei ihnen zu kalt – die 8 Grad, die auf einer Schiefertafel angeschrieben sind, entsprechen nicht gerade dem, was wir Menschen als Badetemperaturen betrachten. Doch für diese Pinguine ist die Kälte kein Problem, im Gegenteil: Ihr Gehege muss gekühlt werden, damit sie sich wohlfühlen und gesund bleiben. 

Es muss also einen anderen Grund für das zögerliche Verhalten geben. Kuratorin Friederike von Houwald erklärt: «Ihr natürlicher Feind ist der Seeleopard, der vom Wasser aus jagt. Deshalb gucken die Königspinguine immer ins Wasser, bevor sie hineinspringen.» Die einzigen Lebewesen, die sie hier im Becken entdecken, sind aber einige Pinguine einer anderen Art, die etwas kleineren Esels­pinguine. Das ist ein gutes Zeichen, also wagen es auch die Königspinguine, einer nach dem anderen gleitet ins Wasser. Und verwandelt sich in dem Moment vom plumpen Pummelchen in einen eleganten Tänzer.

Das Futter steckt in der Kugel
Die Besucher kriegen ein Wasserballett zu sehen: Die Vögel drehen sich auf den Rücken und zurück auf den Bauch, schwimmen Schlangenlinien, tauchen ab und dann wieder empor, führen Luftsprünge und Pirouetten aus. Einer der Königspinguine schwimmt durch ein Unterwassertürchen in die andere Hälfte des Geheges. Hier hängt eine mit Löchern versehene Kugel im Wasser, gefüllt mit toten Fischen. Gemeinsam mit zwei Eselspinguinen umkreist er den Gegenstand und zieht mit dem Schnabel einen der Fische heraus. «Lebende Fische dürfen wir nicht verfüttern, das wäre gegen das Tierschutzgesetz», sagt von Houwald. «Aber mit der Kugel ist es für die Pinguine ein wenig, als würden sie die Fische selber fangen.» 

Die Pinguine haben allerdings die Wahl. Jeden Tag geht der Tierpfleger auch mit einem Eimer voller Fische hinein, die er einzeln verfüttert. Das hat den Vorteil, dass er jeden Vogel von nahe sieht, sein Fressverhalten beobachten und den Zustand des Federkleids beurteilen kann – wichtige Zeichen, um zu sehen, ob es einem Tier gut geht. Insbesondere die Aspergillose, eine Pilzinfektion, ist gefürchtet, sie hat in Zoos schon Massensterben unter Pinguinen verursacht. Auch in Basel gab es schon Probleme, aber der letzte Fall ist lange her. Die ältesten Pinguine sind hier um die dreis­sig Jahre alt. Erfahrenes Pflegepersonal erkennt jeden einzelnen, andernfalls helfen die Markierungen: Jeder Pinguin ist mit einem farbigen Band um den Flügel gekennzeichnet.

Pinguin-Parade im Zoo Zürich

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2018 wurde das Gehege der Königs- und Eselspinguine in Basel umgebaut und erweitert. In gekühlten Fahrzeugen (die Käfige standen auf Eisblöcken) wurden die Tiere vorübergehend nach Deutschland umquartiert, vor einem Jahr kamen sie zurück. Sie haben nun mehr als doppelt so viel Platz. Aber die Bedingungen sind anders als in der Natur, und das bringt Herausforderungen mit sich. In ihrer natürlichen Umgebung sind Mutter und Vater Königspinguin jeweils tagelang unterwegs auf Fischfang für den Nachwuchs. Einen Teil des Futters, das sie im Magen zum Küken bringen, verdauen sie unterwegs selber. Im Zoo jedoch, wo das bettelnde Küken direkt neben dem Fischgrund steht, verfüttern sie diesem alles – der Jungvogel wird zu dick, der Alte bleibt zu dünn. Um dem entgegenzuwirken, kann das Gehege in Basel falls nötig in zwei Bereiche getrennt werden. 

Nebst Fisch gehört auch Krill, kleine Krebslein, auf den Speiseplan. Er sorgt dafür, dass die Schnäbel der Pinguine kräftig orange werden. Zudem kriegen sie Tabletten, die Vitamine, Mineralien und Salz enthalten. In der Natur decken sie ihren Salzbedarf über das Fressen aus dem Meer, doch hier schwimmen sie im Süsswasser. Der Zoo erspart sich so Probleme durch Korrosion, und den Pinguinen macht es nichts aus, wie die Erfahrung zeigt. 

Malariaschutz im Futter
Wenig Ansprüche haben die beiden Pinguinarten fürs Brüten. Den Eselspinguinen genügen ein paar Steine, die sie im Kreis anordnen, um je zwei Eier in die Mitte zu legen. Die Königspinguine legen das Ei auf die Füsse und decken es mit der Bauchfalte zu. Bei ihnen ist es jeweils nur ein Ei pro Gelege – und wenn sie keines haben, stehlen sie auch mal eines. Um das zu verhindern, hat der Pfleger in Basel zwei Königspinguinen ein Gipsei zur Verfügung gestellt. Zufrieden sitzen die beiden Männchen abwechselnd darauf, während ein paar Schritte daneben ein anderes Paar ungestört ein echtes Ei ausbrütet.  

Gezanke zu vermeiden ist wichtig, um die Eier zu schützen. Das zeigt sich auch bei den Brillenpinguinen, der dritten in Basel gehaltenen Pinguinart. Diese in freier Natur stark bedrohten Vögel stammen von den Küsten Südafrikas und ertragen damit höhere Temperaturen als die Königs- und Eselspinguine. Deshalb werden sie auch im Sommer in einem Aussengehege gehalten. Ihnen steht ein Stall zur Verfügung, der in der kalten Winterszeit beheizt wird. «Früher war der Bruterfolg bei ihnen knapp», erzählt von Houwald. «Sie haben einander gehackt, Eier sind weggerollt und haben Risse gekriegt. Deshalb haben wir ihnen Nischen gebaut, jetzt hat jedes Paar sein eigenes Appartement.» Darin richten sie es sich mit Ästchen und Stecken gemütlich ein. Und hier können sie ihr Nest auch gegen Möwen und andere Nestplünderer verteidigen. 

Nebst Fressfeinden drohen den Brillenpinguinen im Zoo noch andere Gefahren. 2010 starben in Basel mindestens ein halbes Dutzend Brillenpinguine an Vogelmalaria. Seither kriegen die Brillenpinguine mit dem Futter ein Mittel, das sie vor Malaria schützt. Bei den Königs- und Eselspinguinen ist das nicht nötig. Sie sind nur dann draussen, wenn es den Mücken zu kalt ist. Erst bei Temperaturen unter zehn Grad werden sie täglich für ihren Spaziergang hinausgelassen. Mit abgespreizten Flügeln, die Brust herausgestreckt, die Schnäbel in der Höhe, watscheln sie über die Holzbrücke vor dem Vivarium. Das entzückte Publikum begleitet sie. Angst vor Menschen haben die Pinguine nicht. Ihre Feinde lauern im Wasser, nicht an Land. 

Pinguinspaziergänge
>Zoo Basel, täglich um 11 Uhr 
> Zoo Zürich, täglich um 13:30 Uhr 
(jeweils nur bei Temperaturen unter 10 Grad)