Tierfiguren auf der Wäscheleine
«Humor kann helfen, unsere Perspektive zu verändern»
Die Künstlerin Helga Stentzel wurde mit ihrer Werkserie «Household Surrealism» bekannt. Dafür kreiert sie mit Kleidern und Lebensmitteln witzige Tierfiguren.
Frau Stentzel, wie kamen Sie auf die Idee, an einer Wäscheleine Tiersilhouetten zu drapieren?
Die Geburt von Pegasus, meinem allerersten Wäscheleinen-Tier, war ein wunderbarer Zufall. Als ich an einem sonnigen Nachmittag die Wäsche zum Trocknen aufhängte, fiel mein Blick auf die Hose meines Sohnes. Sofort stach mir ins Auge, dass sie eine unheimliche Ähnlichkeit mit einem Pferdekopf hatte. Ich war so gespannt, wie weit mich dieses Experiment bringen würde, dass ich zusätzliche Wäscheklammern für eine behelfsmässige Mähne holte und nach einem grösseren schwarzen Pullover griff, um den Körper zu formen. Ehe ich mich versah, nahm die ganze Kreatur Gestalt an und hing an der Leine. Das war pure Magie!
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Die Tierfiguren sind witzig. Möchten Sie damit die Leute einfach zum Schmunzeln bringen oder steht eine ernstere Nachricht hinter diesen Fotos?
Ich liebe es, wenn die Leute schmunzeln, wenn sie meine Arbeit betrachten! Ich bin der festen Überzeugung, dass Humor die einzigartige Gabe besitzt, unsere Perspektive zu verändern, und uns dabei hilft, die Herausforderungen des Lebens mit Widerstandsfähigkeit und Anmut zu meistern. Was ihn wirklich bemerkenswert macht, ist seine Fähigkeit, kulturelle und sprachliche Grenzen zu überwinden und als universelle Sprache zu fungieren, die uns in Momenten reiner Freude vereint. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Humor das Einfühlungsvermögen fördert, Ängste abbaut sowie unsere emotionale Widerstandsfähigkeit stärkt. Wenn wir lernen, Humor im Gewöhnlichen zu finden, zapfen wir eine heilende Quelle an.
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Die Wäsche-Tiere sind in ihrem natürlichen Umfeld inszeniert. Entstehen die Fotos tatsächlich auf der Wiese oder in der Wüste oder doch im Studio?
Die Serie entstand in der Zeit des Corona-Lockdowns im kleinen Garten meiner Eltern. Ursprünglich hatte ich die Idee, Pegasus an dem Ort zu belassen, an dem ich ihn zum ersten Mal entdeckt hatte. Doch dann wurde mir klar, dass ich als Künstlerin die Freiheit hatte, ihm grenzenlose Freiheit zu gewähren. Wenn wir Menschen schon nicht auf den Wiesen herumtollen konnten, dann konnte es wenigstens das Pferd! Auch nach der Aufhebung des Lockdowns ist die digitale Collage nach wie vor mein bevorzugtes Medium.Häufig halte ich die Landschaft und das Tier getrennt fest. Der Grund dafür ist meist ganz simpel: das Wetter. Die Launen des Windes können die sorgfältige Anordnung meiner Kompositionen zerstören, sodass ein flexiblerer Ansatz erforderlich ist. «Baa-Baa-Ra» wurde jedoch vor Ort in Deutschland zum Leben erweckt.
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Sie zeigen verfremdete Versionen von Tieren und der Natur. Was haben Sie selber für einen Bezug zu echten Tieren und zur Natur?
Als ich klein war, habe ich viel Zeit auf dem Dorf verbracht, wo ich so gut wie immer von Tieren umgeben war: von Kühen, Pferden, Schweinen, Gänsen, Enten, Ziegen, allen möglichen Viechern! Daher rührt wohl auch meine Faszination für Tiere. Leider habe ich im Moment keine Haustiere, weil ich einen sehr vollen Terminkalender habe. Aber ich würde gerne irgendwann einmal einen Hund haben. Oder vielleicht eine Katze. Oder beides!
Hätten Sie auch Lust, einmal ein Fotoprojekt mit echten Tieren zu machen?
Ja, das wäre bestimmt toll!
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Zur Person
Helga Stentzel wurde in Russland geboren und lebt jetzt in London. Sie drückt sich mit den verschiedensten Medien wie Fotografie, Illustration oder Skulptur aus. Bevor sie von ihrer Kunst leben konnte, war sie in der Werbung tätig und hatte ein Geschäft für Kinderkleider. Nun arbeitet Helga Stentzel mit namhaften Firmen zusammen und kann ihre Kunst regelmässig an Ausstellungen präsentieren.
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