Die Ente mit den vielen Namen
Moschusenten geben keinen Laut von sich
Die Moschusente ist ein Kosmopolit, stumm und wird zutraulich. Darum eignet sie sich gut zur Haltung in bewohnten Gebieten. Ihre Stammform kommt aus dem südamerikanischen Regenwald.
Ein Lastwagen voller Baumstämme und ohne Windschutzscheibe tuckert über die holprige, staubige, rötliche Strasse. Gelangweilt lehnen sich Zollbeamte an die Lehmmauern ihres Verschlags. Und mitten durch die Szenerie watscheln drei Moschusenten. Bei jedem zweiten Schritt wankt ihr Kopf nach vorne, manchmal bleibt der Trupp stehen, um kurz mit den Schwänzen hin und her zu wedeln, bevor er seinen Marsch fortsetzt. Die watschelnden Tiere gehören zum Erscheinungsbild der zentral-afrikanischen Stadt Berbérati, die kurz vor dem Grenzübergang nach Kamerun liegt. Völlig anders sieht es in Portugal aus, in Belém, einem Stadtteil Lissabons. Auch hier gehören die Moschusenten hin: Sie paradieren am Rand des sprudelnden Bassins im Garten des Mosteiro dos Jerónimos und sonnen sich neben den weissen, palastartigen Gebäuden, die Macht und Ästhetik am Rande des Tejo-Flusses ausstrahlen.
Das ist typisch für die Ente mit dem warzigen Gesicht, dem drolligen Gang und dem unerschrockenen Zutrauen: Ob staubiger Platz vor strohgedeckten Rundhütten oder Palastgarten, sie watschelt unbekümmert des Weges. So gehört die Moschusente zu fast jedem afrikanischen Dorf. Dabei stammt sie ursprünglich gar nicht aus Afrika, sondern aus dem südamerikanischen Regenwald. Dort fliegt die scheue Urform der domestizierten Moschusente noch heute gewandt zwischen den Stämmen der Tropenwaldbäume und landet in Seen voller Riesenseerosenblätter oder auf waagrecht ausladenden, bemoosten Ästen. Das Gefieder der Wildform ist hauptsächlich schwarz. Sie schnäbelt nach Pflanzen und Algen, verschmäht aber auch Insekten nicht, die über das Wasser schwirren.
Anpassungsfähiger Kosmopolit
Bereits vor der Ankunft der ersten Europäer in Südamerika wurden Moschusenten von Indianern gehalten. Wie sie junge Papageien aus Baumhöhlen entnahmen und selbst aufzogen, machten sie es wohl auch mit den Eiern oder Küken der Moschusenten, denn auch diese brüten in morschen Höhlen grosser Bäume. Als Nestflüchter springen die kleinen Flaumbälle auf den Waldboden und bleiben dabei unbeschadet. Anders als die Papageien dienten die Moschusenten nicht nur als Kumpane, sondern insbesondere als Fleischlieferanten. Scheinbar fielen sie den spanischen Eroberern sofort auf, gelangten die ersten Moschusenten doch bereits 1514 auf den Schiffen der Konquistadoren nach Europa. Von da an begann ihr Siegeszug durch fast alle Weltgegenden. Nach Westafrika, wie beispielsweise nach Kamerun, kamen sie erstmals durch rück-wandernde afrikanische Sklaven aus Südamerika. Schliesslich gelangten sie auch nach Asien. Insbesondere die Anpassungsfähigkeit der Moschusente führte zu ihrer Popularität. Da sie eine tropische Ente ist, kann sie gut in äquatorialem Klima gehalten werden, zumal sie nur Trink- und kaum Badewasser braucht. Das führt dazu, dass man Moschusenten auch in Dörfern des Sahel antrifft. Die Rasse ist genügsam, lebt zwischen Menschen und liefert nahrhaftes Fleisch, das ähnlich wie Poulet schmeckt. Durch die jahrhundertelange Domestikation werden Moschusenten in ganz unterschiedlichen Gefiederfarben gezüchtet, so etwa auch in reinem Weiss. Erpel wiegen zirka sieben und Enten fünf Kilo.
