Das schwule Geierpärchen lebt seit vielen Jahren im Zoo in der niederländischen Hauptstadt. «Sie sind ein sehr enges Paar», sagt Zoodirektor Job van Tol zu der britischen BBC. «Jedes Jahr bauen sie zusammen ein Nest und paaren sich. Das Einzige, was sie nie tun konnten, war ein Ei zu legen.»  

Dieses Jahr allerdings bekamen sie eins zur Adoption. Tierpfleger fanden es verlassen auf dem Boden der Voliere, wie der Zoo mitteilt. Keiner der anderen Geier wollte es haben, also platzierten sie es in einem Brutkasten. Später wurde dann die Entscheidung getroffen, es dem homosexuellen Geierpaar zum Ausbrüten zu geben.  

Das Vatersein in den Genen 
«Es war ein gewisses Risiko und der Erfolg war nicht garantiert, aber wir dachten, jetzt bekommen sie endlich ihre Chance», sagt van Tol. Laut dem Zoodirektor machen die Beiden ihren Job als Väter «perfekt». Nachdem sie sich zwei Monate lang beim Brüten abgewechselt hatten, versorgen sie ihr mittlerweile knapp einen Monat altes Küken nun mit Nahrung.

Wie van Tol erklärt, liegt die väterliche Fürsorge den Gänsegeiern in den Genen. Bei diesen Vögeln teilen sich normalerweise die Männchen und Weibchen alle Aufgaben, vom Brüten über das Auffinden von Aas zum Füttern der Küken.  

Homosexualität im Tierreich ist häufig und wurde schon bei Hunderten von Tierarten beobachtet. Während homosexuelles Verhalten bei vielen Arten ein Ausdruck purer Lebensfreude ist, kann es durchaus auch dem Erhalt der Population dienlich sein. Wie Forscher herausgefunden haben, lassen sich lesbische Lysanalbatrosse von einem Männchen befruchten und brüten das Ei dann gemeinsam mit der Partnerin aus. Küken aus verwaisten Eiern, die von zwei Männchen versorgt und beschützt werden, haben unter Umständen bessere Überlebenschancen (lesen Sie hier mehr zur Homosexualität im Tierreich).

Küken sollen in die Freiheit fliegen
Mit dem Bruterfolg der beiden Geiermännchen ist der Artis-Zoo gleich im doppelten Küken-Glück: Zwei Wochen vorher schlüpfte ein anderes Geierküken aus dem Ei – das Erste seit fünf Jahren. Seine Eltern sind ein Männchen und ein Weibchen, die beide schwer verletzt von einer Strasse in Spanien aufgelesen und in Amsterdam wieder aufgepäppelt wurden. Laut dem Zoo ist das Liegenlassen von toten Tieren in Spanien, das als Geierhochburg Europas gilt, verboten. Deshalb ernähren sich die Aasfresser oft von Roadkill, was wiederum zu Unfällen führt. Der Zoo hofft, beide Küken dereinst in die Wildnis entlassen zu können. 

Das Gänsegeierküken Ende Mai mit einem seiner Väter:

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