Kaninchen verbringen einen grossen Teil ihres Lebens im Stall. Es lohnt sich, diesen Lebensraum immer mal wieder unter die Lupe zu nehmen und nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen. Die Angaben zur Mindestgrösse gibt die Tierschutzverordnung vor; mehr Platz gibt es in zertifizierten Haltungen. Die Fläche, die zur Verfügung steht, ist aber nur ein Aspekt, der für das Wohl des Tieres wichtig ist. Mindestens ebenso wichtig sind Strukturierungen im Stall, die mehr Spannung geben und für verschiedene Temperaturbereiche und Oberflächen sorgen.

Die einfachste Strukturierung ist ein erhöht angebrachtes Brett (Balkon). Es gibt dem Tier nicht nur die Möglichkeit, sich darauf gemütlich auszustrecken, sondern gilt auch als Rückzugsbereich, der für Kaninchen gesetzlich vorgeschrieben ist. Wählt man als Material unbehandeltes Weichholz, ist auch gleich die Forderung nach einem Nageobjekt erfüllt.

Damit der Balkon optimal genutzt werden kann, sollte er mindestens 25 Zentimeter ab Boden angebracht werden. Natürlich ist es möglich, mehrere Balkone auf verschiedenen Ebenen anzubringen. Zu beachten ist, dass auf mindestens einem Drittel der Stallfläche die geforderte Stallhöhe erhalten bleibt (Masse siehe unten).

Balkone an hellen Orten bleiben meistens sauber
Oft klagen Züchter, dass ihre Tiere den Balkon nicht im Sinne des Erbauers nutzen, sondern als Toilette missbrauchen. Das sieht nicht nur unschön aus; ein rohes Holzbrett kann schlecht gereinigt werden und beginnt deshalb bald zu stinken. Kaninchen richten ihre Kotecke gern an dunklen Stellen ein. So schafft das Versetzen des Sitzbrettes an einen helleren Ort meist Abhilfe. Einige Markierköttel auf dem Sitzbrett muss man dem Langohr als geruchliche Visitenkarte zugestehen. Sie gehören dazu und sind auch zum Reinigen kein Problem.Will man den Kaninchen mehr Rückzugsmöglichkeiten geben als ein blosses Brett, kombiniert man den Balkon mit einer teilweisen Abdeckung. Das kommt den Langohren entgegen, denn sie lieben tunnelartige Rückzugsmöglichkeiten.

Ein besonders kaninchenfreundliches und dabei sehr einfaches System findet man in der zertifizierten Kaninchenhaltung der Familie Wyser aus Niederlenz AG: zwei Bretter, die einen rechten Winkel bilden, werden durch eine einfache Leiste am Boden verstrebt. Runde Guck- und Einschlupflöcher bieten den Kaninchen viele Möglichkeiten. Dieser Rückzug befindet sich zwar ausserhalb der Kotschale, doch die Zuchtzibben von Wysers halten ihn sauber, ja sie benutzen ihn teilweise als Nestkammer. Wer keine Begabung zum Basteln hat, legt einen ausgehöhlten Baumstamm in den Stall; er wird von Kaninchen rege zum Durchschlüpfen und als Versteck benutzt.

Zertifizierte Züchter zeigen sich oft erfinderisch: Joseph Rey-Bellet aus Savièse VS baute ein geschütztes Auslaufgehege bei seinen Ställen ein, perfekt auf Mass in einer ungenutzten Ecke. Es misst rund zwei Quadratmeter und kann auch während den langen Wintermonaten problemlos genutzt werden. Unabhängig von Wind und Wetter können sich hier die Langohren austoben. Es ist erhöht, was das Herausnehmen des Tieres vereinfacht. Dadurch ist die Idee gerade auch für ältere Züchter nachahmenswert.

Die meisten Zuchtkaninchen leben zeitweise einzeln. Gitterfenster zwischen benachbarten Ställen ermöglichen auch in diesen Zeiten Sozialkontakte. Nicht alle Kaninchen sind aber verträgliche Nachbarn. Dominante Rammler versuchen öfter mal, das Nachbartier mit Urin zu markieren. Da hilft nur ein anderer Nachbar, oder man ahmt die Idee des ebenfalls zertifizierten Züchters Hans Schmid aus Thunstetten BE nach: Seine Stallboxen lassen sich wahlweise mit einer Holztüre ganz unterteilen, oder mit einer blossen Gittertüre für kontaktliebende Langohren. Und natürlich können die Ställe auch zu einer Doppelbox verbunden werden.

Strukturierte Ställe können die Gesundheit der Tiere fördern
Sind denn all die Bemühungen um den Kaninchenstall überhaupt sinnvoll? Oder geben sie bloss dem Züchter ein gutes Gefühl? Grös­sere Ställe und erhöhte Ebenen regen zweifellos zu mehr Bewegung an. Doch die Auswirkungen auf die Tiere gehen vermutlich viel weiter: Resultate aus der Forschung zeigen nämlich, dass eine angereicherte Umgebung die Gesundheit der Tiere verbessern kann. Dies jedenfalls war bei Mäusen der Fall, die als Modelltiere für bestimmte Krankheiten gezüchtet werden. Sie sind genetisch so verändert, dass sie unweigerlich an einem bestimmten Leiden wie Alzheimer, Diabetes oder Krebs erkranken.

Lebten die Mäuse in herkömmlichen Käfigen, die lediglich Sägemehl-Einstreu, Futterwürfel und Wasser enthielten, erkrankten sie wie erwartet. Wurden die Käfige aber mit Röhren und erhöhten Plattformen angereichert, erkrankten die Tiere später, zeigten einen milderen Krankheitsverlauf oder blieben sogar gesund! Grund genug, auch die Ställe der Langohren mit mehr Strukturen auszurüsten.

 

Was das Gesetz für den Kaninchenstall vorschreibt

Die Helligkeit muss mindestens 15 Lux betragen. Eine Rückzugsmöglichkeit ist vorgeschrieben, ebenso ein Nageobjekt (Äste, Holzleiste aus Weichholz). Heu, Stroh und Wasser stehen zur Verfügung. Nach Tierschutzverordnung müssen Ställe folgende Masse aufweisen:
Zwergrassen bis 2,3 kg: Stallfläche 3400 cm2, Stallhöhe 40 cm
Kleinrassen 2,3 – 3,5 kg: Stallfläche 4800 cm2, Stallhöhe 50 cm
Mittelrassen 3,5 – 5,5 kg: Stallfläche 7200 cm2, Stallhöhe 60 cm
Grossrassen >5,5 kg: Stallfläche 9300 cm2, Stallhöhe 60 cm

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