Milde Temperaturen, singende Vögel, lange Abende. Jetzt wird der Balkon wieder zu einem weiteren Zimmer. Draussen lesen? Eine Möglichkeit, doch es tut auch gut, sich in der Freizeit als Gärtnerin oder Gärtner zu betätigen. Zudem: Richtig schön auf dem Balkon wird es erst, wenn er begrünt ist. Darum zuerst an die Arbeit! Jetzt ist die richtige Zeit dafür. Frost wird es kaum noch geben.

Gartenarbeit ist nämlich nicht nur Hausbesitzern vorbehalten. Auch auf dem Balkon lassen sich Oasen gestalten – oder Gemüse und Beeren anbauen. Wer gerne einen Bezug zu Nahrungsmitteln schaffen und einen kleinen Ertrag seiner Abendtätigkeit auf dem Balkon kulinarisch geniessen möchte, kann Gemüse, Kräuter und Beeren auf dem Balkon ziehen. Weitere Vorteile: Frischer kann Gemüse nicht sein und die Schnecken fressen die Erträge nicht weg, denn sie gelangen nicht auf Balkone.

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Othmar Ziswiler von Jardin Suisse, dem Unternehmerverband für Gärtner, sagt: «Auf dem Balkon Gemüse anzupflanzen, ist zu einem richtigen Trend geworden.» Das wirke sich auch im Absatz im Gartenhandel positiv aus. Es bleibe allerdings eine Liebhaberei, denn einen kontinuierlichen Ertrag lasse sich auf limitiertem Platz kaum erzielen. Der ehemalige Gärtner Ziswiler gibt allerdings zu bedenken: «Balkon ist ein weiter Begriff. Oft werden auf Terrassen sogar Hochbeete mit Gemüse angelegt.» Da unterscheide sich dann eine Terrasse kaum noch von einem herkömmlichen Garten mit Hochbeeten. Othmar Ziswiler hält aber fest, dass vorher immer abgeklärt werden müsse, wie viel Gewicht auf einer Terrasse zugelassen sei. «Hochbeete sind sehr schwer.»

Eine Alternative sind Pflanztröge, die auch für Gemüse verwendet werden können und die schmaler sind, oft aus Kunststoff bestehen und somit leichter sind. Oder ganz einfach Pflanzsäcke. Die aus recycelten Naturfasern und PET-Flaschen hergestellten Produkte sind leicht, wasserdurchlässig, beständig gegenüber ultraviolettem Licht und bieten Gemüse gute Wachstumsmöglichkeiten.

Auf einem herkömmlichen Balkon eignen sich für Gemüse  Töpfe besonders gut. Sie lassen sich einfach verschieben, auch wenn sie grösser sind, und finden besser Platz entlang der Brüstung und in Ecken. Und schliesslich lassen sie sich im Herbst auch einfacher entleeren als ein Pflanztrog, der leer geschaufelt werden muss. Es spiele keine Rolle, ob Töpfe aus Ton oder Plastik verwendet würden, sagt Othmar Ziswiler. Die Plastiktöpfe haben den Vorteil, dass sie wesentlich leichter sind, Tontöpfe stehen dafür stabiler.

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Der Gärtner streicht Grundsätzliches bei der Anzucht von Gemüse heraus: «Je grösser das Gefäss, desto weniger muss gegossen werden.» Kleine Gefässe trocknen rasch aus und die Pflanzen darin werden mickrig. Wenn schon in den Kauf von neuen Töpfen investiert werde, dann sollten gleich solche mit einem Wasserreservoir erworben werden, rät der Spezialist. Othmar Ziswiler weist gleich noch auf einen weiteren Trend im Gartenhandel hin: «Viele verwenden Bewässerungssysteme, die es erlauben, ein Wochenende abwesend zu sein.» Da gebe es alles, von sehr einfachen Methoden mit Wasserkübeln als Depot bis zu professionell verlegten Bewässerungsschläuchen mit Sensoren.

Auf gute Erde achten

Wichtig bei allen Gefässen ist, dass das Wasser unten in einen Teller abfliessen kann. Staunässe würde zum Tod der Pflanzen führen. Zum Giessen könne Hahnenwasser verwendet werden, auch wenn es kalkhaltig sei, sagt Othmar Ziswiler. «Wesentlicher als das Wasser ist die Erde», fügt der Experte hinzu. Erde von schlechter Qualität falle sehr schnell in sich zusammen, werde hart und nehme Feuchtigkeit schlecht auf. «Der Gartenhandel führt Spezialerden. Wer beispielsweise Erde für Tomaten erwirbt, hat mehr Erfolg mit den Pflanzen.» Die Erde sei bereits aufgedüngt, halte also Nährstoffe für die Pflanze während den nächsten Wochen bereit und sei auf die Bedürfnisse von Tomaten abgestimmt.