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Stille Gartenbewohner
Hühner sind populär, doch wegen des Hahnes klappt deren Haltung im Wohnquartier oft nicht, da sich oftmals Nachbarn am Krähen stören. Die Moschusente stellt eine liebenswerte Alternative für den Garten dar. Von ihr wird niemand etwas hören, denn die Vögel geben keinen Laut von sich. Sieht man sie nicht, weiss niemand, dass sie überhaupt da sind. Die Erpel mit den eindrücklichen Warzen beim Oberschnabelansatzhecheln, wippen dabei mit dem Kopf und sträuben die Kopffedern zu einer Haube. Auch die Enten hört man nie, ausser sie leiden unter Todesangst.
Viele Namen
Die Moschusente (Cairina moschata) wird auch Stummente, Warzenente, Berberente oder Türkenente genannt. Die Gattungsbezeichnung weist auf den Namen Kairo hin, ein weiterer Hinweis auf ihre Weltläufigkeit. Die Art gehört zur Tribus der Glanzenten, zu welchen auch die bekannte Mandarinente gehört.
Moschusenten sind zwar genügsam, das darf jedoch nicht dazu verleiten, sie in einem unattraktiven Gehege zu halten. Es macht nur Freude, diese Enten zu pflegen, wenn sie einen gut strukturierten Garten zur Verfügung haben. Auch wenn sie in vielen Gebieten der Erde kaum die Gelegenheit haben, zu baden,müssen sie in der Schweiz ein Gewässer aufsuchen können. Ein Bassin für zwei bis fünf Moschusenten sollte mindestens zwei Quadratmeter gross sein und an der tiefsten Stelle vierzig Zentimeter messen. Es sollte von Anfang an so gebaut sein, dass das Wasser einfach gewechselt werden kann, idealerweise mit einem Abfluss ins Abwassersystem. Zudem sollte ein isoliertes Häuschen mit Stroh vorhanden sein, in dem die Moschusenten des Nachts eingeschlossen werden, als Schutz vor Kälte, Marder und Füchsen. Nach der Mauser sollte man ihnen einseitig die Schwingen beschneiden, da sie gute Flieger sind, die sonst plötzlich auf den Dächern von Häusern landen können. Die Angst vor dem Davonfliegen und vor Füchsen entfällt, wenn sie in einer grossen Voliere mit Teich und angrenzendem Schutzhaus gehalten werden. Bevor Moschusenten angeschafft werden, sind also einige Veränderungen und Investitionen notwendig. Doch sind diese einmal gemacht, bereiten die liebenswürdigen Vögel viele Jahre lang grosse Freude.
Einfache Nachzucht
Ab dem Frühjahr legen Moschusenten weisse Eier, die wie Hühnereier gekocht und gegessen werden können. Bei ihnen handelt es sich um Höhlenbrüter, die ihr rundes Nest aus Daunen bereits in einer einfachen Holzkiste bauen, falls diese einen Einschlupf aufweist. Hat die Kiste ein aufklappbares Brett, kann man das Gelege gut kontrollieren. Die Kiste sollte sich im Schutzhaus befinden, damit sie nicht im Freien brüten und so Opfer eines Marderangriffs werden könnten. Moschusenten können bis zu zwanzig Eier legen, meist liegt die Anzahl aber zwischen acht und zwölf. Erpel zeigen ein etwas unbändiges, ungeschickt wirkendes Paarungsverhalten. Es sollten nur so viele Eier unter der Ente belassen werden, wie Plätze für die Jungenten vorhanden sind. Nach einer Brutzeit von 28 Tagen schlüpfen die Küken, die sofort herumtrippeln und schwimmen.
Die Ernährung von Moschusenten ist einfach. Gebrochener Mais, Weizen, Gerste und im Handel erhältliches Geflügelgranulat bilden die Grundnahrung. Mit Begeisterung nehmen sie vorher in Wasser aufgeweichtes Brot aus der Hand. Bei den Enten handelt es sich um starke Persönlichkeiten, sodass sich eine Beziehung zu den einzelnen Individuen aufbauen lässt. Sie sind gemütlich unterwegs und die Erpel lassen sich gerne am Köpfchen kraulen. Der Auslauf muss gross genug sein, damit sie immer über eine intakte Gras-narbe watscheln können. Es muss ja nicht gleich ein Palastgarten mit riesigem Springbrunnen sein wie in Lissabon.
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