Wenn Liebe in der Luft liegt, dann lassen sich Tiere teils seltsame, wenn nicht sogar verrückt anmutende Paarungsrituale einfallen. Manchmal sind sie so wundersam, dass wir Menschen dafür keine Erklärung bereit haben. Oft jedoch entstehen aufwendige Vorspiele aus der Notwendigkeit heraus, sich gegen Konkurrenten durchzusetzen, den stärksten Partner zu finden oder in den Weiten der Ozeane überhaupt einen Liebhaber zuergattern.

Manche Tiefsee-Anglerfische (Ceratioidei) haben für das Problem der Partnerfindung eine geniale Lösung gefunden. In der gewaltigen Tiefsee kann es passieren, dass diese mystisch anmutenden Wesen ein Leben lang keinen Partner finden und als ewige Singles durch die Meere schwimmen. Trifft eines der winzigen Männchen auf ein um das Vielfache grössere Weibchen, muss es diese seltene Chance ergreifen. Als sogenannt sexueller Parasit wächst er an ihr fest und verschmilzt mit ihrer Haut und ihrem Blutkreislauf, von dem er, ähnlich wie ein Embryo, mit allen Nährstoffen versorgt wird. Im Gegenzug erhält das Weibchen Sperma, wann immer es dies benötigt.

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Vergebliche Liebesmüh

Um ein Weibchen zu ergattern und sich bei den oft zahlreichen Konkurrenten durchzusetzen, bedarf es oft Ausdauer und Durchhaltevermögen. Die sonst einzelgängerisch lebenden Männchen der in Australien und Neuguinea vorkommenden Ameisenigel (Tachyglossidae) bilden zur Paarungszeit regelrechte Karawanen von bis zu zehn Tieren, die hinter einem einzelnen Weibchen herlaufen. Diese Verfolgungsjagd kann sich manchmal über mehrere Wochen ziehen und ist für die Männchen äusserst energiezehrend.

Ist die Auserwählte bereit zur Paarung, legt sich das Ameisenigel-Weibchen flach auf den Boden. Nun beginnen die noch verbliebenen Verehrer einen Graben um sie herum zu buddeln, aus dem sie sich gegenseitig herausstossen, bis nur noch ein Männchen übrig ist. Danach muss es sich jedoch weiterhin beweisen und streichelt oft stundenlang ihre Stacheln und versucht, ihren Hinterleib mit seinen Hinterbeinen anzuheben, bis sie bereit zur Paarung ist.

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Nicht weniger einfach haben es Vögel, die ebenso um ihre Angebetete kämpfen müssen. Der Name der Laubenvögel (Ptilonorhynchidae) stammt daher, dass die Männchen einen Balzplatz, sogenannte Lauben, bauen, um die Weibchen zu beeindrucken. Diese Plätze werden dann mit Objektengeschmückt, die oft nach Farben sortiert sind. So hat der Seidenlaubenvogel (Ptilonorhynchus violaceus) eine Obsession für die Farbe Blau. Neben Blüten oder Schneckenhäusern landen dann auch des Öfteren blaue Plastikstücke oder sonstiger menschlicher Abfall vor der Laube. Die Tiere sind nicht mit architektonischem und dekorativem Talent geboren und schauen sich bereits in jungen Jahren viel von älteren Artgenossen ab. Das Ziel ist es, eine perfekte Laube mit einer wunderschönen Dekoration zu gestalten, die so prächtig ist, dass ein Weibchen kaum Nein sagen kann. Je pompöser der Balzplatz, umso mehr vermutet die Verehrerin, dass ihr potenzieller Partner stark und einfallsreich ist.

Wenn die Fetzen fliegen

Nicht nur in weit entfernten Ländern, auch in der Schweiz finden wir heimische Wildtiere mit spektakulären Paarungsritualen. Besonders bei den Feldhasen (Lepus europaeus) kann es sehr rabiat und wenig romantisch zur Sache gehen. Zur wilden «Hasenhochzeit» treffen sich mehrere Feldhasenmännchen und -weibchen auf einem Acker. Um ihre Stärke unter Beweis zu stellen, kämpfen die Rammler, die männlichen Hasen, miteinander und boxen sich, wobei sie sich auf den Hinterbeinen aufrichten. Auch die Weibchen kommen in Kampfeslaune und können ihren Verehrern ein paar heftige Ohrfeigen verpassen. Vermutlich dient die Beteiligung der Weibchen an den Kämpfen dazu, die Berührungsängste der sonst solitär lebenden Tiere zu überwinden. Der ausdauerndste Rammler darf sich mit der Häsin paaren, wobei sie jederzeit bestimmt, ob der Paarungsakt stattfindet.

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Der Tigerschnegel (Limax maximus), eine in der Schweiz weit verbreitete und bis zu 20 Zentimeter lange Nacktschnecke, lässt sich vor der eigentlichen Paarung besonders viel Zeit und vollführt ein mysteriöses und wundersam anmutendes Vorspiel. Wie all unsere heimischen Schnecken ist auch der Tigerschnegel ein Zwitter, was eine gegenseitige Befruchtung zulässt. Findet sich ein Paar, beginnt das eine Tier hinter dem anderen her zu kriechen, solange, bis die beiden einen erhöhten Ort erreicht haben. Dort kriechen sie oft stundenlang in einem Kreis umher und produzieren dabei eine grosse Menge an Schleim. An äusserst robusten Schleimfäden lässt sich das Liebespaar aus der Höhe etwa 30 Zentimeter in die Tiefe abseilen. Mit ihren Penissen, die bis zu einem Drittel der Körperlänge erreichen können, befruchten sich die Tiere schwebend in der Luft. Nach der Paarung trennen sich die beiden und gehen ihrer Wege. Während sich eine Schnecke zum Boden gleiten lässt, nimmt die andere für gewöhnlich den Weg am Schleimfaden zurück. Es gibt Theorien, weshalb Tigerschnegel sich auf diese aufwendige Art paaren, abschliessend geklärt ist der spektakuläre Liebesakt jedoch noch nicht.