Auch eine qualitativ gute Universalerde ist für die meisten Arten von Gemüse oder Beeren geeignet.Othmar Ziswiler sagt zum Thema Nährstoffe: «Flüssigdünger wirkt rasch.» Hornspäne im Boden seien zwar eine gute Düngung, wenn Gemüse aber bereits gelbe Blätter ausbilde, wirkten Hobelspäne nicht mehr. «Sie müssen zuerst abgebaut werden, bevor sie ihre Nährwirkung entfalten können.» Wer auf dem Balkon Gemüse anpflanzt, erwirbt im Gartenhandel meist Setzlinge. Zwischenzeitlich sind sogar solche erhältlich, die extra zum Anbau auf dem Balkon gezogen wurden. Sie wachsen zu kompakten Pflanzen heran. Bei den meisten Arten ist das Heranziehen von Setzlingen aus Samen zeit- und platzaufwendig. Zudem müsste das im frühen Frühjahr in der Wohnung gemacht werden, wo Platz und Licht fehlen. «Natürlich können Rüebli selbst ausgesät, Zwiebeln gesteckt werden», sagt Othmar Ziswiler. Wesentlich seien starke, gesunde Jungpflanzen.

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Bestens zum Selberziehen eignen sich Stangenbohnen. Welch ein Vergnügen, zuzusehen, wie sie keimen und wenig später schon klettern. Ein weiterer positiver Punkt: Die Stangenbohne windet sich rasch in die Höhe, bildet einen Sichtschutz oder begrünt Wände. Dafür sind Kletterhilfen wie gespannte Schnüre, Drahtseile oder Bambusstecken erforderlich. Ebenfalls hervorragend selbst ziehen lässt sich Zuckermais. Es dauert um die zwei Wochen, bis der Keimling sichtbar wird. Nun geht es schnell. Im prallen Sonnenschein entwickeln sich rasch stämmige Pflanzen, die mit ihrem Grün und den lanzenähnlichen Blättern den Balkon in einen Dschungel verwandeln.

Beeren und Teekräuter vom Balkon

Klassiker unter Gemüse auf dem Balkon sind Tomaten. Othmar Ziswiler empfiehlt, veredelte Sorten zu erwerben. «Sie wachsen kompakt, brauchen meist keinen Stützstab und müssen nicht ausgebrochen werden.» Solche Setzlinge seien etwas teurer, aber es lohne sich punkto Ertrag. Tomatenpflanzen sollten nicht im Regen stehen, denn die Blätter vertragen es kaum, regelmässig nass zu werden. Ein Balkon ist darum ideal, wo sie in Töpfen geschützt vor der Witterung an einem sonnigen Ort gezogen werden sollten.

Direkte Sonne ist ausschlaggebend, damit Gemüse heranwachsen und Früchte reifen können. Auch im Halbschatten, also bei etwa vier Stunden direkten Sonnenstrahlen täglich, lasse sich Gemüse ziehen, sagt Othmar Ziswiler. Mangold, Rüebli und Radieschen etwa kommen gar mit weniger Sonne aus.

«Grundsätzlich kann jedes Gemüse auf dem Balkon gezogen werden», sagt Othmar Ziswiler. Renner im Handel seien Tomaten, Peperoni und Erdbeeren. «Die roten Gemüse und Früchte geben auch optisch etwas her.» Apropos Ästhetik: Die Kartoffel galt ursprünglich in Europa als Zierpflanze. Also ist es schon aus diesem Gesichtspunkt heraus nicht abwegig, sie auf dem Balkon zu ziehen. Blüten und Laub sind dekorativ. Das Knollengewächs sollte in einem tiefen Topf angepflanzt werden.

Beliebt seien auch Amerikanische Heidelbeeren. «Sie entwickeln eine schöne Herbstfärbung, benötigen aber leicht saures Substrat», betont Othmar Ziswiler. Auch Himbeeren und Teekräuter seien Favoriten auf Balkon und Terrasse, sagt der Gartenfachmann. Frische Minze direkt vom Balkon in die Teekanne! Kein Balkon ist zu klein, um ein Garten zu sein.

 

Wichtiges zu Balkongemüse- Grosse Töpfe mit Wasserreservoir und -abfluss
- Universal- oder noch besser Spezialerde
- Direktes Sonnenlicht, mindestens vier Stunden täglich
- Regelmässiges Giessen
- Regelmässig Flüssigdünger
- Tomaten nicht dem Regen aussetzen
- Grundsatz: Es geht alles an Beeren, Kräutern und Gemüse