Aus einer einzigen Fliege können sich, bei optimalen Bedingungen, innerhalb von drei Monaten über 250 Millionen weitere Fliegen entwickeln. Der Entwicklungszyklus dauert dabei 21 Tage und jede Fliege legt 1000 bis 1200 Eier. Das muss aufschrecken und Halter wie Züchter dazu bewegen, am Anfang dieser «Entwicklungsexplosion» der Fliegen im Frühling und Frühjahr in den Kaninchenställen einzugreifen.

Im Sommer verhalten sich Kaninchen etwas anders als im Winter. Bei heissen Temperaturen legen sie sich im Stall gerne an jener Stelle nieder, wo es am feuchtesten und kühlsten ist. Wird nun der Mist im Sommer nicht häufiger entfernt, so besteht die Gefahr, dass daraus eine «Drecksecke» wird, in der es leider nicht nur den Kaninchen gefällt, sondern auch den ungebetenen Insekten. Hier können sie sich ungehindert vom Ei zur fertigen Fliege entwickeln – je nachdem, wie lange es eben bis zum nächsten Misten dauert.

Ebenfalls sammeln sich Fliegen häufiger auf kranken Tieren an. Doch keinesfalls dürfen Kaninchenhalter es wagen, in einem solchen Moment Fliegenspray einzusetzen: Das ist Gift! Abgesehen davon wirkt eine solche Aktion nicht dauerhaft. Nur Stunden später wird das Ungeziefer wieder da sein.

Überträger von Krankheiten
Fliegen zeigen im Grunde immer an, wo organische Substanz am Faulen ist. Dort hinein legen sie gerne ihre Eier, denn die geschlüpften Maden fressen dann das Faulende. Diese Futterbasis kann aus einem Gemisch aus Stroh, Kot und Urin entstehen. Ähnliche «Idealbedingungen» finden Fliegen an mit Kot verklebten Stellen im Afterbereich von durchfallgeplagten Kaninchen (mehr zum Thema Durchfall gibt es in der nächsten Ausgabe der «Tierwelt»). Ebenfalls zum Opfer von Fliegen werden oft ältere und fette Kaninchen, die es mit ihrer Körperhygiene nicht mehr so genau nehmen können, weil sie unbeweglicher sind. Sie vernachlässigen die Sauberkeit im Analbereich und prompt wird dieser zur Brutstätte der Maden. Diese richten in kurzer Zeit Schaden und Schmerzen an, indem sie sich in das abgestorbene Körpergewebe hineinfressen. Gesunde Tiere werden nicht angegangen.

Den Fliegen wird das Übertragen der verschiedensten Krankheiten angelastet. Und Krankheiten, die nicht nur bei Nutztieren von Bedeutung sind, sondern auch Kaninchen befallen, müssen bekämpft werden. Zu diesen gehören Virusinfektionen, Coli-Infektionen, Kokzidiose, Spulwurminfektionen, Salmonellose, Dysenterie, die bekannte Myxomatose sowie die Chinaseuche, sprich RHD (Rabbit Haemorrhagic Disease). Wenn der Tierhalter in seinem Bestand häufig erkrankte Kaninchen feststellt oder die Entwicklung der Tiere einen langjährigen Züchter einfach nicht mehr zufriedenstellt, dann sollte man den Schluss ziehen, die Fliegenbekämpfung zu überprüfen und inskünftig ernst(er) zu nehmen.

Vorbeugen und bekämpfen
Interessanterweise sind nur etwa 10 bis 15 Prozent der Fliegenpopulation sichtbar, 85 bis 90 Prozent werden als Eier, Larven oder sogar als Puppen ausgezählt. Die traditionelle Fliegenbekämpfung empfiehlt deshalb, mit einem Larvizid zu arbeiten, was in der Kaninchenhaltung aber nicht oder kaum möglich ist. Die weiblichen Fliegen legen die Eier gerne an einem unzugänglichen Ort ab, beispielsweise unter Rosten, an Holzkanten oder in den Ecken des Stalls; und ganz allgemein werden immer nasse und feuchte Stellen bevorzugt. Eine chemische Bekämpfung ist nur dort angezeigt, wo die Kaninchen nicht hinkommen. Ist dies nicht möglich, so ist von einer Behandlung abzusehen.

Um die explosionsartige Entwicklung der Larven und Fliegen zu verhindern, gilt es effektive Massnahmen anzuwenden, einerseits durch Vorbeugung, andererseits durch Bekämpfung. Vorbeugend ist zuerst einmal dafür zu sorgen, dass Fliegen nicht ungehindert in die Abteile eindringen können. Hierfür sind Fliegengitter hilfreich; die Türen sind nie länger als nötig offen zu halten. Fliegen meiden übrigens Zugluft. Als Bekämpfungshilfsmittel ist diese also hilfreich. Aber aufgepasst: Für die Kaninchen ist Zugluft weniger gut. Und: Fütterung mit viel proteinreichem Grünfutter führt zu klebrigem Kot, der meist auf dem Balkon ablegt wird und für den Züchter gut sichtbar ist: ein Anziehungspunkt für die Fliegen. Gegebenenfalls ist die Ernährung zu überprüfen und anzupassen.

Bei der Bekämpfung gilt es ebenfalls einige Punkte zu berücksichtigen. Sind nur wenige fliegende Plagegeister anwesend, ist der grössere Anteil höchstwahrscheinlich im heranwachsenden Stadium von Ei über Larve bis Puppe. Also sind zwei Behandlungsstrategien notwendig: eine für die ausgewachsenen und eine für die heranwachsenden Fliegen. 

Für bereits fliegende Fliegen stehen zahlreiche Licht- und Klebefallen zur Auswahl. Sie sind in jedem grösseren Kaufhaus erhältlich. Frühzeitig angebracht und bei schwachem Fliegenbefall können sie durchwegs erfolgreich sein. Weiter gibt es Kontakt- und Frassgifte, die meist als Streich- oder Spritzmittel verwendet werden. Streichmittel sollten an verschiedenen Stellen im geschlossenen Gebäude angebracht werden, jedoch nie im Kaninchenabteil selber. Auch bei Granulaten ist Vorsicht geboten, denn diese werden entweder als Streuköder ausgelegt oder in Wasser aufgelöst. Es gilt für alle diese Produkte: Aufpassen! Die Kaninchen dürfen mit keinem Einzigen davon in Kontakt kommen.

Gegen Fliegeneier, -larven, -puppen hilft an erster Stelle Sauberkeit: Häufiges Entleeren der Kotschubladen mit anschliessender Nassbehandlung, eventuell sogar mit einer Desinfektion.