Eine Forschungsarbeit der Universität Leibniz zeigt anhand von neun in Gruppen lebenden Säugetierarten, dass es mehr Methoden als Aggression gibt, um das Gegenüber zu dominieren. Zudem gibt es bei Tieren nicht immer nur eine absolut weibliche bzw. männliche Herrschaft. 

Weshalb gibt es Hierarchien? 

Dominanzhierarchien seien dazu da, körperliche Auseinandersetzungen und Verletzungen zu vermeiden. Bei der Begegnung von zwei Tieren, kann man die Hierarchie relativ simpel ableiten – das Tier, welches unterwürfig ist, ist das Rangtiefere. Die Signale für Unterwürfigkeit unterschieden sich je nach Art. 

Es regiert nicht immer der oder die Stärkere 

Laut dem Naturschutzbund Schweiz interagieren Weibchen und Männchen häufig miteinander und konkurrieren um Ressourcen. Trotzdem wurden in der Wissenschaft bis anhin die Hierarchien «geschlechtergetrennt» untersucht. Soziale Dominanz wurde durch geschlechterspezifische Theorien beschrieben. Das liegt daran, dass Dominanz auch durch körperliche Merkmale, wie Grösse oder Stärke beeinflusst werden kann und diese zwischen Männchen und Weibchen sehr unterschiedlich sein können. Man ging davon aus, dass das stärkere Geschlecht die Überhand hat.  

Die Wissenschaft habe es sich bis anhin jedoch zu einfach gemacht – denn Dominanz wird nicht nur durch körperliche Eigenschaften, sondern auch durch weniger klassische Merkmale, wie soziale Unterstützung bestimmt. Prof. Peter Kappeler vom Leibniz-Institut für Primatenforschung sagt, dass die binäre Sichtweise – damit ist gemeint, dass es entweder weiblich oder männlich dominierte Gesellschaften gibt – grundsätzlich hinterfragt werden muss. Inzwischen sind nämlich Gruppen bekannt, bei denen sich Männchen und Weibchen die Herrschaft teilen.  

Die Erforschung des Hierarchieverhältnis zwischen den Geschlechtern werde dadurch erschwert, dass WissenschaftlerInnen je nach Kontext und Studienart andere Methoden benutzen. Es sei wichtig, eine standardisierte Methode zu finden.  

Ein Spektrum zwischen männlicher und weiblicher Dominanz 

Die Forschenden untersuchten das Dominanzverhalten von neun Säugetierarten: Tüpfelhyänen, Klippschliefer und sieben Affenarten – den Larvensifaka, Rotstirnmakis, Bärenpavianen, Schopfmakaken, Mandrills, Grünen Meerkatzen und Bonobos. Sie untersuchten nicht nur das Dominanzverhältnis zwischen Weibchen und Männchen, sondern auch wie dieses hergestellt wird. Also ob die Tiere mehr auf aggressives Verhalten, wie Beissen oder Schnappen, oder unterwürfiges Verhalten, wie Anlegen der Ohren oder senken des Hinterns, reagieren. Das Ergebnis war, dass es auf dem Spektrum zwischen strikter weiblicher Dominanz und zwischen strikter männlicher Dominanz Alles gab.  

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Weiblich dominierte Arten sind weniger aggressiv 

Es gab zudem grosse Unterschiede zwischen männlich und weiblich dominierten Gruppen hinsichtlich der Form, wie Dominanz gezeigt wurde. Je höher der Grad der weiblichen Dominanz, desto weniger diente Aggression zur Regelung der Hierarchie. Als Beispiel dafür dienen Tüpfelhyänen. Bei Tüpfelhyänen dominieren meistens die Weibchen. Es zeigen beide Geschlechter mehr unterwürfiges Verhalten als bei männlich dominerten Arten, wie Bärenpavianen. Das heisst also konkret, dass männlich dominierte Tierarten eher zu aggressiverem Verhalten neigen. Signale wie das Ohrenanlagen sind in weiblich dominierten Gesellschaften wichtiger als aggressives Verhalten, um das soziale Leben der Tiere zu strukturieren. 

Die Hierarchie von Tüpfelhyänen 

Es ist schon länger bekannt, dass bei Tüpfelhyänen die Weibchen die Gruppe dominieren. Jedoch nicht wegen ihrer stark vermännlichten Eigenschaften, wie einem Pseudopenis oder -hoden, sondern weil sie auf stärkere soziale Unterstützung bauen können. Bei Auseinandersetzungen zwischen Hyänen sind nicht das Geschlecht, die Grösse oder die Aggressivität entscheidend, es zählt nur, ob das Tier auf die Unterstützung seiner Gruppenmitglieder zählen kann. Dabei muss die Gruppe nicht einmal anwesend sein, entscheidend ist die Überzeugung der Hyäne, ob mehr Gruppenmitglieder für sie einstehen würden. Die soziale Unterstützung innerhalb der Gruppe funktioniere meist über Vetternwirtschaft – Verwandte unterstützen sich gegenseitig. So sind im Clan geborene Hyänen Zugewanderten überlegen. Das erklärt jedoch noch nicht, weshalb weibliche Hyänen dominieren. Diese Frage beantwortet eine weitere Studie der Universität Leibniz. Wenn der Grossteil einer Gruppe zugewanderten Hyänen Männchen sind, herrschen die Weibchen. Wenn aber geleichviele Weibchen wie Männchen zugewandert sind, sind die Geschlechter gleich dominant.