Auch heute noch stehen viele Gartenbesitzer Pflanzenstärkungsmitteln skeptisch gegenüber. Obwohl sie oft nicht wissen, worum es sich dabei handelt. Doch mit der Diskussion um Rückstände, Resistenzen und Umwelt(un)verträglichkeit von konventionellen Pflanzenschutzmitteln sind alternative Hilfsstoffe in den Fokus gerückt. Aus gutem Grund: Sie reduzieren den Einsatz von Pestiziden und ermöglichen damit einen nachhaltigeren Pflanzenschutz. 

Daher verwundert es nicht, dass beispielsweise die Salamander Naturgarten AG in Schönenwerd SO seit Jahren Pflanzenstärkungsmittel einsetzt. «Wir haben festgestellt, dass das Pflanzenwachstum gesünder ist, weil die Pflanzen gestärkt und weniger schädlingsanfällig sind», sagt Michael Suter, Bereichsleiter Gartenpflege des Solothurner Gartenbauunternehmens. Ausserdem seien die aus der Natur gewonnenen Substanzen für Hunde und Katzen unbedenklich. 

Pflanzen werden krank, wenn ihnen etwas fehlt. Zeigen sich Läuse oder spinnenwebartige Gespinste an Blattachseln, liegt der Griff zum Pestizid nahe. Einmal gesprüht, und der Lästling ist weg: So wurde es lange Zeit gehandhabt. Pflanzen, die an einem Standort in dem auf sie zugeschnittenen Bodenmilieu wachsen, bedarfsgerecht mit Wasser versorgt werden und jederzeit das richtige Mass an Nährstoffen erhalten, erkranken kaum. Insbesondere wenn es sich um eine robuste Sorte handelt. Aber selbst die widerstandfähigste Pflanze leidet unter Dauerregen oder Spätfrost. Ist sie geschwächt, wird sie ein leichtes Opfer für Krankheiten und Schädlinge.

Vielfältige Erscheinungsformen
Dass Vorbeugen besser ist als heilen, gilt für die menschliche Gesundheit wie für die pflanzliche. Doch Pflanzen können nicht klar mitteilen, wenn ihnen etwas fehlt – oder ob ihnen ein äusserer Einfluss schadet. Ein Stichwort ist hier der Klimawandel. «Die Zunahme extremer Witterungsbedingungen gibt vorbeugenden Unterstützungsmassnahmen für Boden und Pflanzen mehr Gewicht», schreibt das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL in einem Merkblatt im Jahr 2020. Dies sei ein Grund für die zunehmende Bedeutung pflanzenstärkender und aufbauender Behandlungsmittel in den letzten Jahrzehnten. Ein weiterer ist der Wunsch nach gesunder Nahrung ohne Pestizidrückstände – und generell die Aversion gegen chemische Pflanzenschutzmittel speziell im Hausgarten.

Comic-Superhelden besitzen oft Ganzkörperanzüge, zum Beispiel aus Kevlar, die sie vor feindlichen Angriffen schützen. Ähnlich funktionieren Pflanzenstärkungsmittel, aber sie können noch mehr. Sie dienen allgemein der Gesunderhaltung der Pflanzen und Böden. Was sie von Pflanzenschutzmitteln abtrennt, ist ihre Wirkungsweise. «Pflanzenstärkungsmittel zielen niemals direkt auf einen Schadorganismus ab. Sie erzielen ihre Wirkung einerseits im Boden, andererseits unmittelbar auf und in der Pflanze», erklärt Patrik Schlüssel von der Green Pflanzenhandel GmbH in Zürich. Das Unternehmen betreibt den Handel mit Jungpflanzen, Blumenzwiebeln und Stauden – und seit diesem Jahr auch mit Pflanzenstärkungsmitteln.

Wirkung und Erscheinungsformen von Pflanzenstärkungsmitteln sind vielfältig. Es können anorganische Stärkungsmittel wie Gesteinsmehle sein, die das Pflanzsubstrat und Erdreich verbessern. Die fein zermahlenen Urgesteinsmehle, meist aus Basalt oder Lavagestein gewonnen, sorgen dank dem stärkenden Silikat zudem für einen gesunden Aufbau der pflanzlichen Zellwände und Blattstrukturen. Zu den organischen Stärkungsmitteln zählen Pflanzen- und Algenextrakte oder ätherische Pflanzenöle, die abschreckend auf tierische Schädlinge wirken. 

Effektive Mikroorganismen, eine weitere Untergruppe, finden schon länger eine breite Anwendung in der Landwirtschaft. Dazu gehören auch Präparate auf mikrobieller Basis, darunter Bakterien oder Mykorrhiza-Pilze, die zwischen der Pflanze, anderen Mikroorganismen und dem Boden interagieren. Homöopathische Präparate stimulieren die Stoffwechselprozesse im Boden und wirken in der Pflanze unterstützend, zum Beispiel indem sie die Wurzelbildung fördern.

Das volle Wohlfühlprogramm
Keine Kornblume oder Zucchetti, die bereits von Mehltau befallen ist, lässt sich mit Pflanzenstärkungsmitteln retten. Doch wo immer die Bodenqualität schlecht ist, wo Umpflanzmassnahmen anstehen, wo Pflanzen zu dicht stehen oder wo bekannt ist, dass sich eine Krankheit wie der Mehltau einstellt, ist der Einsatz der Stärkungsmittel lohnenswert. Gleiches gilt bei Stressfaktoren oder wenn ein steigender Schädlings- oder Krankheitsdruck absehbar ist. Allerdings sei eine einmalige Anwendung von stärkenden Präparaten nicht zielführend, sagt Patrik Schlüssel. «Erst die regelmässige und konsequente Anwendung führt zum gewünschten Effekt.»

Die Salamander Naturgarten GmbH setzt auf das volle Pflanzenstärkungs-Wohlfühlprogramm. «Wir nutzen im Gartenunterhalt nur vollorganischen Dünger mit Mikroorganismen», erzählt Michael Suter. «Unsere Rasendünger enthalten zudem das Bakterium Bacillus amyloliquefaciens, das dem Rasenfilz entgegenwirkt.» Gegen Trocken-Stresstoleranz beim Rasen, aber auch im Rosen- und Blumendünger kommen beim Profi Mykorrhiza-Pilze zum Einsatz. «Baumdünger enthalten Endo- und Ektomykorrhiza-Pilze; sie fördern die Stresstoleranz und das Wurzelwachstum ebenfalls.» Die Nachfrage nach diesen Produkten steige ständig an, berichtet Suter erfreut. «Unsere Kunden und Kundinnen sind sehr zufrieden.»