Es ist wie beim sprichwörtlich nach hinten losgehenden Schuss. «Ein etabliertes Bettel-Verhalten festigt man, wenn man sich plötzlich entscheidet, nicht mehr darauf zu reagieren», sagt Sibylle Aschwanden von Focus Canis. Die Verhaltensbiologin und Hundetrainerin aus Rohr SO erklärt dies folgendermassen: «Der Hund kann nicht verstehen, dass sein bis anhin erfolgreiches Betteln nun ergebnislos bleiben soll und strengt sich noch mehr an.» Am Ende gibt der Mensch meist nach und füttert zum Beispiel erneut vom Tisch.

Bereits das Problem an sich ist hausgemacht: «Der Hund nimmt das Betteln am Tisch erst in sein Verhaltensrepertoire auf, nachdem sich sein erster Versuch gelohnt hat», sagt Aschwanden. Indem ein Halter den Hund für das Betteln mit einem Leckerbissen vom Tisch unbewusst belohnt, trainiert er ihm das Betteln an. 

Wenn er sich dann auch noch nach dem Motto «einmal ist keinmal» von den zwei allzu niedlich schauenden Augen um den Finger wickeln lässt, wird das Verhalten gefestigt. Dabei handelt es sich nicht um eine bewusst manipulative Handlung vonseiten des Vierbeiners. «Der Hund wiederholt einfach nur Verhaltensweisen, die schon einmal erfolgreich waren.» Erfolgte eine solche in Kombination mit einem bestimmten, zufällig gezeigten Blick, speichert der Hund dies ebenfalls ab. Der Hund lernt sozusagen eine erfolgreiche Strategie.

Standhaft bleiben
Ihm diese abzugewöhnen, braucht Ausdauer und Konsequenz. Schimpfen hilft nicht. Besser ist es laut Aschwanden, ihm ein Alternativ-Verhalten beizubringen, das er nicht gleichzeitig mit Betteln am Tisch ausführen kann. «Beispielsweise kann der Hund lernen, auf ein bestimmtes Signal zu seinem Liegeplatz zu gehen und dort zu bleiben, bis der Tisch abgeräumt wird.» 

Günstig sei hierfür der Zeitpunkt des Tischdeckens. Natürlich dauert es, bis ein solches Signal «sitzt». «Man baut das schrittweise auf und belohnt anfangs den Hund in kleinen Intervallen sehr hochwertig auf seinem Liegeplatz, bis er während des ganzen Essens auf seinem Platz auf seine Belohnung wartet.» Bleibe der Hund nicht auf seinem Liegeplatz, sollte man ihn eventuell anbinden oder in einen anderen Raum bringen.

Auch die Entscheidung, ab sofort nichts mehr vom Tisch zu füttern, führt letztlich ans Ziel. Jedoch ist der Weg lang und steinig, gilt es doch den sogenannten «Löschungstrotz» zu überwinden. «Nur, wenn der Mensch strikt bei seiner Entscheidung bleibt, wird sich das Betteln schlussendlich ausmerzen lassen.» Manchmal untergraben auch Kleinkinder oder Besuch die beste Hundeerziehung. Indem sie dem Vierbeiner aus falschem Mitleid Gutes tun möchten, machen sie den häuslichen Anti-Bettel-Trainingsplan zunichte. 

Wer seinen Hund nicht auf Dauer vom Tisch verbannen möchte, dem rät Aschwanden zu einem Training, analog dem Anti-Giftköder-Training. «Man bringt dem Hund bei, dass er extra super belohnt wird, wenn er den vom Tisch angebotenen oder fallenden Leckereien widersteht.» Die kanine Strategie lautet dann: Ich nehme es nicht und bleibe brav auf meinem Liegeplatz, so bekomme ich am Ende etwas viel Grossartigeres als Belohnung fürs Widerstehen.